Comedian Bernhard Hoëcker spricht im Interview über sein "Katzenhuhn", Gottschalks "Wetten, dass..?"-Abgang und einen folgenschweren Unfall mit einer Tischkreissäge.

Ein Interview

Mal blitzgescheit in der erfolgreichen Quizshow "Wer weiß denn sowas?", mal kreativ als Kinderbuchautor – und immer mit einer klaren Haltung: Comedian Bernhard Hoëcker verrät im Interview mit unserer Redaktion, was er von Gags über Männer und Frauen hält und was ihn an der letzten "Wetten, dass..?"-Show von Thomas Gottschalk gestört hat. Zudem erklärt der 53-Jährige, worauf er und Autorin Eva von Mühlenfels, mit der er obendrein "das Glück hat, verheiratet sein zu dürfen", bei ihren Kinderbüchern wert legen.

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Herr Hoëcker, in einem Interview im Sommer 2022 erzählten Sie uns, dass sich viele Dinge, die Sie und Ihre Comedy-Kollegen früher erzählt haben, inzwischen vermutlich als falsch herausgestellt haben. Sind denn seitdem weitere Dinge hinzugekommen? Wie häufig haben Sie sich zuletzt geirrt?

Bernhard Hoëcker: Das ist mir tatsächlich erst kürzlich passiert – und zwar im November auf der Bühne in Bünde. Bei diesem Auftritt habe ich damit geprahlt, dass ich weiß, dass es in Bünde die einzige deutsche Bifurkation (eine natürliche Gabelung bzw. Teilung eines Flusslaufes; Anm. d. Red.) gibt. Ich schaute dann in 400 tote Gesichter von Menschen, die alle bitter enttäuscht waren. Nach dieser kurzen Stille rief ein Zuschauer: "Das ist 20 Kilometer weiter – in Melle!" Mit diesem Irrtum bin ich also bis zu diesem Zeitpunkt herumgelaufen.

Sie gelten als kluger Kopf, diese kleine Wissenslücke wird nichts daran ändern. Wie viele Informationen, die Sie sich in der Quizsendung "Wer weiß denn sowas?" aneignen, können Sie langfristig abspeichern?

Es hängt immer stark mit der Emotionalität zusammen. Eine lustige Geschichte, wie ich sie in Bünde erlebt habe, bleibt sicherlich leichter hängen, als wenn ich mich bei Instagram durchswitche und dabei irgendwelche Fakten aufschnappe. Bei "Wer weiß denn sowas?" bleiben mir vor allem die Fragen im Gedächtnis, bei denen ich mir eigentlich sicher war und dennoch daneben gelegen habe.

Sie treten seit fast einem Jahrzehnt gegen Elton bei "Wer weiß denn sowas?" an, gehen auf Tour und schreiben Kinderbücher. Haben Sie überhaupt noch die Zeit für neue Projekte?

Ich muss diese Frage leider mit "Nein" beantworten. Ich würde gerne mehr Zeit auf der Bühne verbringen, weil es sich dabei um eine komplett andere Kunst handelt – egal, ob solo oder gemeinsam mit Wigald Boning in Form eines Doppelprogramms. Man steht da oben, ist dem Publikum ausgeliefert und wenn man versagt, wird es nicht geschnitten. Umgekehrt erreicht man auf der Bühne eben nur rund 400 Leute und nicht drei Millionen, wie es im Fernsehen der Fall ist. Insofern hoffe ich, immer alles machen zu können, bedauere aber manchmal, dass mir dies zeitlich nicht möglich ist.

Mit Wigald Boning werden Sie in diesem Jahr ab Ende Mai wieder auf der Bühne stehen. Bekanntlich geht Ihr Kollege ja jeden Tag in irgendeinem Gewässer baden. Erwartet er von Ihnen, dass Sie seinem Beispiel folgen, wenn Sie beide gemeinsam auf Tour sind?

Ganz im Gegenteil. Zunächst einmal kann ich sehr gut widerstehen. Bei unserer vergangenen Nordsee-Tour musste Wigald im Prinzip nur von der jeweiligen Insel ins Meer springen. Bei unserer Ostsee-Tour, die in Dessau begonnen hatte, war dann schon etwas mehr Fantasie gefordert.

Haben Sie Wigalds Badespaß denn wenigstens aus sicherer Entfernung verfolgen können?

Ja, im Rahmen der besagten Ostsee-Auftritte. Ich erinnere mich noch gut daran, dass wir uns morgens um halb sieben vor dem Hoteleingang trafen: Ich wollte mit meinem Hund spazieren und er natürlich baden gehen. In der Künstlerwelt ist das schon eine ungewöhnliche Uhrzeit für das Treffen nach dem Schlaf. Dennoch haben wir daraus eine gewisse Routine gemacht. Während Wigald irgendwo ins Wasser gesprungen ist, bin ich mit dem Hund nebenhergelaufen und habe Fotos gemacht. Letztlich waren alle drei glücklich.

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Können Sie nachvollziehen, dass jemand freiwillig 365 Tage im Jahr bei Wind und Wetter baden geht?

Obwohl ich Wigald kenne, ihn von Herzen mag und für seine unfassbare Leistung und Konsequenz bewundere: Ich kann das nicht nachvollziehen. Vor allen Dingen: In der Regel geht er ja an derselben Stelle aus dem Wasser, an der er zuvor ins Wasser hineingegangen ist. Dann kann er doch gleich draußen bleiben. So mache ich das jedenfalls. In diesen Momenten sind wir an demselben Ort, mit dem Unterschied, dass er nass ist und friert – und ich nicht.

Ihr Kollege hat seine Erlebnisse in einem Buch verewigt, Sie hingegen zeichnen mit Eva von Mühlenfels für Kinderbücher wie "Was macht Püüüp?" oder "Das Katzenhuhn" verantwortlich. Wie geht es denn dem "Katzenhuhn": Wächst und gedeiht es?

Ja, es wächst und gedeiht. Und es hat acht neue, spannende Abenteuer erlebt, die seinen Erfahrungsschatz erweitern. Passend zu Wigald hat das "Katzenhuhn" übrigens mittlerweile baden gelernt.

Wie darf man sich die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Frau von Mühlenfels vorstellen?

Ich habe mit ihr eine sehr gute Autorin an meiner Seite, die hervorragende Ideen hat. Jetzt habe ich nur das Glück, mit dieser Frau auch verheiratet sein zu dürfen. Und im Alltag ergeben sich dann viele Möglichkeiten, über Bücher und Ideen zu reden – ohne alles in WhatsApp-Nachrichten zu packen oder auf den nächsten Besprechungstermin zu warten. Aber meist geht es dann doch um alltägliche Dinge wie leere Butterpackungen oder fehlender Parmesan.

Ihr aktuelles "Katzenhuhn"-Buch heißt "Abenteuer von einem sehr besonderen Bauernhof". Wie schwierig ist der Spagat, den Kindern das Thema Nachhaltigkeit nahezubringen und sie dennoch nicht mit den Problemen unserer Zeit zu überfordern?

Das ist ein Dilemma, mit dem wir uns immer wieder auseinandersetzen müssen. Ich persönlich mag es nicht, wenn es zu sehr "auf die Zwölf" geht. Man könnte gegenüber vom Bauernhof eine Fabrik bauen. Das ist uns zu dick. Grundsätzlich finde ich es aber wichtig, dass sich Kinder schon früh mit Konflikten und gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen. Unser Ansatz ist ein anderer …

Nämlich?

Dass wir uns zusammentun, um ein Problem zu lösen oder eine Alternative zu finden. Wie kriegen wir also das, was unvermeidlich ist, in unser Leben integriert? Freundschaft, Zusammenhalt, Selbstvertrauen und Überwindung. In unserem Buch geht es um kleine Probleme: Ein gespenstisches Geräusch im Wald, der Bauer ist krank und die Tiere müssen sich selbst versorgen. Vielleicht können die Kinder dann auf dieser Basis eines Tages Lösungen für die großen Probleme finden. Andererseits gefällt es mir mitunter auch, wenn sich Autoren und Autorinnen trauen, ein spezielles Thema klar anzusprechen. Die Vielfalt macht es aus.

Zum Thema Aktualität: Da fällt mir gerade noch ein Beispiel aus unserem Buch ein. In einer Passage stehen die Begriffe "Nix. Nada. Niente." Wir haben das dann in einer Version, die so nicht erschienen ist, mit ungarischen, japanischen und hebräischen Wörtern ergänzt.

Oh …

Genau diese Reaktion ist klassisch. Man sagt "Hebräisch" und bekommt schon ein "Oh". Niemand antwortet "Oh" bei "Ungarisch" oder "Japanisch". Am Ende haben wir diese Sprachen dann rausgenommen, weil es sich ja um ein Vorlesebuch handelt. Hebräisch und Japanisch war zum Vorlesen auch nicht so geeignet.

Sie sind kein Freund von "auf die Zwölf". Wie gefällt Ihnen vor diesem Hintergrund die Entwicklung in der TV- und Social-Media-Welt, in der man teils extreme Dinge tun muss, um aufzufallen?

Ich persönlich hatte immer das Glück, dass ich das machen konnte, was ich mag – und dass diese Dinge beim Publikum funktioniert haben. Den jungen Leuten von heute wird zum Teil unterstellt, dass sie es leichter hätten als die Generationen vor ihnen. Das ist natürlich Quatsch. Die jungen Leute haben es heute genauso schwer oder genauso leicht, zwar ist die Konkurrenz größer und bei Social Media muss man regelmäßig abliefern. Aber auf der anderen Seite ist Social Media auch ein großer Vorteil: Man hat die Chance, sich zu verbreiten, ohne herumtingeln zu müssen. Es ist schwierig, die heutige Zeit mit der Vergangenheit zu vergleichen.

"Es ist eine Form der Kunst"

Warum fällt Ihnen der Vergleich so schwer als jemand, der lange dabei ist und dennoch im Heute lebt?

Weil man aus dem Jetzt alles nimmt und aus der Vergangenheit nur das Gute. Es gab auch damals total schräge Sachen, die zu Recht untergegangen sind. Hugo Egon Balder hat Hella von Sinnen Torten ins Gesicht geworfen. Jede Zeit hat ihren Stil. Mir ist wichtig, nicht immer dieselben Gags zu machen. Ich persönlich finde zum Beispiel Witze über Männer und Frauen so unfassbar langweilig. Dennoch lachen viele Leute darüber. Insofern scheinen diese Gags immer noch gewünscht zu sein.

Mario Barth ist sich insofern treu geblieben …

Ja, und es funktioniert. Man kann das machen, es ist eine Form der Kunst. Aber ich meine, da gehen Frauen hin und lassen sich beleidigen. Mein Ansatz ist eher, vor allem wissenschaftliche Dinge auf humorvolle Art und Weise zu erklären.

Das kommt auch bei "Wer weiß denn sowas?" immer wieder gut zur Geltung. Warum sind Quizshows eigentlich nicht vom Aussterben bedroht?

Ein Quiz ist immer eine schöne Art, ein Faktum zu vermitteln und zum Denken anzuregen. Durch die alternativen Antwortmöglichkeiten kommt zudem ein Gespräch zustande. Als wir mit "Wer weiß denn sowas?" begonnen haben, galten Quizze eigentlich als tot. Daher bin ich selber überrascht, dass dieses Format nach wie vor so durch die Decke geht. Wobei ich durch "Genial daneben" bereits wusste, dass dem TV-Publikum ungewöhnliche Fragen besonders viel Spaß machen.

Wie hat Ihnen als früherer Thomas-Gottschalk-Parodist die vergangene "Wetten, dass..?"-Ausgabe gefallen? Sollte die Show weitergehen? Und wenn ja, mit welchem Moderator beziehungsweise welcher Moderatorin?

Ehrlich gesagt habe ich die Sendung gar nicht gesehen. Schade, dass er am Ende dieses völlig unrichtige "man darf ja nix mehr sagen" von sich gegeben hat. Bisher ist niemand für Gags ins Gefängnis gegangen, aber die Leute können heute halt leichter ihre Meinung dazu äußern. Und somit ist eine Art Waffengleichheit hergestellt. Das ist für den, der immer stärker war, weil er öffentliche Präsenz hatte, natürlich doof. Aber grundsätzlich ist er ein toller Entertainer, spontan und witzig. Wer das machen sollte, das ist schwierig. Wichtiger wäre es, das Konzept zu modernisieren. Aber mit Kai [Pflaume; Anm. d. Red.] und "Klein gegen Groß" gibt es ja eine Sendung, die die ganze Familie vor den Fernseher holt.

Was haben Sie persönlich aus dem vergangenen Jahr mitgenommen? Was haben Sie gelernt?

Dass man nicht nur eine Schutzbrille, sondern auch ein Visier tragen sollte, wenn man mit einer Tischkreissäge arbeitet. Ich habe mir auf diese Weise nämlich das Jochbein gebrochen. Im Anschluss habe ich zudem gelernt, dass mein Gesicht für das Fernsehen eine größere Relevanz hat, als ich bis dato dachte. Nach dem Jochbeinbruch kam nämlich die für mich überraschende Frage auf, ob man mich so im Fernsehen überhaupt zeigen könne.

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