Der Film "Everything Everywhere All At Once" hat bei den diesjährigen Oscars abgeräumt - und ist auch ein echter Kassenschlager. Michelle Yeoh, die als erste asiatischstämmige Schauspielerin den Oscar als Bester Hauptdarstellerin gewann, sprach davon, dass Geschichte geschrieben wird.
Die absurde Science-Fiction-Abenteuerkomödie "Everything Everywhere All At Once" hat sich überraschend zu einem Kassenschlager entwickelt. Nun hat der Film über eine chinesischstämmige Familie in den USA auch bei der Oscar-Verleihung abgeräumt. Er bekam sieben Goldjungen, unter anderem in den Kategorien "Bester Film" und "Beste Regie".
"Danke an die (Oscar-)Akademie, hier wird Geschichte geschrieben", brachte es Yeoh in ihrer Dankesrede auf den Punkt. Vor der diesjährigen Verleihung hatten in der langen Geschichte der Oscars erst vier aus Asien stammende Schauspieler die begehrte Trophäe bekommen.
Michelle Yeoh: Fanal der Hoffnung für kleine Jungen und Mädchen
"Für alle kleinen Jungen und Mädchen, die wie ich aussehen und heute Abend zuschauen, ist das ein Fanal der Hoffnung und der Möglichkeiten", sagte die aus Malaysia stammende Yeoh. Mit ihrer Darstellung der Chefin eines Waschsalons, die plötzlich in ein Multiversum aus Parallelwelten katapultiert wird, setzte sich die 60-Jährige gegen starke Konkurrentinnen wie Cate Blanchett und Michelle Williams durch.
Ihr vietnamesischstämmiger Filmpartner Ke Huy Quan bekam als bester Nebendarsteller einen Oscar. Für ihn ist das ein fulminantes Comeback. Nachdem er durch Filme wie "Indiana Jones und der Tempel des Todes" zum Kinderstar wurde, hatte er die Schauspielerei mangels Rollenangeboten jahrzehntelang an den Nagel gehängt.
Auch James Hong kann von der Ausgrenzung asiatischstämmiger Schauspieler in Hollywood ein Lied singen. Als der mit 94 Jahren älteste "Everything Everywhere"-Darsteller bei den Screen Actors Guild Awards den Hauptpreis für das beste Ensemble entgegennahm, erzählte er, früher hätten weiße Darsteller mit "festgeklebten Augen" Asiaten die tragenden Rollen übernommen.
Einspielergebnis von mehr als 100 Millionen Dollar
Die Produzenten seien der Meinung gewesen, dass Asiaten "nicht gut genug sind und sich nicht gut an der Kinokasse verkaufen". "Und schaut uns jetzt an, was?", fügte Hong unter lautem Beifall hinzu.
Auch zu dem Regie-Duo von "Everything Everywhere" gehört mit Daniel Kwan ein asiatischstämmiger Filmschaffender. Er und sein Partner Daniel Scheinert gewannen den Oscar für die beste Regie und für den besten Film. Auch bei den Golden Globes und anderen wichtigen Preisverleihungen war ihr ungewöhnlicher Film erfolgreich.
Co-Produzent Jonathan Wang hob in einem Interview mit AFP hervor, das Einspielergebnis von mehr als 100 Millionen Dollar zeige, dass auch nicht-weiße Darsteller Massen in die Kinos locken könnten - und das auch nicht nur mit Problem-Filmen. "Warum erleben nur Weiße witzige Abenteuer", kritisierte er. "Es ist an der Zeit, das auf den Kopf zu stellen."
Dass ein Wandel eingesetzt hat und der weiße Mainstream nicht mehr alles bestimmend ist, zeigte sich bei der 95. Oscar-Verleihung auch an anderen Stellen. So bekam die energiegeladene Tanznummer "Naatu Naatu" aus dem indischen Film "RRR" den Oscar als bester Song und setzte sich damit gegen die Superstars Lady Gaga und Rihanna durch.
Die indische Produktion "The Elephant Whisperers" über ein verwaistes Elefantenkalb wurde als beste Kurz-Doku prämiert. Der aus Japan stammende Literaturnobelpreisträger Kazuo Ishiguro war zudem für "Living" in der Kategorie "Bestes Adaptiertes Drehbuch" nominiert.
Die Oscar-Erfolge lösen in Asien Stolz und Begeisterung aus. Indiens Regierungschef Narendra Modi twitterte, er sei "begeistert". In Hongkong, wo Michelle Yeoh vor ihrem Hollywood-Durchbruch vorwiegend gedreht hatte, erklärte Kulturminister Kevin Yeung, dieser "strahlende Stern" zeige "das starke Potenzial von Hongkongs Talenten und Filmindustrie".
Auch der künstlerische Leiter der East West Players, einer Theatergruppe in Los Angeles, die sich seit 1965 für eine stärkere Präsenz asiatischer Stoffe und Darsteller einsetzt, freut sich über die Anerkennung für asiatischstämmige Künstler. "Wir sind froh über die Sichtbarkeit und Anerkennung", sagt Snehal Desai. "Aber es hätte nicht so lange dauern dürfen." (yb/ans/AFP/dh)
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