Dortmunder "Tatort: Cash": Ausgerechnet Griesgram Faber verbreitet gute Laune in einem schwerfälligen Fall über Sportwettenbetrug.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Iris Alanyali dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Kommissar Faber geht es richtig gut. Der reinste Springinsfeld, wie er durch das verregnete Dortmund und seinen Fall hüpft. Der Grund: Tarim Abakay ist in diesen Fall verwickelt. Einer von Fabers Erzfeinden. Einer, der mit so ziemlich allem seine Geschäfte macht: Drogen, Waffen, Frauen. Nur nachweisen konnte Peter Faber (Jörg Hartmann) es ihm nie.

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Jetzt gibt es neue Gelegenheit: Lukas Becker wurde in seiner Wohnung erschlagen. Der junge Mann arbeitete in einem von Abakays Wettbüros. Faber ist entzückt. Eine Verbindung zwischen Abakay und einem Mord? "Sie wissen ja, wie das ist", grinst Faber den eleganten Geschäftsmann an, "da wird so ein altes weißes Trüffelschein wie ich richtig wuschig".

Am anderen Ende der Gute-Laune-Skala steht Kommissar Jan Pawlak (Rick Okon). Der kämpft weiterhin um das Sorgerecht für seine Tochter und scheint seine Verzweiflung neuerdings mit Sportwetten zu betäuben. Ausgerechnet in dem Wettbüro, in dem der Tote jobbte. Das ironischerweise auch noch Mutluluk heißt, türkisch für "Glückseligkeit". Mit dem sympathischen Betreiber Alkim Celik (Sahin Eryilmaz) verbindet Pawlak ein freundschaftliches Verhältnis.

Noch komplizierter wird die Angelegenheit dadurch, dass der Ermordete auch noch der Schwager von Alkims Ehefrau Dilara (Neshe Demir) war. Und mit fingierten Sportwetten handelte. Und zufällig ist Tarim Abakay (Adrian Can) Präsident eines Fußball-Regionalliga-Clubs. Zwar beteuert Alkim Celik, dass in seinem Laden alles ordnungsgemäß ablaufe ("Abakay hält seine Wettbüros sauber"), aber Pawlak muss befürchten, plötzlich als korrupter Polizist dazustehen. Zumal er sich nur noch selten im Kommissariat blicken lässt.

"Cash" ist die letzte Folge mit Kommissar Jan Pawlak

Mitten drin steht Kommissarin Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger). Sie versucht, diesen emotional aufgeladenen Ermittlungsknoten zu entwirren, ihre beiden Kollegen unter Kontrolle zu halten und sich nicht allzu viele Gedanken um ihre Zukunft zu machen.

Zum Beispiel um die Frage, ob sie als Tochter einer flüchtigen RAF-Terroristin die Leitung der Mordkommission übernehmen kann. Derzeit ist sie ja kommissarisch die Chefin, weil Faber der Tod von Kollegin Martina Bönisch (Anna Schudt) zu nahe ging.

Soviel zum aktuellen Dortmunder Fall und seinen Hintergründen und Vorgeschichten. "Cash" ist zwar nicht ganz so kompliziert, wie es hier scheint, aber schon etwas langatmig. Der Dortmunder "Tatort" gehört ja zu den horizontal erzählten Krimis der Reihe, in denen sich Erzählstränge über mehrere Folgen erstrecken.

"Cash" ist die letzte Folge mit Kommissar Jan Pawlak, weil nach Anna Schudt auch Darsteller Rick Okon seinen Ausstieg angekündigt hat. Und Drehbuchverfasser Jürgen Werner, fast so etwas wie der Hausautor des Dortmunder "Tatort", hat das zum Anlass genommen, noch einmal alles Wichtige über alle Figuren in diese Folge hineinzupacken. Was "Cash" unnötig beschwert und drosselt.

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Sherlock Holmes'sche Tricks haben noch keinem Krimi geschadet

Dabei ist das Neue viel interessanter. Und zum Glück wird in "Cash" auch das alte Duo Faber & Herzog für die Zukunft neu aufgestellt. Denn Faber und Herzog werden, so der WDR, in Zukunft allein ermitteln. Vielleicht wird das Fernsehpublikum deshalb mit dem Holzhammer an Rosa Herzogs Fachgebiet erinnert: Die Kommissarin ist auf das Lesen von Mikroexpressionen spezialisiert, beobachtet also Körpersprache sehr genau.

Weshalb die Kamera wie in einer nervösen Tierdoku ständig zwischen Rosas Blick und den Händen, Augen und Adamsäpfeln ihrer Gegenüber herumspringt. Faber guckt beeindruckt. Aber das ist schon okay, ein paar Sherlock Holmes'sche Tricks haben noch keinem Krimi geschadet.

Wir bekommen außerdem einen aufgeschlossenen Kommissar präsentiert. Es ist ausgerechnet Griesgram Peter Faber, der diese "Tatort"-Folge mit seiner Ironie, seinem Sarkasmus und der Fürsorge um Rosa Herzog aufhellt. Er denkt sich spaßige teambildende Maßnahmen für die Kollegin aus, und er wispert dem verhassten Kriminaltechniker Sebastian Haller (Tilmann Strauß) lustige Drohungen ins Gesicht. Der depressiv veranlagte Hauptkommissar ist immer dann am besten, wenn er seine zerstörerische Energie nach Außen lenken kann. In "Cash" ist er in Hochform.

Es gibt außerdem noch eine letzte Neuigkeit. Besser gesagt, eine Neue. Die ominöse Ira Klasnic (Alessia Lause) mischt die Ermittlungen auf. Leider lässt sich über die Frau nicht viel sagen, wenn man – wie wir hier grundsätzlich – "Cash" nicht spoilern will. Aber dass Ira Klasnic am Ende ihre Jacke an einen Garderobenhaken hängt wie jemand, der zu bleiben entschlossen ist, weckt schon die Vorfreude auf den nächsten "Tatort" aus Dortmund.

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