Blond, charmant, erfolgreich: Auf Blake Lively konnten sich lange irgendwie alle einigen. Doch mit der Bewerbung ihres neuen Films hat sich die Schauspielerin jüngst in der Öffentlichkeit keine Freunde gemacht. Die Rekonstruktion eines vermeidbaren Shitstorms.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Julia Hackober sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Bis August 2024 sonnte sich Schauspielerin Blake Lively in einem für Hollywood-Verhältnisse ziemlich makellosen Image: Sie galt als charmante Schauspielerin ("Gossip Girl"), als engagierte beste Freundin (ihre BFF ist Taylor Swift), als liebevolle Mutter (vier Kinder). Sie und ihr Ehemann Ryan Reynolds personifizierten das hypererfolgreiche, dabei stets gut gelaunte Power-Couple schlechthin – beide sind für Kinohits und ihr unternehmerisches Geschick bekannt, aber auch für die scherzhafte Art, miteinander umzugehen.

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Na ja. Irgendwann scheint für jede noch so sorgfältig kuratierte Außendarstellung der natürliche Kipppunkt zu kommen. Der Moment, in dem all die wohlgesonnene Stimmung plötzlich ins Wanken gerät. Für Blake Lively war es diesen Sommer so weit.

Eigentlich wollte sie sich mit ihrem Film "It Ends with Us" endlich wieder mit einer ernstzunehmenden Filmrolle zurückmelden; in dem Drama nach einem Roman von Colleen Hoover spielt sie die Floristin Lily Bloom, die sich aus einer von Gewalt geprägten Beziehung befreien muss. Ein ernstes Thema, eine herausfordernde Rolle, eine Chance für Lively, sich als Schauspielerin von einer neuen Seite zu zeigen. Kein Wunder also, dass die Promotion für den Film aufwendig geplant war, mit vielen Interviews, Auftritten und Social-Media-Stunts. Doch was für die 37-Jährige zum Karrierehöhepunkt werden sollte, endete als Image-Debakel – Schadensbegrenzung bislang nicht in Sicht.

Was ist passiert?

Aber der Reihe nach. Alles fing damit an, dass im Internet natürlich nichts unbeobachtet bleibt. Dass ausgerechnet Livelys Co-Star Justin Baldoni, der zudem Regie bei "It Ends with Us" führte, bei keinem Interview, keinem Foto-Auftritt des Filmcasts teilnehmen durfte, sorgte für Fragezeichen: Was war passiert? Warum waren die Beteiligten des Films einander auf Instagram entfolgt – in Social-Media-Zeiten ein dicker Affront?

Die Spekulationen überschlugen sich bald, genährt durch Informationsschnipsel aus dem Film-Umfeld: Lively habe einen eigenen Cut des Films geordert, weil ihr Baldonis Version nicht gefallen habe, hieß es etwa; oder dass ihr Gatte Ryan Reynolds mehrere Szenen des Films neu geschrieben habe, auch das eine Spitze gegen Baldoni, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnete. Dann wieder soll sich Lively während der Dreharbeiten unwohl gefühlt haben, als Baldoni eine Kussszene künstlich in die Länge gezogen habe, auch soll er sich ungalant nach ihrem Gewicht erkundigt haben, als er sie in einer Szene in die Höhe heben sollte.

Die Kontroverse um Lively verselbständigte sich schnell

Man könnte jetzt sagen: Da hat es zwischen zwei Schauspielern eben mal geknirscht, kreative Differenzen, vielleicht auch zwischenmenschliche, manchmal harmoniert es bei der Arbeit eben nicht was soll’s? Und vielleicht war das Knirschen der Co-Stars ohnehin nur inszeniert, um Gesprächsstoff um den Film zu stricken?

Möglich. Interessant sind aber eben die Ausmaße, die die Debatte angenommen hat und wie sich die Kontroverse so verselbständigte, dass Lively die gewohnte Kontrolle über ihr Narrativ verlor. Während Justin Baldoni ruhig blieb, im Hintergrund eine Agentur für Krisenkommunikation engagierte und das tat, was man in so einer Situation tun sollte, nämlich strikt auf der inhaltlichen Eben zu bleiben in Interviews spricht er hauptsächlich über die Thematik des Films, nämlich häusliche Gewalt , verstieg sich Lively in einem komplizierten PR-Konstrukt.

Sie schien Fragen zum Film in Interviews nur widerwillig zu beantworten, nutzte den Wirbel um "It Ends with Us" lieber, um nebenbei ihre neue Haarpflege-Linie Blake Brown und ihre Getränkemarke Betty Buzz zu bewerben, die als Sponsor bei einem Film-Promo-Termin fungierte. Von Cross-Promotion zwischen Film und realer Welt profitieren viele gehypte Hollywood-Produktionen, man denke nur an die Vermarktungsmaschinerie um den Sommerhit 2023, "Barbie". Nur: Werbung für Haarshampoos und alkoholische Drinks passt nicht ganz so nonchalant in den Kontext einer Geschichte um Gewalt in Beziehungen – das mutet selbst dem durch Social-Media-Dauerwerbe-Beschallung abgehärtetsten Publikum seltsam an.

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Ungeschickte Promotion und ein ruiniertes Image

"Grab your friends, wear your florals and head out to see it" – mit diesem Spruch bewirbt Blake Lively auf TikTok und Instagram den Film ("schnapp dir deine Freundinnen, trag Blumenkleider und schaut euch den Film an"). Doch der Versuch, rund um "It Ends with Us" einen heiteren, bestärkenden Kinomoment zu schaffen, ist gründlich fehlgeschlagen. Über den Film wird nur noch am Rande gesprochen, die öffentliche Aufmerksamkeit richtet sich vor allem auf Lively als Person: Mit einem Mal scheint sie nicht mehr die blonde Strahlefrau zu sein, der man so ziemlich alles glauben mochte, weil sie stets so nett und engagiert war – sondern wurde zum "mean girl" Hollywoods erklärt. Wie immer in solchen Fällen wird aus dem Internet alles hervorgekramt, was als "Beweis" für die Demaskierung eines "wahren" Charakters gelten soll – unter anderem ein Youtube-Video, in dem eine Hollywood-Reporterin und die Schauspielerin in einer mehr als unangenehm anzuschauenden Interview-Situation interagieren.

Warum das Debakel nur einer Frau passieren kann

Das ganze Chaos rund um "It Ends with Us" erinnert fast ein bisschen an Blake Livelys berühmteste Rolle: die des New Yorker It-Girls Serena van der Woodsen in der Serie "Gossip Girl". Zunächst umschwärmter Star der Upper East Side, kriegt sie später in der Serie plötzlich nichts mehr auf die Reihe. Das Image kippt. Wie nun eben auch in Livelys echtem Leben. Die ungeschickte Film-PR, der seltsame Behind-the-Scenes-Streit zwischen den Co-Stars, der eitle Versuch, jedes berufliche Unterfangen zur ultimativen Selbstdarstellung zu nutzen – all das wirkt wenig souverän.

Auf der anderen Seite irritiert auch die Vehemenz, mit der das Publikum eine Persönlichkeit auseinandernimmt, die schlicht ein bisschen zu viel in einen einzigen Karriere-Sommer zu packen versucht hat. Die Kontroverse um Blake Lively entbehrt nicht einer großen Portion Misogynie – weil sie zeigt, wie achtsam Frauen sein müssen, um alle etwaigen Gegenreaktionen vorherzusehen. Man lässt ihnen keinen Lapsus einfach so durchgehen, es gibt kein "Schwamm drüber", kein "war doof, aber irgendwie auch egal". Jeder Fehler wird zur Charakterfrage hochstilisiert. In diesem Fall führt das dazu, dass Livelys Powerhouse-Image für den Moment in sich zusammengefallen ist. Wie sie sich daraus befreien wird? Unklar. Vielleicht kann sie sich einen Tipp bei ihrer PR-begnadeten Freundin Taylor Swift einholen.

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