Der "Tatort: Die Kunst des Krieges" spielt im Milieu der Organisierten Kriminalität – mit allem, was dazugehört: Menschenhandel, Mafia-Mord und fiesem Gangster-Boss. Spätestens seit dem "Paten" gehören organisierte Kriminalität und Film zusammen wie Cosa und Nostra. Ein kleiner Ausflug in Film und Wirklichkeit.
Zwischen Film und Wirklichkeit: Der "Tatort: Kunst des Krieges" schockte mit einer krassen Szene zum Einstieg und lieferte anschließend packende Eindrücke der organisierten Kriminalität. Ein Realitätscheck.
Was ist Organisierte Kriminalität?
Bereits bei Diebesbanden oder Piraten im 18. Jahrhundert finden sich Merkmale moderner organisierter Kriminalität: eine differenzierte und hierarchische Struktur, die Vermischung von legalen und illegalen Geschäften, die Bereitschaft, Gewalt auszuüben oder ein einheitlicher Verhaltenskodex. Besonders gut gedeiht organisierte Kriminalität dort, wo der Staat zwar das Gewaltmonopol beansprucht, aber zu schwach ist, es in der Realität auch durchzusetzen.
Das Bundeskriminalamt definiert organisierte Kriminalität - ein feststehender, offizieller Begriff - wie folgt: "Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind und bei denen mindestens zwei Beteiligte unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen, unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken."
Organisierte Kriminalität in Deutschland
In sogenannten Bundeslagebildern veröffentlicht das Bundeskriminalamt jährlich überblicksartige und öffentlich zugängliche Zusammenfassungen zu verschiedenen Kriminalitätsbereichen. Das aktuellste "Bundeslagebild organisierte Kriminalität" stammt von 2014 und bildet die Ergebnisse aller Strafverfolgungsaktivitäten in diesem Bereich ab. Aufgeführt werden aber nur Fälle aus dem sogenannten "Hellfeld", also nur die polizeilich bekannten Verbrechen. Demnach ergibt sich für 2014 folgendes Bild:
Insgesamt gab es in Deutschland 571 Verfahren aus dem Bereich der organisierten Kriminalität, 2013 waren es 580. Von den 8.700 Tatverdächtigen waren 486 Tatverdächtige bewaffnet, das sind 5,6 Prozent. Die Schäden Organisierter Kriminalität, die dabei gemeldet wurden, liegen laut Bundeslagebild bei 539 Millionen Euro; 222 Millionen davon verursacht alleine die sogenannte Kriminalität in Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben.
Gut ein Drittel der Delikte rechnet das BKA dem Rauschgiftschmuggel und -handel zu. Auf den weiteren Plätzen folgen Eigentumskriminalität, Wirtschaftskriminalität, Steuer- und Zolldelikte und Schleuserkriminalität. Eine deutliche Steigerung zu 2013 verzeichnet das BKA dabei in den Deliktsbereichen Eigentumskriminalität (+16,1 Prozent), Cybercrime (+100 Prozent) und Schleuserkriminalität (+20,7 Prozent).
Menschenhandel
Im "Tatort: Die Kunst des Krieges" werden Menschen nach Wien geschleust und zur Arbeit oder Prostitution gezwungen. Das BKA spricht hierbei von "Menschenhandel um Zweck der sexuellen Ausbeutung" beziehungsweise "zur Ausbeutung der Arbeitskraft" – ein Thema, das eigentlich unter die Haut geht. Doch der gestrige "Tatort" behandelt den Menschenhandel nur am Rande und gibt lieber dem Klischee-Verbrecher Raum zur Selbstdarstellung.
Dabei ist Menschenhandel traurige Realität in Deutschland. 2014 wurden 557 Opfer des "Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung" ermittelt. Der größte Teil der Opfer stammt dabei aus Europa (90 Prozent). Mehr als zwei Drittel der Opfer kommen aus Ost- und Südosteuropa, vor allem aus Rumänien und Bulgarien. Den deutlichen Anstieg rumänischer Opfer erklärt das BKA mit einem Großverfahren aus Baden-Württemberg mit fast ausschließlich rumänischen Opfern.
Organisierte Kriminalität in Film und Fernsehen
"Irgendwann, möglicherweise aber auch nie, werde ich dich bitten, mir eine kleine Gefälligkeit zu erweisen." Wie kaum eine andere Filmreihe hat die Verfilmung von Mario Puzis Roman "Der Pate" zum Mythos Mafia beigetragen. Egal, wer seitdem einen Mafia-Film gedreht hat, er musste sich immer mit dem "Paten" vergleichen lassen. Besonders standgehalten haben dem Vergleich das exzellente Mafia-Epos "Goodfellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia" von Martin Scorsese oder "Es war einmal in Amerika" von 1982 mit Robert De Niro und James Woods.
Auch das Fernsehen hat längst das organisierte Verbrechen für sich entdeckt. Besonders eindrucksvoll hat das Thema der deutsche Regisseur Dominik Graf 2010 mit seinem TV-Mehrteiler "Im Angesicht des Verbrechens" umgesetzt. Nicht im Milieu der Russenmafia, sondern in Atlantic City zur Zeit der amerikanischen Prohibition spielt die HBO-Serie "Boardwalk Empire" mit Steve Buscemi als Gangster-Boss Nucky Thompson – absolut sehenswert.
Wo finde ich weitere Informationen zur organisierten Kriminalität?
Sachbücher über Mafia, Yakuza und Co. gibt es in Hülle und Fülle. Besonders empfehlenswert sind hierbei "Cosa Nostra – Die Geschichte der Mafia" von John Dickie. Wer es kompakter mag, dem sei Ausgabe Nummer 48 "Mafia – Die Geschichte des Organisierten Verbrechens" aus der Magazin-Reihe "GEO Epoche" ans Herz gelegt. 2006 veröffentlichte der italienische Autor Roberto Saviano sein Buch "Gomorrha", in dem er die Praktiken der organisierten Kriminalität der Camorra beschreibt.
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