• Rolf Zuckowski hat seine Autobiografie veröffentlicht.
  • Im Interview mit unserer Redaktion spricht die Legende, die am 12. Mai ihren 75. Geburtstag feiert, über "Ein bisschen Mut, ein bisschen Glück".
  • Zudem positioniert sich der Musiker zu Schubladendenken, seinem Ruf als "Kinderliedermacher" und der Vorbildfunktion von Eltern.
Ein Interview

Herr Zuckowski, "Ein bisschen Mut, ein bisschen Glück" - so heißt Ihre Autobiografie, die am 6. Mai veröffentlicht wird. Haben Sie etwa Ihr Lebensmotto in einem Buchtitel verpackt?

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Rolf Zuckowski: Ein Lebensmotto ist das nicht, sondern eher die grundsätzliche Herangehensweise an meine Arbeit. Man fängt immer wieder etwas an und schaut dann, was daraus wird. Manchmal lässt man sich überraschen, manchmal sogar verzaubern. Der zweite Aspekt dahinter ist rückblickender Natur und wurde in dem Song "Du brauchst ein Lied" auch schon so besungen.

Darin heißt es: "Dann hast du selbst ein Kind, und willst ihm manches Leid ersparen. Doch einmal kommt der Tag, wo es sich selbst nur helfen kann. Dann geht es seinen Weg, denkt dann und wann an dich zurück. Und braucht genau wie du, ein bisschen Mut, ein bisschen Glück." Das bezieht sich also auf die Lebenserfahrung, die ich sammeln durfte. In diesem Sinne ist es also doch ein Motto, aber eher eines, das sich durch das letzte Drittel meines Lebens gezogen hat. Der Titel beschäftigt sich mit der Frage: Was war denn typisch für mich?

Und was war beziehungsweise ist typisch für Rolf Zuckowski?

Ganz ohne Mut ging es nie, ganz ohne Glück schon gar nicht (lacht).

Ganz ohne Können geht es erst recht nicht. Ich vermisse diesen Begriff. Ist es Ihrer Bescheidenheit geschuldet?

Für mich ist das "Können" in dem Wort "Glück" enthalten. Dass man Talente, gewisse Kräfte und eine Eigenart hat, um Menschen zu gewinnen, empfinde ich als ein Stück Lebensglück. Allerdings halte ich es dann doch für zu selbstbewusst, das jetzt vor sich herzutragen.

Sie feiern am 12. Mai Ihren 75. Geburtstag. Haben Sie sich mit diesem Buch bewusst so lange Zeit gelassen, um zu diesem Anlass zu erscheinen? Schließlich hatten Sie sich bereits vor knapp zehn Jahren weitestgehend aus dem Showgeschäft zurückgezogen …

Natürlich erweckt die Zahl 75 Aufmerksamkeit - und die braucht man, wenn man eine Biografie schreiben und herausbringen möchte. Bis 80 zu warten, würde ein gewisses Risiko mit sich bringen. Man wird nicht jünger und niemand weiß, was man fünf Jahre später überhaupt noch leisten kann. Deswegen finde ich den Zeitpunkt gut und richtig.

Schreiben ist für Sie allerdings kein Neuland - und damit beziehe ich mich nicht nur auf Lieder, sondern eben auch auf Bücher …

Genau. Es ist wichtig zu erwähnen, dass es früher bereits zwei Ansätze zu einer Biografie gab - wenn auch nicht so gründlich, so vertieft und schon gar nicht für den Buchhandel aufgeschrieben. Ich habe 1994 das Buch "Meine Lieder - meine Freunde" verfasst, in dem Liedtexte und die Entstehungsgeschichten meiner Songs enthalten sind. 2007 habe ich "5 Jahre Mai" geschrieben. Das war die Beilage zu einer CD.

Seine Kinder und Enkel freuen sich über das Buch

Das reichte Ihnen also nicht als Gesamtwerk?

Für mich war es an der Zeit, die ganze Bandbreite dessen, was ich mit vielen Menschen zusammen erarbeiten konnte, in einem richtigen Buch zusammenzufassen. Auch meine Kinder und Enkel spielten dabei eine Rolle, die von ihrem Vater und Opa vieles eben noch nicht wussten. Sie haben sich sehr gefreut, dass ich es nun auch für sie so aufgeschrieben habe.

Ein Kapitel setzt sich mit Ihrem Ruf als "Kinderliedermacher" auseinander. Hadern Sie manchmal mit dieser Schublade?

Ich hadere nicht damit, bin aber der Meinung, dass wir generell ein bisschen zu oft in Schubladen denken. Manches macht es sicherlich einfacher. Gerade in der Medienwelt sind Formate, Genres und Schubladen auch wichtig, damit man sich orientieren kann. Doch für einen Komponisten und Textdichter sind Schubladen mitunter gefährlich. Irgendwann würden einem entweder die Themen ausgehen oder man müsste sich des Vorwurfs erwehren, immer dieselben Geschichten zu erzählen.

Rolf Zuckowski: Lieder sollen auch die Gefühle der Eltern thematisieren

Was entgegen Sie Kritikern, die Ihnen Undankbarkeit vorwerfen - in dem Sinne, dass Kinderlieder für Ihre großen Erfolge verantwortlich waren und sind?

Ich habe relativ früh damit begonnen, auch Lieder für Erwachsene zu machen. Das Album "Zeit für Kinder - Zeit für uns" ist zum Beispiel bereits 1985 erschienen. Mir war es immer wichtig, Lieder zu komponieren, die auch die Befindlichkeiten der Eltern betreffen. Das ist mein Leben in der ganzen Breite. Und dass die Kinder das Herzstück meines Schaffens und meines Erfolges sind, darüber kann ich nur glücklich sein. Das wollte ich nie irgendwie infrage stellen.

Meinen Sie das, wenn Sie von Mut sprechen?

Auch, ja. Mir liegt viel daran, dass der Zusammenhang zu den Eltern und dem Familienleben nicht aus den Augen verloren wird. Die Sicht, die man hat, wenn man Vater, Mutter, Opa oder Oma wird. Das geht heutzutage ein bisschen verloren, weil viele Dinge in Formatschubladen stecken bleiben. Vielleicht sind meine Lieder für Erwachsene auch eine Ermutigung für andere Menschen, mal etwas zu wagen, das andere nicht von einem erwarten würden. Mut haben, etwas zu riskieren. Dazu gibt es große Vorbilder, etwa Sting. Er wagte Dinge, bei denen sich andere Rockmusiker zunächst an den Kopf fassten.

Wurde Ihr Ansatz irgendwann verstanden?

Ich habe den Eindruck. Nach und nach merkten sowohl Eltern und als auch Nicht-Eltern, dass ich ihnen auch auf der Erwachsenenebene richtig was zu erzählen habe. Das Glück hatte ich schon sehr früh.

Als die Kinder der 80er und 90er während der Autofahrt in den Urlaub nach Italien auf der Rückbank zigmal Ihre "Vogelhochzeit" hörten, dann tangierte das automatisch auch Vater und Mutter. Heute sind die Kinder vielleicht selbst Eltern, die Eltern von damals sind Großeltern. War Ihre Musik nicht immer schon generationsübergreifend?

Der Gedanke ist gut. Eine Kinderplatte "Rolfs Vogelhochzeit" ist bei genauerem Hinsehen ebenso eine Elternplatte. Es wird ein Nest gebaut und ein Kind in die Welt gesetzt, für das man Verantwortung übernimmt. Wenn man dem Kind dann beim Einschlafen zuschaut, stellt man sich die Frage, wie oft man das wohl noch erleben wird. Später kommen die Gedanken hinzu, die aufkommen, wenn das Kind das Haus verlässt. Das war da alles schon drin.

Worauf ich hinaus möchte: Warum braucht es dann überhaupt eine Unterteilung in Kinder- und Erwachsenenlieder?

Der Bezug zu den Eltern ist in vielen meiner Kinderlieder vorhanden. Ich konnte nur viele meiner Erwachsenenlieder nicht auf die überwiegend Kindern gewidmeten Alben draufpacken. Der Grund ist, dass einige Gedanken oder musikalische Ausdrucksformen dann doch zu erwachsen waren. Darum habe ich solche Lieder oft gesammelt und etwa alle fünf Jahre in Form eines Erwachsenenalbums veröffentlicht. Das jüngste ist übrigens vor allem dem letzten Lebensabschnitt gewidmet, es heißt "Deine Sonne bleibt" - mit Liedern und sanfter Klassik von der Trauer zum Trost.

Haben die Kinder von heute noch Interesse an klassischen Kinderliedern à la Rolf Zuckowski?

Der Kindermusik-Markt ist riesengroß - von Musik für die ganz Kleinen in der Krabbelgruppe über fantasiereiche Märchenerzähler bis hin zu richtigen Bands für Kinder. Ich denke nicht zuletzt an die Hip-Hop-Gruppe Deine Freunde, für die ich mein Label "nochmal" gegründet habe. Dass diese Szene so lebendig ist, spricht dafür, dass es viele Kinder gerne hören. Dennoch sind sie immer in der Versuchung, die elektronischen Unterhaltungsangebote nicht loslassen zu können. Ich sehe an meinen Enkelkindern, wie groß das Suchtpotenzial ist. Es wird wirklich nicht leichter für die Eltern, die Kinder davor zu bewahren.

Zuckowski ist gern auf Social Media unterwegs

Wie können Eltern dem Smartphone- und Gaming-Trend entgegenwirken?

Zum einen darf man nicht alles zu skeptisch sehen, schließlich reagieren Kinder nach wie vor intensiv auf unmittelbare und individuell auf sie zugeschnittene Angebote. Ob Musikschulen, Chöre, Malgruppen oder Sportvereine: Man mag es kaum glauben, aber all das gibt es nach wie vor. Die Aufgabe der Eltern ist es, ihren Kindern immer wieder Angebote und Anreize zu geben. Und sie sollten einen ehrlichen Blick in den Spiegel werfen: Bin ich wirklich ein Vorbild, wenn ich selbst andauernd nur das Handy in der Hand halte?

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Wie aktiv sind Sie in sozialen Netzwerken?

Es ist kein Geheimnis, dass ich inzwischen große Accounts bei Facebook, Instagram, YouTube und sogar TikTok habe. Ein altes Lied von mir ("Ich schaff das schon") landete kürzlich auf Platz eins der TikTok-Charts, weil es unendlich viele kleine Filmchen zu dieser Liedzeile "Ich schaff das schon, ich schaff das schon, ich schaff das schon ganz alleine" gab. Da waren sehr originelle, teilweise anrührende und sehr lustige Sachen dabei. Also ich habe mich diesen Dingen nie verschlossen. Meinem Publikum ist das durchaus bekannt.

Einen Widerspruch zu Ihrer grundsätzlichen Haltung sehen Sie nicht?

Nein, weil ich durch meine Stiftung "Kinder brauchen Musik" ebenso bemüht bin, ursprüngliches Musizieren an die Kinder heranzubringen. Spielen, tanzen, kleine Aufführungen und Instrumente erlernen. Es ist natürlich nicht einfach, alles in eine gute Balance zu bringen. Mein Ansatz lautet aber: Ich versuche die Möglichkeiten der heutigen Zeit mit den Qualitäten der alten Zeit verschmelzen zu lassen und in die Familien zu bringen. Und ich glaube, das gelingt mir nach wie vor ganz gut.

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Zum Beispiel darf Ihr Hit "In der Weihnachtsbäckerei" bei keiner Familienfeier in der Adventszeit fehlen. Ihr persönlich größtes (Weihnachts-)Geschenk aller Zeiten?

Dieser Song hat eine Größenordnung erreicht, von dem ich noch nicht einmal träumen mochte. "In der Weihnachtsbäckerei" ist heute im Grunde genommen ein richtiges Volkslied. Noch mehr als die Streamingzahlen oder Verkäufe freut mich die Tatsache, in wie vielen Familien dieses Lied gesungen wird. Es gibt inzwischen viele verschiedene Versionen - von Helene Fischer bis Otto Waalkes. Es ist ein riesiger Erfolg. Und dass der auch finanziell Spuren hinterlassen hat, kann sich jeder ausrechnen. Manche Dinge, wie meine Stiftung "Kinder brauchen Musik", konnte ich übrigens nur mit einem gewissen Kontostand umsetzen. Das mache ich wirklich sehr gerne.

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