Es hätte die schöne neue Show-Sensation sein sollen. Doch auf echte Spannung muss man zum Auftakt von "The Floor" lange warten. Matthias Opdenhövel versucht, den Anspannungsdruck einfach wegzulächeln - mit mehr oder weniger originellen Sprüchen.

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Beim Essen-Zubereiten gilt bekanntlich die Devise: Viele Köche verderben den Brei. Auf Spieleabende könnte das ähnlich zutreffen. Diesen Eindruck muss man zumindest am Auftaktabend der neuen, zunächst auf sechs Teile ausgelegten Donnerstagabend-Show-Reihe "The Floor" bei SAT.1 haben. 100 Mitspieler hatten sich eingefunden, um beim neuen Marathon-Quiz mitzumachen und sich die Chance auf die Siegprämie von 100.000 Euro zu sichern. Die wird allerdings erst in der Final-Sendung ausgezahlt.

So viel zeigt sich schnell: Es wird in der Sendung nicht nur darum gehen, Schnelligkeit, Schlagfertigkeit und Allgemeinwissen unter Beweis zu stellen. Zunächst einmal ist vor allem eine Wettkampf-Tugend gefragt: Geduld. Und vermutlich auch bequemes Schuhwerk.

Der Großteil der Quiz-Kandidaten auf dem weiten Spielfeld einer steril wirkenden Studio-Landschaft in Blau-Türkis-Lila-Tönen kommt in der Auftaktsendung gar nicht zum Einsatz. Es geht darum, sich auf dem von unten beleuchteten und durch eingeblendete Schriftzüge "lebendig" gemachten "Floor", die Beine in den Bauch zu stehen. Lange. Sehr lange.

Kühle Atmosphäre bei "The Floor" - mit einem Hauch von "Squid Game"

Brav aufgereiht in ihren jeweiligen Feldern warten die Spielerinnen und Spieler erst einmal darauf, von Moderator Matthias Opdenhövel aufgerufen zu werden. Wer sich beim Quiz-Duell vor dem Moderatorenpult bewähren darf, bestimmt die ominöse Instanz "The Floor" höchstpersönlich. Was den Eindruck verstärkt, in einer Inszenierung zu stecken, die Netflix-Nutzer von fern an die zynische Kälte der Erfolgsserie "Squid Game" erinnern könnte.

Mit einem wesentlichen Unterschied: Das Gesehen bei SAT.1 bleibt brav und zum Glück auch völlig frei von Grausamkeit. Mehr noch: Moderator Opdenhövel wirkt bedacht darauf, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Er setzt auf Dauer-Grinsen, auch wenn nicht immer klar ist, woher er die Feelgood-Kraftreserve nimmt. Und er klopft Sprüche: "Mama, es tut mir wirklich leid, dass ich eine Abendshow in Sneakern moderiere", beteuert er entschuldigend, als ihn die Kamera einmal im Ganzen einfängt.

Opdenhövel, Veteran unzähliger Stefan-Raab-Ausdauer-Spielabende, bekannt aus der "Sportschau" und vom ProSieben-Hit "The Masked Singer", spult seinen Job souverän ab. Er schlurft fast schlafwandlerisch sicher durch die Sendung.

Aus der Zeit gefallen

Allerdings schlägt die Grund-Entspanntheit, die zu Opdenhövels herausragenden Qualitäten zählt, gelegentlich auch ein wenig ins Bärig-Bierige um - mit Sprüchen, die bei aller begrüßenswerten Locker-Flockigkeit nicht ganz gut durchdacht wirken. Einmal will er gleich von zwei Spielerinnen wissen, was denn deren Ehemänner machen.

Als er hört, dass die sich während des Studio-Einsatzes ihrer Gattinnen daheim um die Kinder kümmern, platziert er gönnerhaft einen Hinweis, der nach streng emanzipatorischer Linie etwas aus der Zeit gefallen wirkt: "Jetzt kannst du ihn wieder unterstützen", meint der Moderator zu Kandidatin Irina, die zum Ende der Sendung als Tagessiegerin feststeht.

Irina heimst 5.000 Euro Abendprämie ein, weil es ihr gelungen ist, die meisten Felder auf dem noch immer übervollen "Floor" freizuräumen. "Sechs Felder sind ein sehr gutes Polster", sagt sie und freut sich über ihren Sieg.

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Gut möglich, dass man milde sein muss mit Opdenhövel, der auch wirklich keine leichte Aufgabe auf dem "Floor" hat. Immerhin gibt es ständig komplexe Spielregeln zu erklären, die auch das Publikum erst nach und nach verinnerlichen muss. Und von übermotivierten Wettkämpfern ist zumindest anfänglich auch noch nicht viel zu sehen. Das Gros der Duellanten agiert bedächtig, fast übervorsichtig. Und für Moderatoren-Smalltalk bleibt kaum Zeit. "Merke schon", muss Opdenhövel sich eingestehen. "Ihr wollt nicht plaudern, ihr wollt quizzen."

Es ist zu hoffen, dass es bald spannender wird. Wenn nur noch wenige "Feld-Herren" respektive "Feld-Frauen" mitspielen, eröffnen sich andere Chancen. Dann lassen sich auf einen Schwung große Spielflächen gewinnen. Die Hoffnung auf eine wirklich originelle Quizsendung wie "Wer stiehlt mir die Show?" wird zunächst einmal enttäuscht. Die TV-Revolution muss - wie so oft - vertagt werden. Nächsten Donnerstagabend geht's weiter.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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