Diese Szene sorgt für Diskussionen: In GTA 5 muss der Spieler einen Menschen foltern. Was vom Entwickler als Kritik auf die Methoden im US-Gefangenenlager in Guantanamo gedacht ist, wird von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert. Dabei ist GTA 5 nicht das erste Computerspiel, das wegen expliziter Szenen für Diskussionen sorgt.

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In GTA 5 muss der Spieler mit dem Charakter Trevor einen Mann foltern, um an Informationen zu gelangen. Es ist eine Schlüsselszene im Spiel, denn ohne die Informationen kann nicht weitergespielt werden. Und so zieht der Spieler Zähne, bricht Beine und simuliert mit Waterboarding das Ertrinken des virtuellen Opfers.

Dabei agiert Trevor nicht aus eigenem Antrieb, sondern im Auftrag des spielinternen Geheimdienstes "FIB". Entwickler Rockstar kritisiert damit laut eigenen Angaben die Folterpraktiken der USA in Guantanamo und ordnet sie mit dem Kommentar Trevors selbst ein: "Folter ist nur für den Folterer da. […]Man foltert um des Spaßes willen! Wir alle sollten uns das eingestehen. Um Informationen zu erlangen, ist sie nutzlos."

Kritik von Menschenrechtlern

Die Botschaft ist also klar, das Spiel will mit drastischen Bildern die Gesellschaft hinterfragen, die diese Praktiken zulässt und tatsächlich anwendet. Doch der Aufschrei ließ nicht lange auf sich warten: Keith Best, Chef der Organisation "Freiheit von Folter" sagt in der britischen Tageszeitung "Guardian", Folter sei Realität und kein Spiel. Die Verherrlichung in der Populärkultur würde die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen zunichtemachen, die gegen Folter kämpfen.

Brutale Szenen in einem Computerspiel - damit reiht sich GTA 5 in eine lange Liste von Games ein, die für heftige Diskussionen sorgten. Oft sind diese von den Machern gewollt, denn die Prise "Skandal" bringt Aufmerksamkeit und Verkaufszahlen.

Beschuss von Zivilisten

Im Ego-Shooter Call of Duty: Modern Warfare 2 beispielsweise stürmt der Spieler als russischer Terrorist einen Flughafen. Bei dem Feuergefecht werden auch unbeteiligte Zivilisten erschossen. Nachdem vor der Veröffentlichung ein Video dieser Szene aufgetaucht war, hagelte es Proteste gegen diese Form der Gewaltdarstellung, die den Hersteller Activision schließlich zum Handeln zwangen. Die deutsche Version wurde so entschärft, dass das Erschießen von Geiseln zum sofortigen Missionsabbruch führt und der Spieler von vorne starten muss. Die Empörung bereits vor der Veröffentlichung des Spiels hat sich für den Hersteller finanziell gelohnt: Das Spiel verkaufte sich in den ersten 24 Stunden rund 4,7 Millionen mal und war bis zum Release von Call of Duty: Black Ops das Spiel mit den meistverkauften Exemplaren am ersten Verkaufstag.

Sexismus-Skandal wegen Aliens

Aber nicht immer ist Gewalt der Auslöser von Debatten. In GTA San Andreas ließ sich mit dem Mod "Hot Coffee" ein interaktives Sex-Spiel freischalten. In Amerika - wo die Darstellung sexueller Handlungen wesentlich heftigere Reaktionen auslöst als Gewalt – sorgte dies für einen medialen Aufschrei. Als Folge bekam das Spiel eine Freigabe ab 18 Jahren. Wesentlich harmloser erscheint da die Reaktion auf das Spiel Mass Effect. Wegen der im Spiel möglichen Romanze, die auch sexuelle Handlungen beinhalten konnte, bezeichnete die Schriftstellerin Cooper Lawrence das Spiel als sexistisch und diskriminierend. Der Entwickler stellte daraufhin klar, dass diese Handlungen nur angedeutet und nicht explizit gezeigt würden, woraufhin sich Lawrence entschuldigte.

Auf einem schmalen Grat wanderte die satirisch angelegte, deutsche Krankenhaus-Simulation Biing. Hier wird bei Bewerbungsgesprächen die Oberweite wesentlich höher gewichtet als die Berufserfahrung. Bereits eingestellte Krankenschwestern können auf Kommando zum Strippen gebracht werden. Nach Protesten wurde das Spiel entschärft, allerdings so geringfügig, dass auch hier über den Sinn und Unsinn der Entschärfung diskutiert werden kann.

Gewollter Tabubruch der Publicity wegen

Im Gegensatz zu den genannten Sexismus-Skandalen bleibt bei GTA 5 – fernab von jeglicher Jugendschutzdiskussion - die Frage "muss das sein?". Man kann davon ausgehen, dass die Entwicklerfirma Rockstar genug Weitsicht besaß, die Reaktionen auf die Folterszene vorherzusehen. Trotzdem hat sie sich wohl getreu dem Motto "Jede Publicity ist gute Publicity, auch schlechte" bewusst dafür entschieden, das Spiel so zu veröffentlichen.

Gesellschaftskritik oder nicht: es bleibt ein fader Nachgeschmack bei dem Gedanken, dass weltweit Spieler am Computer das praktizieren müssen, wogegen viele Menschen seit Jahren protestieren.

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