Vor allem im Bereich Elektronik und den dazugehörenden Rohstoffen ist Deutschland stark von asiatischen Ländern wie Taiwan und China abhängig. Dies kann bei der instabilen Lage in Südostasien zukünftig zu Problemen führen.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte warnt vor einer steigenden Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von Rohstoff- und Halbleiterimporten. In den vergangenen zehn Jahren sei der Anteil der Einfuhren vor allem aus Asien rasant gewachsen, heißt es in einer am Dienstag vorgestellten Studie des Beratungsunternehmens. Fast ein Viertel aller Halbleiter komme allein aus Taiwan, das Ende März von einem schweren Erdbeben getroffen wurde. Bei Batterien für E-Autos dominierten Importe aus China. Auch beim Batterie-Rohstoff Lithium sei die Volksrepublik der zweitwichtigste Lieferant nach Chile.
"Es ist höchste Zeit, hier einen Kurswechsel vorzunehmen", sagte Jürgen Sandau, für Lieferketten zuständiger Partner bei Deloitte. "Sonst drohen der deutschen Wirtschaft zum Beispiel im Fall eines eskalierenden Taiwan-Konflikts erhebliche Abschreibungen und Verluste." Zwischen dem Inselstaat und China gibt es immer wieder Spannungen, weil Peking die Insel zum Gebiet Chinas zählt, obwohl in Taiwan seit Jahrzehnten eine unabhängige und demokratisch gewählte Regierung an der Macht ist.
Asien im Chip-Geschäft noch konkurrenzlos
62 Prozent der Halbleiter beziehe die deutsche Industrie aus nur fünf asiatischen Ländern, heißt es in der Studie. Der größte Teil entfalle mit 23 Prozent auf Taiwan, dem Sitz des weltgrößten Produzenten TSMC – mit stark steigender Tendenz. Dahinter folgten mit jeweils acht bis 13 Prozent Anteil Malaysia, China, die Philippinen und Thailand.
Dabei habe Deutschland gute Voraussetzungen für den Aufbau einer eigenen Chip-Produktion, sagte Sandau. Denn den wichtigsten Rohstoff Silizium beziehe die Bundesrepublik zu rund drei Vierteln aus Europa. Norwegen sei mit 58 Prozent der mit Abstand wichtigste Lieferant, gefolgt von Frankreich mit 15 Prozent. Die Lieferwege seien kurz, das politische Risiko der Herkunftsländer gering: "Mit Blick auf den Aufbau der Halbleiter-Produktion in Deutschland sind das aktuell gute Voraussetzungen." Weltweit werde der Silizium-Markt dagegen von China mit einem Anteil von 57 Prozent dominiert.
Ganz anderes sehe es beim Batterie-Rohstoff Lithium aus. Hier sei die Abhängigkeit Deutschlands von China sogar noch größer als weltweit. Während China den Angaben zufolge global nur sieben Prozent des Lithium-Bedarfs deckt, liegt der Anteil in Deutschland inzwischen bei 24 Prozent. Seit 2013, als China nur ein Prozent des in Deutschland importierten Lithiums geliefert habe, habe sich der Anteil vervielfacht. Mit diesem rasanten Wachstum sei China im Begriff, Chile als wichtigstem Lieferanten der deutschen Industrieunternehmen den Rang abzulaufen, so Deloitte.
Noch liege Chile mit 47 Prozent zwar vorn, doch 2013 habe der Anteil noch bei 76 Prozent gelegen. Weltweit entfielen weiter 61 Prozent des Lithiums-Geschäfts auf das südamerikanische Land.
Lithium-Abhängigkeit von China wächst – aber, es gibt Alternativen
Sandau empfiehlt auch hier ein Gegensteuern. "Deutschland könnte zum Beispiel seine Lithiumimporte aus Argentinien deutlich steigern." Während das Land weltweit mit 17 Prozent Marktanteil der zweitgrößte Lithium-Exporteur sei, beziehe Deutschland nur ein Prozent seines Bedarfs von dort. Zudem könnten einheimische Vorkommen und verstärkte Importe aus dem europäischen Ausland die Abhängigkeiten reduzieren, empfiehlt Deloitte.
Bei Lithium-Ionen-Akkus, in denen der Rohstoff verwendet wird, liege China bereits klar vorn. 41 Prozent der bezogenen Batterien stammten bereits aus der Volksrepublik. 2013 habe der Anteil Chinas bei nur 27 Prozent gelegen. Fast die Hälfte des Bedarfs werde aber bereits aus Osteuropa gedeckt: 23 Prozent der Akkus stammten aus Polen, 19 Prozent aus Ungarn und sieben Prozent aus Tschechien. Wegen des steigenden Bedarfs an Lithium-Ionen-Akkus für E-Autos werden in Deutschland mehrere Batteriefabriken gebaut, weitere sind in Planung.
Zusammenarbeit mit China wegen der politischen Lage schwierig
Neben dem schwelenden Konflikt zwischen China und Taiwan könnte die Nähe des asiatischen Landes zu Russland ebenfalls zum Problem werden. Jüngst berichteten chinesische Staatsmedien, dass das Land die "strategische Zusammenarbeit" mit Russland verstärken will. "Peking und Moskau werden die strategische Zusammenarbeit auf der Weltbühne weiter stärken und sich gegenseitig kräftig unterstützen", sagte Chinas Außenminister Wang Yi nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Derzeit hält sich sein russischer Kollege Sergej Lawrow zu einem zweitägigen offiziellen Besuch in China auf.
"Die Unterstützung des Volkes ist die Quelle des Fortschritts in Russland", sagte Wang laut der staatlichen russischen Zeitung "Iswestija". "Ich denke, dass das russische Volk unter der starken Führung von Präsident (Wladimir) Putin eine glänzende Zukunft haben wird." In Gesprächen am Dienstag sagte der chinesische Außenminister zudem, China werde die "stabile Entwicklung unter der Führung von Putin unterstützen".
Lawrow dankte China für die Unterstützung nach der Wiederwahl Putins im vergangenen Monat, bei der es keine nennenswerte Opposition gab. Chinas Präsident Xi Jinping habe zu den ersten gehört, "die dem gewählten Präsidenten Putin ihre Glückwünsche übermittelten, und wir sind unseren chinesischen Freunden für diese Unterstützung sehr dankbar", sagte Lawrow einem Video zufolge, das von "Iswestija" im Onlinedienst Telegram verbreitet wurde.
Thema der Gespräche zwischen den beiden Außenministern waren laut Wang auch die Konflikte in der Ukraine und im Gazastreifen. China werde weiterhin eine "konstruktive Rolle" auf der internationalen Bühne spielen und "nie Öl ins Feuer gießen". Beide Nationen müssten sich gegen das "Denken des Kalten Krieges" stellen, gegen "Hegemonie, Tyrannei und Schikane".
Lawrow kritisierte westliche Sanktionen als "unrechtmäßig". Diese würden internationale Normen grob verletzen. "Diese Art der Politik wird zunehmend auch auf China angewendet", betont der russische Außenminister. Der Westen behindere Chinas "wirtschaftliche und technologische Entwicklungsmöglichkeiten", um sich der Konkurrenz zu entledigen. (afp/dpa/the)
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