Der Bundeshaushalt für das Jahr 2025 scheint in trockenen Tüchern zu sein. Jedoch könnte der hart erarbeitete Kompromiss der Ampel-Regierung gleichzeitig ein weiterer Sargnagel für die Verkehrswende Deutschlands sein.

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Die Ampel in Berlin hat es noch einmal geschafft. Nach wiederholten Reibereien der drei Koalitionsspitzen um Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) steht der Bundeshaushalt für 2025 jetzt. Aber ohne ein paar Tricks ging es nicht. Jetzt könnte jedoch einer dieser Tricks dazu führen, dass Bahnfahren in Deutschland bald wesentlich teurer wird. Oder es könnte zu zahlreichen Streichungen von Verbindungen im Fern-, Güter- und Nahverkehr kommen.

Bundeshaushalt 2025 bringt die Bahn in Bedrängnis

Nach exklusiven Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" (hinter einer Bezahlschranke) könnte die Umetikettierung der Zuschüsse zur Sanierung des Schienennetzes der Bahn, die eigentlich im Haushalt 2025 vorgesehen waren, in Eigenkapital zu massiven Kostensteigerungen führen. Denn die Bahn ist nun verpflichtet, Zinsen für dieses Eigenkapital zu erwirtschaften. Das geht wohl nur, durch Erhöhung der Trassenpreise.

Trassenpreise sind die Gebühren, die Unternehmen entrichten müssen, die das Schienennetz der Deutschen Bahn benutzen. Dazu zählen auch die Betreiber der Nahverkehrs- und S-Bahnbetriebe in den Städten und Ländern. Verantwortlich für die Erhebung der Gebühren ist die Bahn-Tochter DB Infrago. Ihr Eigenkapital wurde, wie schon erwähnt, erhöht. Nun muss ist sie gezwungen, Zinsen für dieses Eigenkapital zu erwirtschaften und das ist wohl nur mit Erhöhung der Preise zu stemmen. "Dass Baumaßnahmen in diesen Größenordnungen mit Eigenkapital finanziert werden, ist neu und bisher im System nicht angelegt", sagt Philipp Nagl, Vorstandschef der DB Infrago der "SZ". "Das Trassenpreissystem war im Ursprung auf Baukostenzuschüsse ausgelegt."

Sollte es so weit kommen, dann drohen ab 2026 kräftige Preiserhöhungen. Die Trassenpreise bei Fernzügen könnten um zehn Prozent, bei Güterzügen um 15 Prozent und bei S-Bahnen sowie im Regionalverkehr sogar um 23 Prozent (gerundet) steigen. Die Regierung schlage einen "völlig falschen Weg" ein, sagt Martin Burkert, Chef der Bahngewerkschaft EVG und selbst Teil der Ampelkoalition als SPD-Bundestagsabgeordneter.

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Trassenpreise steigen schon 2025

Ein Schock für die deutschen Bahnunternehmen, den sie erst einmal herunterschlucken müssen. Derweil sind sie noch nicht mal mit dem Verdauen der Preiserhöhungen für 2025 fertig. Denn schon vor der Umstellung auf die Eigenkapitalfinanzierung müssen die Trassenpreise empfindlich erhöht werden. Beim Güterverkehr steigen die Preise um 16,2 Prozent, beim Fernverkehr um 17,7 Prozent. Der Nahverkehr kommt mit 0,6 Prozent sogar noch gut weg. Das hat auch einen Grund.

Ursprünglich war eine höhere Preissteigerung angedacht. Jedoch sind im Nahverkehr per Gesetz nur eine Steigerung von maximal drei Prozent pro Jahr angedacht. Die Netzagentur, die für die wichtigsten Infrastrukturrouten durch Deutschland verantwortlich ist, schritt deshalb ein und drückte den Preisanstieg. Ob das für 2026 noch einmal möglich ist, ist fraglich. Denn dann müsste der Fern- und Güterverkehr das Defizit erneut auffangen. Dies könnte viele Verbindungen so teuer machen, dass sie sich nicht mehr lohnen.

Infrago-Chef Nagl dazu: "Der Nahverkehr muss an notwendigen Steigerungen der Trassenentgelte so beteiligt werden, wie das seinem Anteil entspricht – das sind knapp zwei Drittel des Gesamtverkehrs in Deutschland." Nagl weiter, "wir können und wollen den Fernverkehr und die Güterverkehrsbranche nicht zu hoch belasten". Würden weniger Züge fahren, fehlten Einnahmen, die "wir dringender denn je brauchen". Man arbeite derzeit mit dem Bund an einer Lösung, heißt es weiter.

Sollten die Preise für den Nahverkehr steigen, sind auch die Länder gefragt. Die freuen sich überhaupt nicht auf die Neuigkeiten aus Berlin. "Sollte sich das Vorhaben bestätigen, dass die DB Infrago von 2026 an die Trassenpreise drastisch erhöhen will, dann ergeben sich für den Nahverkehr auf der Schiene in den Ländern erheblich Probleme", warnt Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bei der "SZ". "Die Länder können nicht einfach zusätzliche Trassenkosten übernehmen, um die mangelhafte Finanzierung der Bahn auszugleichen." Er schiebt den Schwarzen Peter an den Bund. Vertreter aus anderen Ländern geben ihm recht.

Bund will Konzept erarbeiten

Der Bund in Form des Verkehrsministeriums von Volker Wissing (FDP) will den oben erwähnten Verzinsungsanspruch senken, da das Eigenkapital höher ausfällt, als ursprünglich geplant. Das helfe aber nur bedingt, heißt es weiter. Außerdem soll es Zuschüsse zu den Trassenpreisen im Fern- und Güterverkehr geben. Für den Nahverkehr seien die Länder verantwortlich, gibt das Verkehrsministerium den Schwarzen Peter zurück.

Jedoch soll es "zeitnah einen konkreten Fahrplan" für die Bahnbranche geben, kündigt das Verkehrsministerium weiter an. Diese Ankündigung gibt es allerdings schon, seit sich die Ampel-Regierung 2021 zusammengeschlossen hat.

Die Bahnbranche ächzt derweil unter diesen immer neuen Hiobsbotschaften. Der Verband "Die Güterbahnen" etwa wirft der Regierung eine "desaströse Vereinbarung" beim Bundeshaushalt zulasten der Eisenbahn vor. Von der großen Verkehrswende "von der Straße auf die Schiene" scheint nicht mehr viel übrig geblieben zu sein. (the)

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