Gangsterrap, Migration und kriminelle Machenschaften: Der Film "Familiye" zweier bisher unbekannter Deutschkurden birgt allerhand Zündstoff. Moritz Bleibtreu hat den Kinofilm produziert und spricht im Interview über seinen Umgang mit Migration - und das Aus des Musikpreises Echo.
Der Film "Familiye" ist seit acht Jahren in der Mache, Sie sind "nur" als Produzent dabei. Aber dank Ihres prominenten Namens und der Promo, die Sie für den Film machen, bekommt "Familiye" mehr Aufmerksamkeit. Warum ist Ihnen genau dieser Film, dieses Thema so wichtig?
Der Film strotzt nur so von Gefühl. Nachdem ich ihn gesehen hab, war für mich klar, dass ich mich darum bemühe. Ich wollte dem Film die Aufmerksamkeit geben, die er verdient hat.
Wie sieht das aus, wenn Sie einen Film produzieren: Geben Sie Geld und halten sich aus allem raus oder bringen Sie sich auch kreativ mit ein?
Bei diesem Film war ich nicht von Anfang an bei der Herstellung dabei. Er ist mir fertig vor die Füße gefallen.
Da stellten sich nur noch die Fragen: Wie schafft man es, diesen fertigen Film irgendwie das Licht der Welt erblicken zu lassen? Und wie schafft man es, den Film gegebenenfalls ins Kino zu bekommen?
Ich habe mit ein paar Freunden telefoniert. Wir hatten das große Glück, ihn beim Filmfest Oldenburg platzieren zu können. Dann ist Felix Starck von Koryphäen Film darauf aufmerksam geworden. Und jetzt läuft er im Kino.
"Familiye" behandelt kontrovers diskutierte Themen wie Migration oder Gangsterrap. In einem Interview mit der "Zeit" sagten Sie, dass Sie sich als Zehnjähriger den Familien ihrer türkischen Nachbarskinder zugewandt haben. Wie wurden Sie als Deutscher dort aufgenommen?
In gar keiner Weise negativ. Ich war damals fast der einzige Deutsche dort, es gab nicht viele deutsche Familien in der Gegend. Insofern habe ich es mir auch nicht ausgesucht. Es kam einfach so. Und ich bin dort sehr herzlich empfangen worden wie jeder andere Mensch auch.
Bei Integration wird so viel geredet, wobei es doch ganz einfach ist. Integration funktioniert nur durch das Zusammensein. Sonst nähert man sich nicht einander an. Man muss sich begegnen, zusammen arbeiten, reden und leben. Und dann passiert alles andere.
Sie haben auch den alten Linkenspruch "Migration ist keine Einbahnstraße" verwendet. Bleiben wir bei diesem Bild: Was kann jeder Einzelne tun, um Gegenverkehr zuzulassen?
Es wird oft so getan, als wäre Integration ein Rezept. Ich nehme 100 Gramm davon, 50 Gramm davon und am Ende sind wir integriert.
Das ist alles Quatsch. Es geht einfach nur darum, dass man zusammen sein muss. Und dass man sich für sein Gegenüber ein wenig interessiert, in dem Moment, in dem man zusammen ist.
Das hat auch nichts mit Hintergrund zu tun, sondern mit menschlicher Offenheit. Und wenn man damit an die Sache rangeht, kann man sich das Gerede über Integration sparen.
Zum anderen Thema, Gangsterrap: Sie waren einer der wenigen Prominenten, der Farid Bang und Kollegah nach dem Echo-Gewinn verteidigt hat. Nach dem Eklat um die beiden Gangsterrapper wurde die Echo-Verleihung nun sogar gänzlich eingestampft. Wird in Deutschland bei solchen Kontroversen oft zu hysterisch reagiert?
Grundsätzlich werden in Deutschland solche Dinge oft überhitzt diskutiert. Da würde ich mir manchmal eine größere Gelassenheit wünschen.
Aber es ist halt wie es ist. Wenn die Gemüter hochkochen, dann kochen sie halt hoch. Da kann man nichts dagegen machen.
Aber jetzt ist der Echo ohnehin weg. Diese Gefahr besteht ja nun zum Glück nicht mehr. (lacht)
Herr Bleibtreu, vielen Dank für das Gespräch.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.