• RTLZWEI lässt in der neuen Dokusoap Welten aufeinanderprallen: Trash-TV und Pflegeheim-Alltag.
  • Was reißerisch beginnt, entpuppt sich als einfühlsames Aufklärungsformat.
  • Die Botschaft hinter der zweiteiligen Doku: Pflege hat höchsten Respekt verdient!

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Sie ist erfolgreich, selbstbewusst und normalerweise in der Welt der Reichen und Schönen unterwegs: Aleksandra Bechtel wurde in den frühen 90er-Jahren beim Musiksender VIVA bekannt, später moderierte sie unter anderem "Big Brother". Was für die heute 48-Jährige völlig neu ist: In der Seniorenresidenz "Carpe Diem" bei Voerde kennt sie niemand. Mehr noch: Für etwas so Banales wie Trash-TV haben die teils nicht mehr ganz so rüstigen Bewohner keine Antenne. Sie haben andere Sorgen, wie die neue TV-Doku "Prominent und Pflegekraft" zeigt. Existenzielle zumeist.

Es ist ein Kulturschock, aber auch eine sehr lehrreiche Erfahrung, die RTLZwei den Zuschauerinnen und Zuschauern, vor allem aber den teilnehmenden Promis zumutet. Aleks Bechtel hat sich - ebenso wie Reality-TV-Womanizer Calvin Kleinen und Ex- "Bachelorette" Melissa Damilia, auf eine spannende Versuchsanordnung eingelassen.

Promis als Pflegekraft: Isoliert und abgeschoben im Pflegeheim

Für ein Kurzzeit-Praktikum packen Bechtel, Kleinen und Damila in drei deutschen Pflegeeinrichtungen an. Es ist ein Härtetest. Im Land herrscht Pflege-Notstand. Für Eitelkeiten - aber auch für herumtrödelnde Promi-Pfleger, die sich nur selbst in Szene setzen wollen - ist kein Platz. "Es war schon interessant zu sehen, wie das Gebiss im Mund verschwand", staunt Bechtel. Sie darf sich für keinen Job im Heim zu fein sein.

So erklärt Melissa Damilia Senioren ihre "Bachelorette"-Teilnahme

Durch ihre Liebessuche bei "Bachelorette" wurde Melissa Damilia einem breiten TV-Publikum bekannt. Den Senioren, die die 26-Jährige in der neuen RTLZWEI-Sendung "Prominent und Pflegekraft" kennenlernt, ist die Datingshow allerdings kein Begriff. Besonders mit einer Bewohnerin ist Damilia sofort auf einer Wellenlänge. © ProSiebenSat.1

Es ist die Welt der Zahnprothesen, der Stützstrümpfe, der über Nacht beschmutzten Betten - und der fiesen Gerüche. Aber nicht nur deswegen gerät Aleks Bechtel - wie ihre beiden jüngeren Kollegen in anderen Pflegeheimen in Feuchtwangen und in Franken - rasch an ihre Grenzen. Was der Fernsehfrau Tränen in die Augen schießen lässt, ist die Isoliertheit vieler Heimbewohnerinnen und Heimbewohner. Das Gefühl, von Verwandten "abgeschoben" worden zu sein.

Aleksandra Bechtel: "Kein Mensch, mit dem ich sprechen kann"

Schnell kommt die 48-Jährige, die selbst ihre eigene Mutter zu Hause gepflegt hat, ins Grübeln. Tief beeindruckt ist sie von der 93-jährigen Ilse, die in ihren Entscheidungen sehr souverän und abgeklärt wirkt. Ilse erzählt, dass sie einst freiwillig ins "Carpe Diem"-Heim gezogen ist. Grund damals: Sie wollte ihren Kindern nicht zur Last fallen. Inzwischen schauen die nur noch gelegentlich vorbei. "Das hat mir zu denken geben", grübelt Bechtel vor der RTLZwei-Kamera. "Ich hab' ja auch Kinder."

Umso wichtiger ist es für sie, einem ihrer "Lieblinge" eine große Freude zu machen: Günther, ein 84-jähriger früherer Busfahrer, der mit seiner nun schon verstorbenen Frau gerne in den Camping-Urlaub fuhr, hat es Bechtel besonders angetan. Umgekehrt hat auch Günther Gefallen an der Fernsehfrau gefunden. "Ich habe hier keinen Menschen, mit dem ich sprechen kann", klagt er. Aleks möchte das so nicht stehen lassen.

Strandbad ohne Wiederkehr

Sie will Günther glücklich machen - und das schafft sie. Zumindest für einen Ausnahme-Tag. Dafür scheut sie keine Mühe. Für einen ganz besonderen Ausflugstrip leiht sie ein Camping-Mobil aus und bugsiert den Witwer damit auf einen Caravan-Stellplatz ans Strandbad von Voerde. "Kommen Sie mit!", ruft sie dem Rentner zu und hupt freudig. "Wir brennen durch!"

Günther strahlt. Doch dann holt er später mit nur einem Satz die Realität zurück, in der für Kitsch kein Platz ist. "Ich werde hierher nicht mehr kommen." Der 84-Jährige wirkt für einen Tag glücklich. Er weiß aber auch: Ans Strandbad kehrt er wohl nie zurück. Und sehr wahrscheinlich wird er auch Aleksandra Bechtel nicht noch einmal sehen.

Es ist die schonungslose Ehrlichkeit, die Respekt verdient. Obwohl der berechtigte Verdacht lange in der Luft hängt - vor allem, wenn die Kameras zunächst die vielen, unerträglich wirkenden Macho-Sprüche des Möchtegern-Frauenhelden Calvin einfangen: "Prominent und Pflegekraft" ist eben doch kein reißerisches Krawall-Format.

Calvin Kleinen: Dem Ernst der Lage angemessen

Calvin geht Frauen an die Wäsche. Doch er macht das - vor allem, nachdem er von einer sehr resoluten Profi-Pflegekraft an seiner Seite im Bundeswehr-Ton "eingenordet" wurde - sehr dezent. Und durchaus liebevoll. Wie auch Melissa zuckt der junge Mann anfänglich zusammen, als es in den Nah- und sogar Intim-Bereich geht. Aber er bemüht sich darum, den Damen ihre Würde zu lassen. Auch beim Überstreifen von Kompressionsstrümpfen.

Bei allen drei Promis fällt der Groschen: Der Alltag im Pflegeberuf ist hart, oft von der breiten Öffentlichkeit sträflich geringgeschätzt, aber in Wahrheit mehr wert, als man mit Geld bezahlen kann. Die Sendung zeigt nicht nur die Verhältnisse vor Ort in aller Drastik. Sie lässt auch die sonst so extrovertierten Prominenten leise, fast kleinlaut und ganz zum Schluss demütig werden. Dem Ernst der Lage ist das sehr angemessen.

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Der zweite und letzte Teil der Doku "Prominent und Pflegekraft" wird am Dienstag, 29. März, 20.15 Uhr, ausgestrahlt. Teilnehmende Prominente sind dann Reality-Star Kader Loth, Schauspielerin Janine Kunze und der frühere Profiboxer Axel Schulz. (tsch)  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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