Wie zeitgemäß ist der Umgang mit jungen Frauen bei GNTM noch? Nicht zum ersten Mal geriet Heidi Klums Modelcasting in die Kritik. Doch so offensichtlich wie jetzt verstieß das ProSieben-Format wohl noch nie gegen die ethischen Senderleitlinien.

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Das stieß vielen GNTM-Zuschauerinnen und - Zuschauern sauer auf: Mal ganz davon abgesehen, dass Heidi Klum mit Tamara und Anastasia die beliebtesten Kandidatinnen rauskickte. Zu allem Überfluss bekam auch Designer Julien Macdonald mal wieder eine Bühne.

Der hatte schon in der ersten Folge Anfang des Jahres mit fragwürdigen Aussagen für Kopfschütteln gesorgt ("Models sind nicht gerade die intelligentesten Wesen!"). Dieses Mal war es leider keinesfalls besser. Auch ein Werbe-Clip von ProSieben gegen Cybermobbing wirkte angesichts der in der Model-Suche gezeigten Szenen wie blanker Hohn.

Doppelmoral bei ProSieben

Und dann war da auch noch "Männerwelten": Genau einen Tag zuvor hatten sich Joko und Klaas zur besten Sendezeit gegen sexuelle Belästigung von Frauen stark gemacht und dafür viel Applaus geerntet. ProSieben hatte das 15-minütige Special, das direkt viral ging, sogar noch einmal abends wiederholt.

Profi-Twitterer Anredo brachte das ganze Dilemma auf den Punkt: "Gestern: ProSieben setzt sich für Frauen ein. Heute: ProSieben zeigt bei #GNTM wieder den arroganten Designer-Depp, der zu den Mädels 1a beleidigend ist und eiskaltes Bodyshaming betreibt."

Zur 1,71 Meter großen Maureen meinte Macdonald etwa: "Du bist zu klein. Meine Kleider sind für größere Models. Ich muss schauen, ob dir überhaupt etwas passt." Als die 20-Jährige daraufhin in Tränen ausbrach, zeigte der Brite wenig Feingefühl: "Du musst aufhören zu weinen. Weinen bringt dich nicht voran. Deine Tränen interessieren keinen!"

Schlimm genug. Doch der im Rahmen der Sendung eingespielte Clip gegen Cybermobbing setzte dem Ganzen dann noch die Krone auf: "Keiner wird größer, indem er andere klein macht!", sagt hier ProSieben-Moderatorin Viviane Geppert, die übrigens selbst mal Teilnehmerin bei GNTM war.

"Öffentliches Vorführen von Menschen für die Quote"

Als wenig glaubwürdig erweist sich auch Christian Düren von "taff". Er erklärt im selben Spot: "Was bringt es, andere zu dissen!?" Dabei sorgte er selbst vor ein paar Wochen noch für viel Unmut bei den Fans, als er Tattoo-Model Mareike bei einem Interview-Training für GNTM vorführte.

Sie sollte sich für ein freizügiges Bild, das sie auf Instagram gepostet hatte, rechtfertigen. Im Nachhinein versuchte sich Düren damit rauszureden, dass er die Rolle des fiesen Journalisten einnehmen musste.

Und noch ein ProSieben-Moderator kam in besagtem Spot gegen Cybermobbing zu Wort. Die Message von Thore Schölermann: "Du musst nicht jedem gefallen, aber gefallen lassen musst du dir auch nicht alles!" Auch dieser Spruch verwundert im Rahmen von "Germany's next Topmodel" doch sehr.

In Erinnerung werden die Zuschauer wohl noch gut das Verhalten von Designer Philipp Plein aus der Vorwoche haben. Der hatte mit seinem Benehmen gegenüber Kandidatin Tamara sogar einen Shitstorm ausgelöst. Weil die 19-jährige Wienerin in sehr hohen Schuhen auf einem spiegelglatten und ellenlangen Catwalk nicht immer perfekt laufen konnte, setzte der Designer Tamara ziemlich unter Druck.

"Du läufst noch einmal den ganzen Catwalk dreimal hintereinander. Und wenn du es verkackst, dann läufst du nicht!", machte er deutlich. Es folgte außerdem noch ein "Petz"-Video an Model-"Mama" Heidi Klum.

Reizfigur Plein kommt zum GNTM-Finale

Die Twitter-Community tobte - Tenor: "Ein erwachsener Mann wie dieser Philipp Plein (und auch Fr. Klum) macht ein junges Mädchen vor einem Millionenpublikum so fertig, dass es schon fast an Mobbing grenzt!! Wahrscheinlich braucht er das für sein winziges Selbstwertgefühl. Erbärmlich. Bin angeekelt."

Im starken Kontrast zu den gezeigten Inhalten der Model-Suche stand nicht nur der ProSieben-Anti-Mobbing-Spot, auch Werbekunden wie "Always Ultra" oder "Gilette Venus" waren sozusagen im falschen Film. "Nichts kann mich aufhalten", "Meine Narben sind ein Symbol für alles, was ich bewältigt habe" oder "Schreib die Regeln neu", verkünden hier junge Frauen.

Aber gehorche bitte widerspruchslos, egal, was ein Designer von dir verlangt? Zum Finale von "Germany's next Topmodel" am Donnerstag (21. Mai 2020) hat sich Plein nun auch angekündigt. Da die Show Corona-bedingt ohne Publikum auskommen muss, könne er wenigstens nicht ausgebuht werden, kommentierte ein Twitter-User.

Hier gibt's unseren GNTM-Couchticker von Folge 16 zum Nachlesen.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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