Sie dachten immer, Reden von Fidel Castro würden ewig dauern? Sie waren der Meinung, Johannes Heesters hätte ein langes Leben gehabt? Sie glauben, Ihre sonntäglichen Besuche bei Oma Inge ziehen sich endlos hin? Sie haben ja keine Ahnung. Sie wissen erst, was wirklich lange ist, wenn Sie das gestrige Finale von "Promi Big Brother" gesehen haben.

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Es gab mal eine Zeit, da war "Big Brother" so etwas wie der große Sittenverfall im Fernsehen. Leute rund um die Uhr zu filmen – undenkbar! Wer macht denn bei so etwas mit? Heute empfinden die Container-Bewohner den dortigen Aufenthalt als "bereichernd" und sind "froh, mitgemacht zu haben." Sendungen wie "Promi Big Brother" sind längst kein Fall mehr für die Aufsichtsbehörden, sondern vielmehr Marketing-Instrument.

Das zeigt zum einen, dass wir uns als Zuschauer offenbar schneller an diese voyeuristische TV-Grütze gewöhnt haben als wir dachten. Und zum anderen zeigt es, wie wenig den Sendern inzwischen daran liegt, gute Fernsehunterhaltung zu zeigen. Die gestrige Finalshow war das beste Beispiel dafür.

Nun ist der leidgeprüfte Fernsehzuschauer gewohnt, dass Fernsehsender mit seiner kostbaren Zeit mitunter etwas schludrig umgehen. Doch während bei Mammut-Sendungen wie "Schlag den Raab", "Wetten, dass..?" oder meinetwegen auch dem "Domino Day" wenigstens irgendetwas passiert, und sei es nur, dass ein Dominostein umfällt, passierte beim gestrigen Finale von "Promi Big Brother" nichts. Überhaupt nichts.

Finale von "Promi Big Brother": nicht mehr als ein Wikipedia-Eintrag

Das ist im Vergleich zu den täglich Folgen der vergangenen Tage, in denen nämlich immerhin nur so gut wie nichts passierte, in der Tat eine Steigerung nach unten. Die einzige, die diesen quälend langen Abend sinnvoll zu nutzen wusste, war eine gewisse Cheyenne Ochsenknecht, Tochter einer noch gewisseren Natascha Ochsenknecht. Doch dazu gleich mehr.

Das einzige, was man in die Nähe eines Ereignisses rücken könnte, war der Umstand, dass Ben Tewaag von den Zuschauern zum Sieger der Show "gekürt" wurde. Letzten Endes ist das aber weniger eine Nachricht als vielmehr eine bloße Ergänzung im Wikipedia-Eintrag der Show.

Ansonsten konnte man den ganzen Abend lang nur zusehen, wie sich die verbliebenen Bewohner selbst dabei zusahen, was sie in den vergangenen zwei Wochen so getrieben haben. Das aber wiederum haben die Fernsehzuschauer ja alles bereits gesehen.

Als Unterhaltungssendung ein Totalausfall

Trotzdem wurde Sat.1 nicht müde, drei Stunden lang die "spannendsten, tollsten, ausgelassensten lustigsten, feucht-fröhlichsten, verrücktesten" und so weiter Momente der Show Revue passieren zu lassen. Oder zumindest das, was man dafür hielt. Kostengünstiger kann man eine dreistündige Live-Show wohl kaum produzieren.

  • In puncto Fernsehunterhaltung, und deswegen sind wir ja hier, war das Finale von "Promi Big Brother" also ein Totalausfall. Was aber bleibt nach zwei Wochen Rund-um-die-Uhr-Promi-Begaffen? Wir haben von "Promi Big Brother", Staffel vier, gelernt, dass:
    Jessica Paszka zwei Brüste hat und von Beginn an keine Angst, diese auch einzusetzen.
  • es die omnipräsenten Geissens wieder einmal ins Fernsehen geschafft haben – ohne aber diesmal dabei gewesen zu sein.
  • Désirée Nick mit einer nicht unerheblichen Portion vorgegaukelter Distinguiertheit und dem Charme einer Sechsjährigen, die gerade die Häschen-Witze für sich entdeckt hat, durch ihre vermeintlich bissigen Kommentare über ihre C-Promi-Kollegen die Absurdität der ganzen Veranstaltung in ein ganz neues Level gehoben hat.
  • einige der teilnehmenden Prominenten offenbar ein sehr großes Bedürfnis haben, zu zeigen, wie sie wirklich sind - was sie jedoch nicht müssten, hätten sie sich vorher anders, weniger oder besser gar nicht gezeigt.
  • der Sieger allen Ernstes einen Pokal, nennen wir ihn einfach mal den Knallchargen-Award, erhält - als sei es nicht schlimm genug, dass die digitalen Zeugnisse dieses Treibens fortan und bis zur Unendlichkeit in den Archiven der ProSiebenSat.1Media SE abrufbar bleiben.

Für eine Show, die nun zwei Wochen lang jeden Tag zu sehen war, ist diese Ausbeute in der Tat gering. Kommen wir also noch einmal zu Cheyenne Ochsenknecht. Als sie ihrer Mutter Natascha nach deren vorzeitigem Auszug im Studio um den Hals fiel, huschte ein flüchtiges "Mama, ich hab' mich tätowieren lassen" über die Lippen der Sechzehnjährigen, mutmaßlich in der Hoffnung, Mama würde in der Show keine Szene deswegen machen. Hätte sie doch. Dann wäre wenigstens irgendetwas passiert.

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