Ein lieblos aufgebrühtes Konzept und Gags auf Kosten anderer: Es gibt mehrere Gründe, warum Stefan Raabs inzwischen nicht mehr ganz so neue RTL+-Show "Du gewinnst hier nicht die Million" Zuschauer verliert. Dass es aber noch einen dritten Grund geben könnte, zeigte Raab am Mittwochabend bei der letzten Ausgabe des Jahres.

Christian Vock
Eine Kritik
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Es ist die letzte Folge von "Du gewinnst hier nicht die Million" in diesem Jahr und wenn jemand wie Stefan Raab nach über neun Jahren TV-Abstinenz sein Comeback feiert, dann kann man ohne schlechtes Gewissen hoffen, wenn nicht sogar erwarten, dass er sich für diese letzte Folge etwas Besonderes ausdenkt. Und in der Tat hat Raab das auch und so rollt der TV-Entertainer am Mittwochabend auf einer Hirschfigur ins Studio, hat die Sonnenbrille auf der Nase, die Gitarre um den Hals und singt im goldenen Mantel mit Flügelchen am Rücken und einem Heiligenschein auf dem Kopf "Jingle Bells".

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Kann man machen, aber diese "Showeinlage" sieht nicht so aus, als ob sich Raab und sein Team tagelang den Kopf zerbrochen hätten, wie sie ihrem Publikum die bestmögliche Unterhaltung bieten können. Nein, das Ganze macht eher den Eindruck eines Last-Minute-Einfalls, damit man halt was gemacht hat. Einerseits. Andererseits ist diese espritlose Nummer fast schon das Innovativste, was Raab seit der Idee, aus "TV total" und "Schlag den Raab" "Du gewinnst hier nicht die Million" zusammenzuschustern, eingefallen ist.

Fischers Fritze, "Fritze Merz"

Nein, mit Raabs früherem Gespür für innovatives Fernsehen hat "Du gewinnst hier nicht die Million" nicht mehr viel zu tun, weder konzeptuell noch inhaltlich, und das konnte man auch in dieser letzten Folge des Jahres wieder sehen. "Am Montag wurde die Vertrauensfrage gestellt und das Ergebnis war einstimmig: Ich bleibe weitere vier Jahre RTL-Chef", versucht sich Raab an einem Stand-up-Gag. Später spottet er über die Grünen-Abgeordnete Katharina Dröge: "Wenn ich mir Frau Dröge so anschaue, muss ich sagen: Der Name ist Programm." Das klingt nicht so, als habe da jemand neun Jahre Pause genutzt, um sich gute Witze auszudenken.

Als es dann um das Interview von Bundeskanzler Scholz im "heute journal" geht, in dem dieser CDU-Chef Friedrich Merz "Fritze Merz" nannte, konstruiert Raab daraus wieder ein Zungenbrecher-Spiel, bei dem sich jemand aus dem Publikum 50 Euro verdienen kann, sollte er den Zungenbrecher hinbekommen. Ein Mann namens Dennis meldet sich, schafft es aber genauso wenig wie der nächste Kandidat Philipp, der übernächste Kandidat Ben oder die überübernächste Kandidatin Nicole. Erst die letzte Kandidatin Jenny schafft es, aber auch nur, weil Raab beide Ohren zudrückt. Spätestens da ist Raabs Zungenbrecher-Spaß aber schon längst tot geritten.

Dabei ist so ein Spielchen wahrscheinlich noch die beste Möglichkeit, Geld bei "Du gewinnst hier nicht die Million" mitzunehmen. Denn sieht man sich die bisherigen Gewinnsummen an, ist der Titel der Show mehr als nur eine eindeutige Ansage. Er ist eine Absage. In bisher 13 Ausgaben gingen 16 von insgesamt 26 Kandidatinnen und Kandidaten leer aus. Achtmal gab es 1.000 Euro, zweimal 5.000 Euro. Von der Million war jeder Kandidat also meilenweit entfernt.

Niemand gewinnt hier die Million – wahrscheinlich niemals

Bei "Schlag den Raab", also der Show, die Pate für den Spiele-Teil bei "Du gewinnst hier nicht die Million" stand, gewann Raab 38 der 54 Duelle, was einer Erfolgsquote von 70 Prozent entspricht. Diese Quote mit der von "Du gewinnst hier nicht die Million" zu vergleichen, ist allerdings schwierig, denn die beiden Shows haben, zumindest was die Gewinnsumme anbelangt, unterschiedliche Ansätze. Bei "Schlag den Raab" gab es für die Kandidaten alles oder nichts zu gewinnen. Der Vorteil: Man muss nicht jedes Spiel gewinnen.

Die Chance, bei "Du gewinnst hier nicht die Million" überhaupt etwas zu gewinnen, ist mit 40 Prozent zwar etwas höher als bei "Schlag den Raab", aber auch nur, weil es hier verschiedene Gewinnstufen gibt. Man muss also nicht zwangsläufig leer ausgehen. Der Haken: Um die Million zu gewinnen, muss man Raab in jedem Spiel schlagen. Man kann sich ausrechnen, dass das in den Bereich des Unmöglichen geht. Ob das alle Kandidaten wissen, ist allerdings fraglich, RTL und Raab wissen es mit Sicherheit und können vor der Produktion einer jeden Folge mit der Gewissheit ins Bett gehen, dass sie den Gewinn zur Not aus der Portokasse bezahlen können.

Eine Pause kommt genau richtig

Wirklich spannend ist es für den Zuschauer also nicht, dass "Du gewinnst hier nicht die Million" gleichermaßen Titel und Ausgang der Show ist und mit dieser Hypothek geht am Mittwochabend Kandidat Jendrik ins Duell mit Stefan Raab – mit dem zu erwartenden Erfolg. Beim Spiel "Eimerball" müssen Raab und Jendrik Fußbälle mithilfe von Seilen schnellstmöglich in einen Eimer bugsieren und das ist nur in dem einen Moment spannend, als Jendrik in Runde eins gerade einmal drei Sekunden schneller ist als Raab. Aber das kann man natürlich vorher nicht wissen.

Danach reiht sich Jendrik schneller in die Riege der erfolglosen Kandidaten ein, als man "Million" sagen kann. Bei Holger, dem nächsten Kandidaten, dauert es ein bisschen länger, bis er nicht die Million gewinnt. Das liegt aber lediglich daran, dass auch das Spiel, das Holger und Raab spielen müssen, länger dauert. Fast eine halbe Stunde lang versuchen die beiden, rückwärts gespielte Weihnachtslieder zu erkennen. Und obwohl Holger irgendwann komfortabel führt, ist das Ergebnis am Ende dasselbe: Raab gewinnt und der Kandidat geht mit leeren Händen nach Hause.

Nein, spannend ist der Ausgang der Spiele bei "Du gewinnst hier nicht die Million" nicht und der Zuschauer kann nun entscheiden, ob es ihm genügt, dabei zuzusehen, wie die Kandidaten ab und an kleinere Beträge nach Hause tragen oder ob dieses Chancen-Ungleichgewicht auf Dauer einfach nicht trägt. Momentan sieht es eher so aus, als entschieden sich die Zuschauer für die zweite Option, denn nach starkem Beginn hat "Du gewinnst hier nicht die Million" immer mehr Zuschauer verloren. Aber RTL und Raab gehen nun bis Mitte Februar in die Winterpause und haben so ein paar Wochen Zeit, um zu gucken, ob man diese Zuschauer nicht wieder zurückgewinnen kann. Vielleicht ja mit etwas wirklich Innovativem.

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