Zu leben, da dürften sich die meisten Menschen einig sein, ist ein bisschen cooler, als tot zu sein. Man kriegt an einem gelebten Tag einfach viel mehr erledigt. Allerdings kann man es damit auch übertreiben. Wie man Leben, Tod, Leben im Angesicht des Todes und seine To-do-Liste geregelt kriegt, darum geht es in der jüngsten Folge des Podcasts der Kaulitz-Twins. Aber Vorsicht: Nicht jeder Ratschlag, den Bill und Tom hier geben, ist auch ein guter.

Christian Vock
Eine Satire
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In der jüngsten Folge von "Kaulitz Hills" gelangen wir an nichts Geringeres als an die grundsätzlichen Werte-Fundamente der Brüder. An den innersten Kern dessen, woran die beiden glauben. Was sie zusammenhält. Zum Beispiel, dass Tom zur Begrüßung immer zuerst "Hallo" sagt und dann ein "Naa" hinterher schiebt. Das "Naa", um zu verdeutlichen, dass er gut drauf sei. Feiner Zug von ihm.

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Gut, das war vielleicht jetzt nicht das, woran Sie bei "Werte-Fundament" gedacht haben, aber gleich kommt's. Bill war ja, wir erinnern uns, in der vergangenen Woche bei der Sause von Toms Frau, um dort Halloween zu feiern. Aber nicht nur Halloween: "Wir feiern ja nicht nur Halloween, wir feiern das Leben. Als ob jeder Tag der letzte wär, so leben wir!", erklärt Bill und Tom stimmt ihm zu "Aber so muss man auch leben."

Zahnseide? Who cares!

Ich hingegen denke, dass das keine gute Idee ist. Würde ich nämlich leben, als sei jeder Tag mein letzter, würde ich bestimmte Dinge vernachlässigen. Ich würde zum Beispiel keine Zeit mehr für meine Steuererklärung verschwenden. Ich säße bestimmt nicht an meinem letzten Tag da und sortierte Belege. Das mache ich noch nicht einmal an Tagen, an denen ich nicht sterbe. Fragen Sie mal meinen Steuerberater! Aber beim Nicht-Erledigen der Steuererklärung fängt es erst an!

Klamotten bügeln, Flusensieb reinigen, Socken kaufen oder mehr Gemüse essen zum Beispiel. Zahnseide? Who cares! Den grummeligen Nachbarn grüßen? Vergesst es! Ich denke, niemand würde es mir übel nehmen. Soll er doch an seiner miesen Laune ersticken! Die Leute würden an meinem Grab stehen und sagen: "Guck mal an, da liegt er jetzt. Na wenigstens hat er seinen letzten Tag nicht mit Zahnseide verplempert." Okay, vielleicht würde der grummelige Nachbar bei der Trauerfeier denken: "Hätte ja vor seinem Tod echt mal grüßen können", aber mir wär's wurscht!

Das ist allerdings ziemlich viel wäre, hätte, würde. Denn, und das ist das Problem an der Sache: Man steckt ja nicht drin. Was also, wenn man seinen Tag so lebte, als sei es der letzte, es aber nicht der letzte ist? Die Ausmaße sind gar nicht abzusehen! Wir säßen alle ohne Socken wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis, würden uns aber nicht unterhalten wollen, weil seit Wochen niemand Zahnseide benutzt hat. Das kann auch niemand wollen, schon gar nicht, wenn ausgerechnet dann wirklich der letzte Tag ist. Den will man sicher nicht mit Mundgeruch in einer Gefängniszelle verbringen, erst recht nicht mit dem grummeligen Nachbarn.

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Bill Kaulitz: "Das war veranstaltet wie ein Schülerverein!"

Ich denke, das Problem wurde deutlich. Bill und Tom haben sich darüber aber offenbar noch keine Gedanken gemacht. Oder zumindest haben sie sich andere Gedanken gemacht. Vor allem aber scheint Bill von der Letzter-Tag-Regel seit der vergangenen Folge reichlich Gebrauch gemacht zu haben, wie er erzählt.

Zu besagter Halloween-Party habe er zum Beispiel ein ganz besonderes Outfit getragen: "Ich war das letzte Einhorn – in sexy." Er sei auch über den roten Teppich wie ein Pferdchen galoppiert. "Ich hab auf jeden Fall richtig Gas gegeben auf dem Teppich." Doch nicht nur auf dem Teppich, wie Bill erzählt, sondern bereits vorher auf dem Hotelzimmer, weshalb Tom über Bills Verhalten und das seiner Clique auf der Party sagt: "Ihr wart alle so dicht, ihr habt euch daneben benommen." So geht Letzter-Tag-Regel!

Bei anderen hingegen ist der Sänger nicht so generös, wenn die eine Laissez-faire-Haltung an den Tag legen. "Ich konnte es nicht gucken!" berichtet Bill offenbar noch immer fassungslos über eine Promi-Box-Veranstaltung, die von der "Bild" online übertragen wurde. Beziehungsweise offenbar nur übertragen werden sollte. "Das war veranstaltet wie ein Schülerverein!", meckert Bill darüber, dass man Geld dafür zahlen musste, er die Kämpfe aber nicht habe sehen können. "Der Server war überlastet, du konntest keinen von den Kämpfen sehen!" Noch schlimmer sogar: "Die haben die ganze Zeit berichtet, als ob alle das sehen können!"

"Sammelklage!", ruft Tom schon, aber da sollte er vorsichtig sein. Vielleicht hat ja einfach ein Techniker der "Bild" die Kaulitzsche Regel beherzigt und sich gedacht: "Server? Juckt mich nicht! Ich zieh' jetzt mein sexy Einhorn-Kostüm an und mach mir 'nen schönen Tag. Vielleicht ist es mein letzter." Wenig später berichtet Bill dann von der nahenden Veranstaltung der Brüder in der Hamburger Elbphilharmonie und ruft die Zuhörer dazu auf, doch bitte pünktlich zu sein. Ein eigentlich verständlicher Wunsch, allerdings sollten sich die beiden nicht wundern, wenn jeder kommt, wann er will. Die Letzter-Tag-Regel ist schließlich für alle da.

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Jetzt reißt euch mal nicht zusammen!

Es scheint also mit der Letzter-Tag-Regel nicht ganz so einfach zu sein. Trotzdem pauschalisiert der Sänger hier: "Es gibt ja immer so viele, die sagen: Jetzt trinke ich aber einen Monat lang nichts", erklärt Bill im Zuge dessen und Tom ergänzt, diese Leute würden auch sagen: "Jetzt müssen wir uns aber mal ein bisschen zusammenreißen!" Offenbar auch für Bill ein No-Go: "Zusammenreißen klingt scheiße. Zusammenreißen ist doch sooo negativ. Wer will sich denn schon zusammenreißen? Das ist doch total öde!"

Ja, wer will sich denn schon zusammenreißen? Polizisten zum Beispiel, wenn sie einen superreichen Steuerhinterzieher festnehmen. Oder Lehrer, wenn sie wieder die 10b haben. Oder Zahnärzte, wenn sie feststellen, dass der Patient seit Monaten keine Zahnseide benutzt hat. Oder Kolumnisten, wenn sie sich jede Woche Podcasts von Leuten anhören müssen, die über letzte Tage fantasieren und sich nicht zusammenreißen wollen. Ich denke, wir freuen uns alle, wenn diese und weitere Berufsgruppen sich selbst in der Stunde der Not zusammenreißen und einem nicht sofort sagen, was sie denken.

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