Seit knapp zehn Jahren spielt Herbert Knaup in der TV-Serie "Die Kanzlei" den Rechtsanwalt Markus Gellert. Nun hat sich der Schauspieler für die TV-Doku "Herbert (un)verbesserlich" auf eine persönliche Reise der Selbstoptimierung begeben.
Im Interview mit unserer Redaktion verrät der Schauspieler, warum er seine Komfortzone für dieses TV-Experiment verlassen hat und wie er mit dem Altern umgeht.
Herr
Herbert Knaup: Ich habe zunächst einmal alles auf mich zukommen lassen, wobei ich schon über meinen Schatten springen musste. Schließlich wurde es persönlich – darauf basierte das Konzept. Alternativ hätte man natürlich auch mit Fachleuten über die verschiedenen Positionen der Selbstoptimierung sprechen können – von Ernährung über Yoga bis hin zu Crossfit. Wir haben uns letztendlich für einen anderen Weg entschieden. Das Format entspricht dem Zeitgeist, dass aktuell jeder versucht, das Optimale aus sich herauszuholen und so dem Tod möglichst lange von der Schippe zu springen. Mit meinen mittlerweile über Mitte 60 Jahren wollte ich mir das einmal anschauen und herausfinden, wo ich stehe.
Wo stehen Sie denn heute?
Es gibt ja dieses berühmte biologische Alter. Vom Gefühl her ist die Lebenszeit eines Menschen relativ kurz. Du machst die Augen auf, du machst die Augen zu, und plötzlich bist du alt. Innerlich fühlst du dich aber noch gar nicht so alt. Auch wenn es in der Natur der Sache liegt, dass ein Blatt vom Baum fällt und das nächste nachkommt, möchten wir Menschen diesen Prozess häufig nicht wahrhaben. Um einen Blick auf mein persönliches Leben zu erhalten, habe ich mich auf dieses Projekt eingelassen und mit ein paar Unterstützern diese Reise gemacht.
Nehmen Sie wahr, dass die Zeit schneller vergeht, je älter Sie werden?
Ich hätte es auch nicht gedacht, aber man spürt es schon. Es mag mit dem Unterbewusstsein zu tun haben und damit zusammenhängen, wie man sein Leben lebt. Noch bis Ende 50 habe ich gedacht, dass ich unsterblich bin. Du lebst, du bist und du freust dich, aber du denkst nicht an diese Endlichkeit – bis dir irgendwann bewusst wird, dass nicht mehr so viel Zeit übrig bleibt. Niemand kann die Uhr aufhalten. Und die Wahrnehmung verändert sich mit dem Älterwerden.
Wie blicken Sie auf Ihr bisheriges Leben zurück?
Wenn ich reflektiere, was ich bisher gemacht habe, stelle ich fest: Letztendlich habe ich mein ganzes Leben verspielt – im Sinne von Theater, Film, Lesungen und Fernsehen. Jetzt bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich versuche, aus dieser Schublade herauszuspringen und die Möglichkeiten, die vielleicht noch in mir ruhen, zu ernten. Dazu gehören eben auch dokumentarische Projekte wie eben "Herbert (un)verbesserlich". Der große Unterschied ist, dass du im Dokumentarischen du selbst sein kannst. Ich musste keine Texte lernen, sondern habe mich mir selber und den Menschen gestellt, denen ich auf dieser Reise begegnet bin.
Hatten Sie Angst davor, sich von Ihrer persönlichen und sogar verletzlichen Seite zu zeigen?
Es gibt Szenen in dem Film, bei denen ich mich schon ein Stück weit erschreckt habe und dachte: "Echt jetzt? So siehst du aus?" Dieser Film ist gnadenlos und zeigt den Ist-Zustand. Die Spuren der Alterung sind zu erkennen. Es braucht einen gewissen Mut, sich dem zu stellen und dazu zu stehen. Und dann beschäftigst du dich sehr schnell mit der Frage, was du tun kannst, um dich nochmal in eine idealere Verfassung zu bringen. Natürlich kann man das in der Kürze der Zeit – wir haben die Doku innerhalb von ein bis zwei Monaten gedreht – nicht vollumfänglich erreichen.
Aber man kann im Anschluss an die Dreharbeiten sicherlich weiter dran bleiben, etwa an der veganen Ernährung, die Ihnen Ihre Schauspielkollegin
Zumindest habe ich meine Ernährung umgestellt – wenn auch nicht ganz so radikal, wie Ursula das vorlebt. Diese Lebensweise erfordert sehr viel Disziplin. Ich bin da etwas labiler. Über eine gewisse Strecke kann ich so etwas durchziehen, ehe irgendwann der Tag kommt, an dem ich doch wieder sündige. Grundsätzlich ernähre ich mich aber mittlerweile bewusster, esse zum Beispiel viel mehr Gemüse.
Die Ernährungsumstellung ist das eine, Crossfit und Eisbaden das andere. Haben Sie diese Aktivitäten in Ihren Alltag integrieren können?
Crossfit nicht, Eisbaden im weitesten Sinne aber schon. Ich dusche nämlich bereits seit Längerem täglich kalt. Zunächst war das zwar eine Umstellung für mich, mittlerweile aber empfinde ich es als sehr angenehm. Das Schöne daran ist, dass sich der Körper nach der kalten Dusche wieder aufheizt. Kälte aktiviert die sogenannten braunen Fettzellen. Dieser Vorgang ist für den Körper sehr förderlich. Das mag für Crossfit ebenso gelten, doch ich kann mir nicht vorstellen, diesen Sport mehrmals die Woche auszuüben. Es ist eine echte Challenge. Ich mache ab und zu Liegestütze oder betätige mich am Rudergerät – mir persönlich reicht das. Ich bin ein Sterblicher (lacht).
Haben Sie sich während Ihrer Reise zu sich selbst von einem "Unverbesserlichen" in einen "Verbesserlichen" verwandelt?
Auf jeden Fall. Es ist wichtig, dass man dran bleibt und versucht, sich zu verändern – nicht nur auf das Äußerliche, sondern auch auf das Bewusstsein, die Psyche und den Umgang mit anderen Menschen bezogen. Es liegt immer an einem selber. Die Voraussetzungen sind da, man muss sie nur herausfinden. Das war eine Erkenntnis, die ich aus meinem Besuch in einem Shaolin-Kloster mitgenommen habe. Die Lebensaufgabe besteht darin, die beste Version seiner selbst herauszuarbeiten. Dazu gehört, dass man auf seine innere Stimme hört und sich mit der Frage beschäftigt, was man eigentlich wirklich will. Wenn man sich damit auseinandersetzt, wird man erkennen, wie man sich von den Ketten lösen und vielleicht aus einer beruflichen Sackgasse befreien kann.
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Aus welcher Sackgasse wollten Sie sich befreien?
Das kann ich so nicht sagen, weil ich mich damals bewusst für den Weg entschieden habe, Künstler zu werden. Ich wollte beruflich also nie ein Unternehmer oder Denker und Lenker werden. Ich möchte auch kein Anwalt sein, verkörpere ihn aber gerne, etwa in der Serie "Die Kanzlei". Ich bin schon immer ein Spielkind gewesen. Schon in meiner Schulzeit verspürte ich den Drang, auf der Bühne zu stehen und Menschen darzustellen. Heute hätte man einem Klassenclown, wie ich in gewisser Weise einer war, vermutlich ADHS diagnostiziert. Ich sehe es eher als einen Charakterzug, der von Anfang an ein Teil von mir war.
2025 jährt sich Ihr Debüt als Rechtsanwalt Markus Gellert in "Die Kanzlei" zum zehnten Mal. Wie wichtig ist Ihnen diese schauspielerische Komfortzone?
Das ist einfach passiert. Denn wenn du einmal Bestandteil einer Serie bist, dann kommst du aus der Schublade auch nicht mehr so schnell wieder heraus. Früher war ich eher ein Freelancer, der quasi auf Zuruf Rollen übernahm. Aufgrund meiner Erfahrungen am Theater konnte ich später immer wieder auf eine Vielfalt an Charakteren zurückgreifen und verschiedene Figuren verkörpern. Aber es stimmt: Es hat etwas mit einer Komfortzone zu tun, wenn man in einer Serie mitspielt. Umso wichtiger ist es natürlich, nebenher noch andere Dinge zu machen. Zum Beispiel befinde ich mich gerade gemeinsam mit Samuel Finzi auf einer Lesereise. Wir sind quer durch Deutschland mit "Eine Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens unterwegs. Auch dieser Klassiker rüttelt ja am schlechten Gewissen – mit Blick darauf, wie die drei Geister den alten Ebenezer Scrooge vorführen. Nur so erkennt er, dass er in Zukunft nicht mehr nur an sich denken, sondern sich anderen Menschen gegenüber öffnen möchte. Auch hier geht es letztendlich um Selbstoptimierung.
Keine Gans an Weihnachten: So lässt Knaup das Jahr ausklingen
Welche neugewonnenen Erkenntnisse der Selbstoptimierung lassen Sie in die bevorstehenden Feiertage einfließen?
An Weihnachten kommt bei uns die ganze Patchwork-Familie zusammen. Ich bin kürzlich Opa geworden, die Feiertage werden wir diesmal in Zürich verbringen. Es wird sich dann voll und ganz auf diese zwei, drei Tage der Begegnung konzentriert. Auch das Essen wird voraussichtlich nicht so mächtig ausfallen wie in den Jahren zuvor – nicht einmal eine Gans wird dieses Jahr aufgetischt.
Werden Sie Ihre persönliche Reise der Selbstoptimierung 2025 fortsetzen, zum Beispiel à la Hape Kerkeling auf dem Jakobsweg?
Mein ältester Sohn hat das in jungen Jahren auch gemacht. Ich selbst würde vermutlich eher einen anderen Weg gehen, halte eine Einkehr aber grundsätzlich für gut. Das hat etwas Meditatives und kann dabei helfen, für sich selbst herauszufinden, wie die nächsten Lebensschritte aussehen könnten. Ich persönlich denke erst einmal an den berühmten Neujahrsspaziergang. Ich komme ja aus den Bergen – in den Alpen und Pyrenäen gibt es auch wunderschöne Wege.
Über den Gesprächspartner
- Herbert Knaup ist ein deutscher Schauspieler und Musiker. Der in Sonthofen geborene Darsteller feierte Mitte der 90er seinen Durchbruch mit dem Actionfilm "Die Sieger". In dem preisgekrönten Thriller "Lola rennt" verkörperte er 1998 den Filmvater von Franka Potente. Seit 2015 ist er als Rechtsanwalt Markus Gellert in der ARD-Serie "Die Kanzlei" zu sehen. Knaup war früher mit seiner Schauspielkollegin Natalia Wörner liiert, seit 2006 ist der zweifache Vater mit der Produzentin Christiane Lehrmann verheiratet.
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