Die Erste Allgemeine Verunsicherung ist seit über 30 Jahren eine Institution, wenn es um dadaistischen, flachen aber auch politischen Humor geht. Im Interview blicken Sänger Klaus Eberhartinger und Gitarrist und Songschreiber Thomas Spitzer zurück auf eine bewegte Karriere mit einigen denkwürdigen Auseinandersetzungen.
Zwanzig Minuten Interview können ziemlich lang sein, wenn der Befragte nicht viel Interessantes zu erzählen hat. Bei der EAV ist das natürlich ganz anders:
Weil sie aber genau dafür Werbung machen wollen, beginnt Klaus Eberhartinger schon ohne gefragt zu werden, mit seiner Beschreibung der Raritätensammlung - während Thomas Spitzer sich in eine Zigarettenpause verabschiedet. Zu den interessanteren Themen ist er dann zum Glück wieder da. Am Ende werden aus den 20 Minuten über 40, die keinen Moment langweilig sind.
Klaus Eberhartinger: Thomas hat für "Was haben wir gelacht" Sachen zusammengetragen, die teilweise unvollständig und teilweise schon ausproduziert waren und hat vorgeschlagen, dass wir ein Raritäten-Album machen. Ich habe geantwortet, 'das sind keine Raritäten, das sind Skurrilitäten'.
Bei manchen Nummern ist der Grund, weshalb wir sie nicht veröffentlicht haben, nachvollziehbar. Aber im Gesamtzusammenhang ist es dann doch interessant. Wir haben den Mistkübel ausgeräumt und bevor wir es wegwerfen machen wir einen Flohmarkt. Jeder kann sich bedienen, wir warnen aber vor den Nebenwirkungen und übernehmen keine Verantwortung. Für Freunde des skurrilen Geschmacks sind es aber Diamanten.
Skurrile Nummern, die lange vergessen waren
Gab es immer Einigkeit, was es aufs Album schafft und was nicht?
Eberhartinger: Bei uns gibt es nie Einigkeit. Thomas und ich sind wie Ying und Yang. Ich habe nicht geglaubt, dass er wirklich den Mut hat, das zu veröffentlichen. Er hat das dann eigentlich im Alleingang gemacht. (Thomas Spitzer kommt nach seiner Rauchpause wieder ins Zimmer)
Es gibt auf dem Album halt viele Sachen, denen vielleicht ein bisschen Kontext fehlt …
Thomas Spitzer: Das ist ja normal auf einem EAV-Album. Schon bei "Geld oder Leben" gab es diese Johnny-Zwischenstücke. Wir haben immer wieder solche Sachen geschrieben, sie haben nur einfach oft nicht zum Rest des Albums gepasst. Dann lässt man sie liegen. Jetzt bin ich über den Fundus gestolpert und habe mich sehr amüsiert. Deshalb haben wir gesagt, das machen wir jetzt.
Wenn Ihr bei diesem Album auf teilweise 25 Jahre alte Sachen zurückblickt, werdet Ihr da auch leicht nostalgisch?
Spitzer: Bei scheinbar sinnentleerten Songs, wie "Der blöde Hein", da sieht man die Situation von damals vor dem inneren Auge. Das fanden wir damals wahnsinnig lustig, haben es aufgenommen und dann einfach liegen gelassen. Als ich es jetzt gehört habe, lag ich auf dem Boden vor Lachen und wurde inkontinent (lacht).
EAV: Eine Band im dauernden Wandel
Das Personal bei der EAV hat ja in den letzten Jahrzehnten auch immer wieder durchgewechselt ...
Spitzer: Alleine die verschiedenen Menschen im Tonstudio. Mit den unterschiedlichen Menschen sind eben auch immer unterschiedliche Dinge entstanden.
Eberhartinger: Mit dem einen eher die skurrilen Sachen, ein anderer geht immer gleich auf Epos.
Spitzer: Du hörst an der Musik, wer da bei uns im Studio stand.
Wie ist denn der Kontakt zu den ehemaligen Bandmitgliedern?
Spitzer: Bei der "Werwolf"-Tour 2015 waren tatsächlich alle aus der Ur-Besetzung bei einem Konzert anwesend. Eik Breit, Gert Steinbäcker,
Eberhartinger: Vielleicht wollten sie uns auch einfach nach all den Jahren scheitern sehen (lacht).
Spitzer: Es hat ihnen dann aber allen gefallen. Einstimmiges Lob von alten Kollegen – mit denen es ja teilweise nicht ganz so gut auseinander gegangen ist – das ist schon etwas Besonderes, das nur alle 30 Jahre mal vorkommt.
Eberhartinger: Das geht aber auch nur mit den ganz alten Kollegen. Bei manchen aus den letzten Besetzungen sind tatsächlich so etwas wie Feindschaften entstanden. Ein Bassist hat sich über Facebook aus der Band verabschiedet – ganz komische Nummer.
Wie ist es bei Euch beiden – seht Ihr Euch auch außerhalb der Tourneen so regelmäßig wie früher?
Spitzer: Wir haben in Kenia zwei Häuser, die nicht weit voneinander entfernt sind. Früher war das tatsächlich Tür an Tür, heute trennen uns sieben Kilometer. Der Klaus ist mit seinen Fernsehgeschichten öfter mal unterwegs, aber wenn wir beide Zeit haben, dann sitzen wir schon meistens zusammen.
Keine Lust mehr auf Tourneen
Thomas, Du hast Dich aber zwischendurch mal eine Weile aus dem Bühnengeschäft zurückgezogen …
Spitzer: Ich bin eben von Beruf ein Maler. Und wenn der 40 Jahre immer das gleiche Bild malen würde, dann würde ihn die Kritik verreißen. Für mich ist die Arbeit abgeschlossen, wenn die Bühnenshow steht und ein paarmal aufgeführt wurde. Da kannst Du dann auch einen anderen Gitarristen hinstellen. Klaus ist der einzige, der nicht zu ersetzen ist.
Eberhartinger: Ich habe das schon verstanden, dass er sich als Gitarrist unterbeschäftigt fühlt.
Spitzer: Der andere Gitarrist, der mich ersetzt, ist ein bisschen muskulöser als ich und zehn Zentimeter kleiner. Da gab es dann tatsächlich Zuschauer, die gesagt haben 'Schau her, der Spitzer hat trainiert. Er sieht irgendwie kleiner aus, dafür spielt er jetzt besser Gitarre.'
Es gab dann aber natürlich gleich Gerüchte, dass die EAV sich auflösen könnte, weil Du keine Lust mehr hättest …
Spitzer: Das einzige was daran stimmt, ist, dass mir einfach nicht so viel am reinen Reproduzieren liegt. Ich kann es den Fans nicht verdenken, dass sie den "Märchenprinz" oder "Heiße Nächte in Palermo" hören wollen. Für mich ist die Nummer aber erledigt, wenn sie veröffentlicht und auf die Bühne gebracht ist. Dann habe ich kein Interesse mehr, das zu wiederholen.
Eberhartinger: Er ist wie ein Schauspieler, der nur Premieren spielen will.
Also würdet Ihr bei Konzerten am liebsten auf die alten Lieder verzichten?
Spitzer: Wenn wir sie spielen, dann anders als auf dem Album. Die Fans verzeihen uns das zum Glück. Dann haben wir wenigstens den Spaß, sie anders instrumentieren zu können. Der leichte Weg wäre es natürlich, ein "Wunschkonzert" mit den Hits zu spielen, aber daran haben wir kein Interesse.
Eberhartinger: Das machen wir dann halt im Sommer, wenn wir Festivals spielen. Da können wir unsere Show eh nicht wie in kleinen Hallen auf die Bühne bringen.
Es gibt aber eben alte Lieder von Euch, die quasi Kulturgut geworden sind. "Morgen" zum Beispiel, das auch ich seit über 20 Jahren vor mich hin singe, wenn ich aus der Kneipe nach Hause gehe …
Eberhartinger: Das hat irgendwie einen Nerv getroffen und wurde zu einem Evergreen. So etwas hat man auch nie satt. Ich brauche aber meine Pausen zwischendurch. Ich fahre dann nach Kenia ohne dass ich das Studio betrete.
Ärger mit dem BR, lustigen Kollegen - und Günther Jauch
Was sich gerade in Deutschland, aber auch in Österreich lange nicht durchgesetzt hat, war die politische Seite der EAV. Ihr wurdet immer gerne in die Schublade der "österreichischen Blödel-Truppe" gesteckt. Wie sehr hat das genervt?
Eberhartinger: Ich habe das immer gehasst.
Spitzer: Wir waren damals bei so einer Fernsehshow, bei der wir nie hätten mitmachen sollen. Da waren Leute wie Heino, GG Anderson oder Klaus und Klaus, die meinten, dass wir eine große Familie sind, weil wir auch was Lustiges machen. Das war wie in einer Geisterbahn. Ich saß danach in der Garderobe und habe geweint.
Eberhartinger: Wir haben damals noch unserer Plattenfirma gehorcht. Wir haben sogar in einer Karnevalssendung Polonäse getanzt. Ich dachte mir 'Das darf doch nicht wahr sein'. Dann haben wir beschlossen, dass wir einen Schnitt machen müssen und weg von solchen Sendungen.
Man verdient halt recht gut damit …
Spitzer: Das stimmt. Wir haben aber einen Kompromiss gefunden. Wir spielen einen Hit nur, wenn wir dafür auch ein ernsteres Lied wie "s’Muaterl" oder "Burli" spielen dürfen. Das klappt aber auch nicht immer. Wir waren mal zu Gast bei "Live aus dem Schlachthof" mit dem jungen Günther Jauch und haben gesagt, wir spielen "Küss die Hand schöne Frau" nur, wenn wir auch "s Muaterl" spielen dürfen, das unser Image ein bisschen rettet.
Eberhartinger: Wir haben es geprobt und dann kurz vor dem Auftritt kommt ein Aufnahmeleiter und sagt "s Muaterl" ist gestrichen. Wir haben uns geärgert, den Auftritt aber trotzdem durchgezogen. Dann kommt Günther Jauch auf die Bühne und sagt zu uns 'Ihr spielt immer nur so Blödelsachen, ist euch das nicht zu doof?'. Ich habe ernsthaft überlegt, ob ich ihm vor laufender Kamera eine Watschn geben soll.
Spitzer: Wir haben eine ganze Reihe Auftritte verloren, weil wir gesagt haben, dass wir nur kommen, wenn wir auch ein Lied unserer Wahl spielen dürfen.
Eberhartinger: Bei Livesendungen haben sie geschwitzt wegen uns. Es gab einen Auftritt im Bayerischen Fernsehen mit einem unmöglichen Moderator, der uns vorgestellt hat als seine 'guten Freunde von der EVA'. Ein echtes Arschloch. Es gab vor uns einen Auftritt von der Kleinkunsttruppe "Die kleine Tierschau", von denen einer so ein bisschen gestottert hat. Der Moderator wusste das und hat ihn im Interview nachgeäfft. Wir haben gesagt, entweder wir stoßen ihn jetzt von der Bühne oder wir spielen die Lieder, die sie beim BR auf keinen Fall hören wollen.
Spitzer: Es war live – sie konnten nichts machen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.