Dass Datingformate nicht zur intellektuellen Elite unter den Fernsehshows gehören, davon hat RTL schon einige Beweissendungen geliefert. Mit seiner neuen Show "Paradise Hotel", die am Dienstagabend startete, reduziert der Sender das Dating-Konzept nun auf das Allersimpelste: Sex. Dabei entwickelt die Show ein eigenartiges Faible für das weibliche Hinterteil. Das Po-Desaster im Überblick.
"Die Bachelorette", "Der Bachelor", "Adam sucht Eva", "Love Island" oder doch lieber "Naked Attraction"? Bei Datingshows ist im deutschen Fernsehen für jeden Humor etwas dabei.
Seit Dienstagabend gibt RTL nun Singles eine weitere Chance, im Fernsehen nach der großen Liebe zu suchen – oder zumindest nach ein bisschen Geld. So war der Staffelstart von "Paradise Hotel".
Das Konzept von "Paradise Hotel"
Nun hat man ohnehin den Verdacht, dass es bei den ganzen Partnervermittlungsshows um vieles geht, nur nicht darum, einen Partner zu vermitteln. Bei "Paradise Hotel" erhärtet sich dieser Verdacht, was nicht nur an den Teilnehmern, sondern vor allem am offiziellen Regelwerk liegt. Und das geht so:
Elf Singles werden in eine mexikanische Luxusvilla gesperrt und wer durch zwei teilen kann, wird merken, dass bei der ganzen Pärchensucherei immer mindestens einer übrig bleibt.
Das ist aber in diesem Fall Absicht, denn bei "Paradise Hotel" müssen sich immer zwei Menschen in einem Doppelzimmer als Paar zusammenfinden.
Wer sich als nicht vermittelbar erweist, muss ins triste Einzelzimmer und auf Teufel komm raus versuchen, wieder Anschluss zu finden. Wer das nicht hinbekommt, fliegt raus und kann sich auch den möglichen Gewinn von 20.000 Euro abschminken.
Die Teilnehmer
Ein gutes Trash-TV-Format steht und fällt mit dem Personal. Hier geht RTL erst einmal auf Nummer sicher und hat einen gewissen Salvatore gebucht. Der 25-Jährige hatte bereits RTLs Treuetestformat "Temptation Island" durchgespielt und es stand zu befürchten, dass der junge Mann trotz oder vielmehr wegen des zweifelhaften Eindrucks als Gerne-groß-Casanova, den er dort hinterlassen hat, die Gelegenheit für weitere Bildschirmzeit nutzen würde.
Der Rest der Belegschaft ist ebenfalls mit sorgsamem Trash-TV-Blick ausgewählt und von RTL schon mal in praktische Klischee-Portionen abgepackt worden. Da gibt es zum Beispiel "Energiebündel Jacqueline", "Sexy Hase Linda", "Surferboy Mario" oder "Mini Macho Elyas".
Mit Sprüchen wie "Sex im Paradise Hotel ist für mich überhaupt gar kein Problem. Schamgefühl hab' ich nicht" oder "Wenn ich erstmal einen Mann vor der Flinte hab', dann will ich auch seine Flinte" zeigen die Kandidatinnen und Kandidaten in Folge eins, dass sie nicht vorhaben, die Dummdussel-Fernsehen-Tradition mit allzu viel Niveau zu brechen.
Die Moderation
Das ist doch … Ist das nicht … ? Ja, wer sich unnütze Sachen merken kann, der wird die junge Dame wohl wiedererkannt haben: Moderatorin Vanessa Meisinger ist eine der wenigen Gewinner der Castingshow "Popstars", die noch über einigermaßen TV-Präsenz verfügen.
2009 gewann die inzwischen 28-Jährige den Gesangswettbewerb bei ProSieben und bildete für sehr kurze Zeit die Formation "Some & Any". Seit dem Ende der Band ist Meisinger Moderatorin und nun bei "Hotel Paradise" gelandet.
Die Auftaktfolge
Nachdem die Teilnehmer einander vorstellig wurden, werden die ersten Doppelzimmer gewichtelt und nicht jedem gefällt die Verteilung: "Ich hätte mir lieber einen anderen Partner gewünscht", berichtet beispielsweise Vanessa über die Tatsache, dass sie für die erste Nacht mit Germain in ein Zimmer gesteckt wurde.
In puncto körperlicher Annäherung ist hier also schon vorab die Luft raus. Dass ein Nein auch ein Nein bedeutet, muss hingegen Aaron erst während der gemeinsamen Nacht mit Jacqueline lernen.
Der sexuell überengagierte junge Mann will unbedingt "den Löwen aus dem Käfig lassen", was Jacqueline für keine gute Idee hält: "Von was träumst denn du?"
In ganz anderen Kalamitäten steckt währenddessen Kevin. Der hat sich nämlich eine Magenverstimmung eingefangen und hängt die Nacht über der Keramik.
Am nächsten Morgen wird er deshalb die Villa vorsorglich verlassen. Sein Nachfolger Elyas ist nicht nur Optimist ("Ich werd save locker zum Zug kommen"), sondern auch ein alter Bekannter von Mario: "Wir gehen zur gleichen Stadtsparkasse."
Es steckt also offenbar eine ganze Menge Druck in den Lenden der Kandidaten und auch RTL gibt sich kaum Mühe, den körperlichen Aspekt der Show groß zu verbergen.
In schier endlosen Einstellungen gleitet die Kamera über jeden weiblichen Hintern, den sie irgendwie zu fassen bekommt. Subtil ist irgendwie ganz anders.
Warum sollte man sich "Paradise Hotel" ansehen?
Gute Frage. Vielleicht, weil einem "Die Bachelorette" zu anspruchsvoll ist? Oder weil man die gleiche Po-Obsession teilt wie das Kamerateam? Oder weil man nach "Das Sommerhaus der Stars" noch ein bisschen Rest-IQ übrig hat und das unbedingt vor dem Schlafengehen noch ändern will?
Es gibt viele Gründe, warum man sich "Paradise Hotel" ansehen sollte – nur keinen einzigen vernünftigen.
Das Fazit
Sex-Sprüche, Hintern in Nahaufnahme, Flaschendrehen, bereitgestellte Kondome: Weder die Teilnehmer noch RTL lassen Zweifel darüber, dass das einzige Ziel des Ganzen der Geschlechtsverkehr vor laufender Kamera ist.
Für die Kandidaten kann man das mit maximaler Toleranz als Ziel gelten lassen, für RTL allerdings nicht. Ein bisschen mehr sollte der Sender von sich und seinen Zuschauern schon erwarten.
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