Wird es künftig Zölle auf chinesische E-Autos geben, die in die EU importiert werden? Die EU-Kommission will nun eine Untersuchung starten. Doch was würden Zölle für die deutsche Autoindustrie bedeuten?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Michael Freckmann sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Verstößt China gegen die Regeln des fairen Wettbewerbs? Das will die EU untersuchen. Ein Verstoß wäre etwa, wenn China seine Autos unter Marktwert oder stark subventioniert in der EU verkaufen würde, so Vincent Stamer, Handelsexperte beim Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) gegenüber tagesschau.de. Für solche möglichen Verstöße hätte nun offenbar die EU entsprechende Hinweise gesammelt.

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"Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt - das verzerrt unseren Markt", sagte Kommissionspräsidentin von der Leyen kürzlich nach Angaben des Tagesspiegels im Europaparlament und machte klar, dass die EU-Kommission hier Handlungsbedarf sieht. Man sei offen für Wettbewerb, aber nicht für "unfaire Praktiken", so von der Leyen. Ein Beispiel, aus dem die europäische Politik gelernt habe, sei die Abwanderung der Solarindustrie gewesen, sagte die Kommissionspräsidentin. Auch hier wirft sie China unfaires Verhalten vor.

Zölle würden nur innerhalb der EU wirken

Nach Berechnungen der EU-Kommission sind aus China importierte E-Autos in der EU im Schnitt 20 Prozent günstiger als solche, die in Europa hergestellt werden, wie das Handelsblatt berichtete. Zuletzt kamen innerhalb der EU acht Prozent der E-Autos aus China. Die EU-Kommission erwartet, dass dieser Anteil in den nächsten Jahren auf 15 Prozent anwachsen könnte. Einen größeren Anteil hatten im ersten Halbjahr 2023 bisher noch E-Autos von VW mit 10,6 Prozent und von Tesla mit 19,4 Prozent.

In der Zwischenzeit wird darüber diskutiert, wie sinnvoll solche Zölle überhaupt wären. "Es gibt in der volkswirtschaftlichen Forschung eindeutige Evidenz dafür, dass EU-Antidumpingzölle – insbesondere auch gegen China – die Importe betroffener Produkte reduzieren, da die Zölle an die Importeure weitergereicht werden und die Preise steigen", sagt Alexander Sandkamp vom Kiel Institut für Weltwirtschaft im Gespräch mit unserer Redaktion. Zwar stärke eine solche Zollpolitik dann die innereuropäische Industrie. Doch gelte dies nur für den Markt innerhalb Europas, so Sandkamp.

Anders sehe dies auf den Märkten außerhalb von Europa aus, auf denen die deutschen und chinesischen Automobilkonzerne ebenfalls im Wettbewerb stünden, so der Kieler Wirtschaftsforscher. Zudem weist Sandkamp darauf hin, dass zwar China zuletzt seinen Anteil an E-Autos in Europa erhöhen konnte. Doch dies liege auch zum Teil an Tesla, das im chinesischen Shanghai ein Werk betreibe. Gleichzeitig sei es bereits gelungen, dass deutsche und spanische Autohersteller ihre Anteile in Europa ausbauen konnten.

VW zeigt sich kritisch gegenüber EU-Zöllen

Derweil äußerte VW Kritik an möglichen Zollplänen der EU. "Ich halte nichts von Strafzöllen und Einfuhrbeschränkungen", sagte VW-Markenchef Thomas Schäfer laut Focus Online. Zudem soll die chinesische Führung dem deutschen Autobauer klargemacht haben, dass Zölle durch die EU zu entsprechenden Gegenmaßnahmen durch Peking führen würden.

Die französische Politik hat bereits eigene Überlegungen zu dem ansteigenden Anteil chinesischer E-Autos in Europa angestellt, berichtete die HNA. Die staatlichen Förderungen für Elektroautos in Frankreich sollen sich künftig auch an der Produktion des Autos bemessen. Es wird darum gehen, wie viel CO2 bei der Fertigung des Wagens entstanden ist.

So sollen auch chinesische E-Autos seltener gefördert werden. Denn chinesische Autos hätten oft Batterien, die mit Energie aus Kohlekraftwerken hergestellt würden. Solche Autos hätten dann eine schlechte Energiebilanz und dafür würden französische Kunden kaum noch eine Förderungen bekommen. Auch die USA sind schon weiter in ihrer Diskussion als die meisten Europäer. In den USA gilt schon jetzt ein Zollsatz von 27 Prozent auf E-Autos aus China.

China könnte seinerseits Zölle erheben und diese auf Verbrenner ausweiten

In der deutschen Politik war man bisher zurückhaltend, was die Beurteilung von möglichen Zöllen auf chinesische E-Autos angeht. Bis diese Woche der deutsche Verkehrsminister deutlich wurde: "Ich halte grundsätzlich nicht viel davon, Marktbarrieren aufzubauen", sagte Volker Wissing der Augsburger Allgemeinen. Der deutsche Verkehrsminister schlägt stattdessen vor, dass man die Autos deutscher Konzerne "wettbewerbsfähig produzieren" solle – "für Deutschland und für die Weltmärkte".

Sandkamp weist ebenfalls darauf hin, dass die Gefahr bestehe, dass China als Gegenreaktion Zölle für Autos aus europäischer Produktion erheben könnte. Der Stand der europäischen Hersteller bei E-Autos sei in China gegenwärtig ohnehin jetzt schon kein leichter. Zudem könne es dazu kommen, dass die chinesische Regierung die Zölle dann auch auf Verbrenner oder gar andere Branchen ausweiten könnte.

Zur Person:

  • Alexander Sandkamp ist Juniorprofessor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Quantitative Außenhandelsforschung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Mitglied des Forschungszentrums Handelspolitik am Kiel Institut für Weltwirtschaft.

Verwendete Quellen:

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