• Am 31. August startet die Drama-Komödie "Over & Out" mit Jessica Schwarz, Petra Schmidt-Schaller und Nora Tschirner in den Kinos.
  • Im Interview spricht Regisseurin, Drehbuchautorin und Hauptdarstellerin Julia Becker über den Film und ihre Dreifachaufgabe.
Ein Interview

Zu Schulzeiten haben sich Lea (Jessica Schwarz), Maja (Nora Tschirner), Steffi (Julia Becker) und Toni (Petra Schmidt-Schaller) geschworen, ihre Hochzeiten gemeinsam zu feiern. Mittlerweile sind die einst unzertrennlichen Freundinnen Ende 30 und haben sich auseinandergelebt. Als die Hochzeitseinladung von Maja per Videobotschaft eintrifft, hält sich die Begeisterung deshalb in Grenzen.

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Lea, Toni und Steffi machen sich dennoch auf den Weg nach Italien, wo die Feier stattfinden soll. Vor Ort erfahren sie dann, dass Maja bereits tot und ihr letzter Wunsch ist, dass die Freundinnen ihren Leichnam zu einer Seebestattung überführen sollen. Es beginnt ein temporeicher Roadtrip, der zwischen Komödie und Drama schwankt.

Julia Becker hat nicht nur eine der Hauptrollen in "Over & Out" übernommen, sondern auch Regie geführt und das Drehbuch für den Film geschrieben, der am 31. August in den Kinos startet. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Becker über den Film und die Suche nach dem Sinn im Leben.

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Julia Becker, in Ihrem neuen Kinofilm "Over & Out" spielen Sie eine der Hauptrollen und führen gleichzeitig Regie. Wie fühlt sich so eine Doppelfunktion an?

Julia Becker: Wahnsinnig schön. Man ist immer überall mittendrin, bekommt alle Emotionen direkt mit und weiß deshalb auch immer gleich, ob in einer Szene spielerisch alles stimmt.

Ist es manchmal schwierig, die beiden Aufgaben in Einklang zu bringen?

Eigentlich nicht. Natürlich sind die Tage manchmal stressig, nach einem langen Drehtag geht's dann noch an die Vorbesprechung des nächsten Tages, ans Textlernen und, und, und – geschlafen habe ich da wenig. Aber mir macht es Riesenspaß, ich bin auch eher so der Typ Duracell-Hase.

Sie haben auch das Drehbuch zu "Over & Out" geschrieben. Ist der Film ein Herzensprojekt?

Ja, absolut. Mir war es so wichtig, diese Geschichte zu erzählen und den Film zu drehen, egal mit wie viel Budget. Dass er jetzt so groß geworden ist, hatte ich anfangs nicht erwartet, aber es ist natürlich umso schöner. Ich hänge sehr an dem Buch und an den Figuren. Und ich hoffe, dass es die Zuschauer auch tun werden.

Sind Sie vor dem Kinostart sehr nervös?

Ja. Und wie! (lacht) Wenn die Leute den Film nicht mögen, kann ich es auf niemand anderen schieben. Bei anderen Projekten könnte man vielleicht sagen: Es lag am Drehbuch. Oder an der Regie. Oder an den Schauspielern. Aber das war alles ich. Deshalb bin ich jetzt natürlich nervös.

Vor fünf Jahren haben Sie bei dem Film "Maybe, Baby!" ebenfalls eine Hauptrolle gespielt, Regie geführt und das Drehbuch geschrieben. Was konnten Sie aus diesen Erfahrungen für "Over & Out" mitnehmen?

Vor allem, dass es wichtig ist, ein tolles Team um sich herum zu haben, so dass man den Menschen vertrauen kann, mit denen man zusammenarbeitet. Arbeit muss für mich auch immer auf Augenhöhe stattfinden, egal ob mit den Schauspielern oder der Crew. Es gibt ja einen Grund, warum man sie dazu holt, deshalb sollte man immer genau zuhören. Dann ist es ein ganz tolles Erlebnis, alles funktioniert und man minimiert den Stress. Ich werde jetzt direkt anfangen, das nächste Drehbuch zu schreiben und freue mich schon darauf, wenn es so weit ist und ich mit diesem tollen Team wieder am Set stehe.

War es ein Traum von Ihnen, ein Roadmovie wie "Over & Out" zu drehen?

Es war ein Traum, solche dreidimensionalen Frauencharaktere zu schaffen, die alles sein dürfen, liebevoll, tapfer, mutig, bissig, lässig, zerbrechlich und so weiter, die man aber zwischendurch vielleicht auch kurzzeitig mal nicht mag. So ist das doch im Leben auch – Menschen bestehen aus so vielen Facetten. Und erst später erfährt man dann, was dahintersteckt. Dass es dann ein Roadmovie geworden ist, ist umso schöner.

Ist "Over & Out" ein Frauenfilm?

Es ist ein Film mit Frauen, aber kein reiner Frauenfilm. Im Umkehrschluss würde das ja bedeuten, dass alle Filme mit Männern Männerfilme sind. Ich glaube aber schon, dass der Film sehr viele Frauen ansprechen wird, weil eben viele Frauenthemen behandelt werden. Aber gerade deshalb ist es vielleicht für Männer auch spannend, den Film zu schauen. Weil sie einen ungeschönten Einblick in die weibliche Psyche bekommen. Das hilft vielleicht bei der Verständigung.

Toni (Petra Schmidt-Schaller) ist ein Rockstar, Lea (Jessica Schwarz) eine Karrierefrau und die von Ihnen dargestellte Steffi ist vor allem Mutter. Wie sind Sie auf diese Figurenkonstellation gekommen?

Ich fand es total spannend, drei sehr unterschiedliche Frauenfiguren zu haben. Sie starten auch genauso in den Film, wie man es von einem Rockstar, einer Mutter oder einer Karrierefrau erwarten würde. Ich habe die verschiedenen Enden in dem Dreieck gesucht, um sie später in der Mitte zusammenkommen zu lassen. Freundschaften starten oft in der Kindheit, man ist sehr eng, und über die Jahre franst das Verhältnis aus. Aber es gibt einen Kern, der einen zusammenhält. Dieser Kern ist zu Beginn des Films noch nicht erkennbar und man fragt sich, was die Frauen noch verbindet beziehungsweise mal verbunden hat. Erst im Laufe des Films lösen sich die Fragen. Das alles zu entdecken, hat mir auch großen Spaß in der Entwicklung der Figuren gemacht.

Sind die Figuren aus dem echten Leben, vielleicht sogar von realen Personen inspiriert?

In jeder der drei steckt ganz viel von mir drin, aber auch von meinen Freundinnen und Familienmitgliedern – ich beobachte immer sehr genau. Trotzdem ist keine Figur nur eine Person, alle sind aus verschiedenen Personen und meinen zusätzlichen Ideen fragmentarisch zusammengesetzt.

Sind das Älterwerden und die Suche nach dem Sinn im Leben Motive, die Sie sehr bewegen?

Ja. Es bewegt mich sehr und ich habe das Gefühl, dass es auch in meinem Umfeld sehr viele Menschen bewegt. Ich kenne viele Leute, die sagen: Ich habe mich dafür entschieden und jetzt ziehe ich es bis zur Rente durch. Und ich denke mir: Du bist 40. Das kannst du doch jetzt nicht noch 25 Jahre machen – das macht dich kaputt. Auch in Familien- oder generell Partnerschaftsfragen habe ich das Gefühl, dass sich viele Leute einnisten in ihrem nicht ganz schlechten, aber eben auch nicht richtig guten Leben. Es treibt mich schon um, zu schauen, was man machen kann, um sich selbst ein glückliches Leben zu gönnen.

Auch die Frauen in "Over & Out" müssen entscheiden, wie es in ihren Leben weitergehen soll.

Genau darum geht es. Ich hoffe, dass der Film die Menschen dazu bringt, Dinge zu überdenken. Dass man am Ende das Gefühl bekommt: Ich kann jederzeit alles nochmal rumreißen. Im Film geht es um fast 40-Jährige, aber ich glaube, es ist das gleiche, wenn man 50 oder 60 ist. Solange man gesund ist, gibt es immer die Möglichkeit, alles herumzureißen. Das kostet viel Mut, weil es ein Sprung ins kalte Wasser ist. Man weiß nicht, was danach kommt. Aber es ist immer einen Versuch wert.

Im Film wechseln sich lustige und traurige Momente ab. Wie findet man die richtige Mischung?

Indem man die Figuren und die Sachen, die passieren, ernst nimmt und nicht in Richtung Klamauk zieht. Der Umgang mit dem Tod ist ein großes Thema in dem Film und es war mir wichtig, dass man daraus keine Schenkelklopfer macht. Es geht um eine tote Freundin und nicht um eine witzige Leiche. Solange man die Figuren ernst nimmt, kann man in beide Richtungen ziemlich ausschlagen. Weil das Publikum immer das Gefühl hat, emotional andocken und das nachvollziehen zu können.

Wie war es für Nora Tschirner, eine Leiche zu spielen?

Sehr entspannt (lacht). Sie hat gesagt, dass es die entspanntesten Drehtage waren, die sie je hatte. Sie lag im Auto und hat ab und zu lustige Sprüche gemacht, während wir uns konzentrieren mussten.

Dass Maja tot ist, wird bereits im Trailer verraten. War es keine Option, diese Wendung als große Überraschung im Film zu offenbaren?

Es war tatsächlich eine große Diskussion, ob wir das zurückhalten. Aber der Tenor war irgendwann, dass, wenn wir es nicht preisgeben, "Over & Out" einfach nur wie ein weiterer Film wirkt, in dem Frauen zusammen unterwegs sind. Es ist ja auch Alleinstellungsmerkmal des Films, dass es neben der Komik auch sehr traurig wird. Wir hatten das Gefühl, dass es nichts bringt, wenn wir den Twist haben, aber hinterher keiner den Film sieht. Und es warten ja noch einige Wendungen auf den Zuschauer, die nicht im Trailer verraten wurden.

Der Film lebt von der Dynamik zwischen den drei Hauptdarstellerinnen. War von vorneherein klar, wie die Rollen besetzt werden?

Nein. Ich habe das Drehbuch geschrieben und mich am Ende entschieden, wen ich spielen möchte. Dann bin ich mit Nora in Kontakt gekommen und es war ziemlich schnell klar, dass sie die Rolle der Maja übernehmen wird. Dann haben wir gecastet, es war ein langer Prozess. Wir haben viele Tonis und viele Leas gesehen. Schließlich haben wir die perfekte Toni und die perfekte Lea gefunden und ich bin so happy und dankbar, Petra und Jessica dabeizuhaben. Sie sind einfach bombig.

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Der Film läuft am 31. August im Kino an. Sind Sie Kino-Fan oder wäre eine Veröffentlichung im Stream für Sie auch in Ordnung gewesen?

Ich habe nichts gegen Streaming und schaue selbst sehr viel im Stream. Aber "Over & Out" ist für das Kino gemacht worden und deshalb wollte ich unbedingt, dass der Film im Kino läuft. Im Kino gibt es viel mehr Möglichkeiten, alles wahrzunehmen, auch kleine Regungen in den Gesichtern. Du bist in einem dunklen Raum und alle Details fallen dir auf. Das ist beim Streamen nicht so. Da gehst du mal raus, dann gehst du auf Toilette oder in die Küche und verpasst etwas. Und das wäre bei "Over & Out" schade, weil es so vieles gibt, was den Figuren Tiefe gibt.

Die Kinos stecken weiter in der Krise. Glauben Sie an die Zukunft der Branche?

Ja, auf jeden Fall. Ich glaube, dass sich ein paar Dinge ändern müssen und man mehr darauf hören sollte, was das Publikum möchte und braucht im Kino. Aber ich glaube ganz fest daran.

Verwendete Quelle:

  • Zoom Interview mit der Regisseurin und Schauspielerin Julia Becker
  • Vorabsichtung des Kinofilms "Over & Out"
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