Satire gleich Hetze? Vergangene Woche veröffentlichte der Karikaturist "Schwarwel" eines seiner Werke auf Facebook und wurde daraufhin gesperrt. Der Beitrag: Satire. Wie weit geht die Zensur unter dem NetzDG in Deutschland?

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"(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten […] Eine Zensur findet nicht statt. (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. […]" So steht es in Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes.

Die Presse- und Meinungsfreiheit garantiert jedem Bürger das Recht, sich innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern. Hetze wäre ein Beispiel der Überschreitung gesetzlicher Schranken. Satire nicht. Oder?

Denn in der vergangenen Woche wurde der Facebook-Account des Karikaturisten "Schwarwel" gesperrt. Der Grund: Der Künstler hatte ein satirisches Bild zum H&M-Skandal veröffentlicht und darin einen kritischen Bezug zur AfD hergestellt.

Kurz nach Veröffentlichung des Posts wurde dieser von Facebook zensiert und der Account von "Schwarwel" gesperrt.

Der Hintergrund: Am 1. Oktober 2017 ist in Deutschland das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Kraft getreten, seit dem 1. Januar 2018 müssen Unternehmen es in vollem Umfang umsetzen.

Das Gesetz soll der besseren Verfolgung von Hasskommentaren und Fake News im Internet dienen und spricht sozialen Netzwerkbetreibern die Hoheit zu, darüber zu entscheiden, welche Beiträge angemessen sind und welche nicht - ein Umstand, den Kritiker des NetzDG bemängeln.

Handeln die Unternehmen nicht in einem vorgegeben Zeitrahmen von 24 Stunden – in Ausnahmefällen gibt es ein Fenster von sieben Tagen – können Strafzahlungen von bis zu fünf Millionen Euro anfallen.

Eine hohe Summe, die die meisten Betreiber sozialer Netzwerke wohl unter allen Umständen vermeiden wollen.

Die Konsequenz: Lieber wird einmal zu viel die Löschtaste betätigt. So zumindest eine weitere Befürchtung der Kritiker.

Kontext ist wichtiger als Schlagwörter

Mit der Löschung der Karikatur auf der Facebook-Seite von "Schwarwel" scheint sich diese Befürchtung zu bewahrheiten.

Auch andere Künstler haben das schon zu spüren bekommen, etwa der Karikaturist Marian Kamensky oder die Künstlerin Barbara.
"So einfach kann man es sich nicht machen", findet "Schwarwel" im Gespräch mit unserer Redaktion. "Es muss einen differenzierten Umgang mit Inhalten geben."

Damit meint er, dass das Geschriebene im Kontext zu sehen sei und nicht nach einzelnen Schlagwörtern gegangen werden sollte.

Ein "Minenfeld"

Inzwischen ist der Account des Künstlers wieder freigeschaltet und auch der Post wieder sichtbar. Der Karikaturist hatte Beschwerde eingelegt. Drei Tage war er aber insgesamt offline.

Eine Entschuldigung seitens Facebook habe er zwar erhalten, eine Erklärung zum Grund der Zensur stehe allerdings noch aus.

Seine Arbeit werde von den Sperrungen – es sei bereits seine zweite – aber nicht beeinflusst. Er wolle auch weiterhin posten, was er für richtig hält.

Das sei Teil des Berufs: "Da bewegt man sich tagtäglich auf einem Minenfeld."

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