Franzosen haben ein besonderes Verhältnis zu Königen, das hat nun auch der britische Monarch Charles III. erfahren: Sein geplanter dreitägiger Staatsbesuch wurde am Freitag vorerst abgesagt. Grund dafür sei die Ankündigung eines neuen Protest- und Streiktags gegen die Rentenreform, teilte der Elysée mit. Der Besuch solle zu einem ungenannten Zeitpunkt nachgeholt werden, "unter Bedingungen, die unserer Freundschaft entsprechen", betonte der Elysée.

Mehr News zum Thema Adel

Die Entscheidung sei nach einem Telefonat von Präsident Emmanuel Macron und König Charles gefallen, hieß es im Elysée. Die britische Regierung präzisierte anschließend, dass der Termin auf Initiative Macrons verschoben wurde. Charles III. und seine Frau Camilla ließen mitteilen, das sie sich auf die Reise freuen, "sobald ein Datum gefunden wird".

Damit wird der königliche Besuch, der ein Wiederaufleben der Freundschaft beider Länder besiegeln sollte, zum "Kollateralschaden" der Rentenreform. Die Proteste dagegen hatten sich seit deren Verabschiedung mithilfe eines Verfassungstricks am vergangenen Montag radikalisiert. Bei Ausschreitungen wurden in der Nacht zum Freitag Hunderte von Sicherheitskräften verletzt.

Der Elysée hatte das Programm des Besuchs nie offiziell bekannt gegeben. Es war aber bekannt, dass es ein Staatsbankett in Versailles geben sollte, und dass Charles III. als erster britischer Monarch im Senat sprechen sollte.

Vorgesehen war auch eine Fahrt im TGV-Zug nach Bordeaux, wo Charles mit der Straßenbahn fahren und sich mit Biowinzern treffen wollte. Dieser Teil schien am Freitag besonders unrealistisch, nachdem bei den nächtlichen Protesten in Bordeaux das Portal des Rathauses in Flammen aufgegangen war.

Innenminister Gérald Darmanin hatte sich am Morgen noch zuversichtlich gezeigt, dass die Absicherung des königlichen Besuchs ungeachtet der gewaltsamen Proteste kein Problem sei. "Wir sind bereit, ihn unter exzellenten Bedingungen zu empfangen", sagte Darmanin. Etwa 4000 Sicherheitskräfte seien dafür eingeplant, unter anderem um die Fahrt auf der Pariser Prachtmeile Champs-Elysées abzusichern. Bei der Zugfahrt nach Bordeaux hätten auf jeder Brücke Sicherheitskräfte stationiert werden sollen.

"Es könnte hier und da den Wunsch geben, die Forderungen deutlich zu machen, weil es eine große Aufmerksamkeit der Medien gibt", sagte Darmanin dem Sender RTL. Aber er habe keine Hinweise auf konkrete Pläne, fügte er hinzu. Die Absicherung eines TGV-Zuges sei auch kein Problem. "Das machen wir öfter für wichtige Persönlichkeiten, das können wir", sagte er.

Die Pläne für den königlichen Besuch hatten den Ärger vieler Regierungsgegner weiter angefacht. "Das Volk hat dem Treffen der Könige in Versailles einen Strich durch die Rechnung gemacht", schrieb der linkspopulistische Parteichef Jean-Luc Mélenchon auf Twitter.

Für das Verschieben des Besuchs dürfte nicht nur der Aktionstag eine Rolle gespielt haben. In Paris türmen sich wegen des anhaltenden Streiks der Müllabfuhr Berge stinkender Abfälle in den Straßen, an denen zahlreiche Nagetiere ihre Freude haben. Das geplante Bad in der Menge auf dem Blumenmarkt der Ile de la Cité wäre unter diesen Umständen vermutlich kein angenehmer Programmpunkt gewesen.  © AFP

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.