Verfärbte Stämme, welke Blätter, kaum Triebe: Ein aus Asien stammender Pilz befällt auch in Deutschland reihenweise Eschen. Förster können ihn nicht aufhalten, sehen aber einen winzigen Lichtblick.
Wolfhardt Paul deutet auf den Stamm der jungen Esche. Etwa auf halber Höhe des mannshohen Baumes ist die Rinde grau verfärbt, aufgeplatzt und teilweise abgeblättert. "Ab hier ist der Baum tot", sagt der Experte des Landesforstbetriebs Sachsen-Anhalt. Förster Jens Dedow, Leiter des Reviers Elbaue, steht neben Paul in einem Auenwald bei Magdeburg und ergänzt: "Als ich das zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich noch, es wären Frostschäden."
Inzwischen ist klar, dass nicht die Kälte zum reihenweisen Absterben der Eschen führt, sondern ein aus Asien eingeschleppter Pilz: Das Falsche Weiße Stängelbecherchen. Nach Angaben des bundesweit zuständigen Julius Kühn-Instituts in Braunschweig hat sich der Pilz seit einigen Jahren in ganz Deutschland ausgebreitet und auch in Europa.
In Sachsen-Anhalts Landeswald wachsen auf 2500 Hektar Eschen. Rund die Hälfte davon ist bereits von der Erkrankung betroffen, schätzt Experte Paul. Besonders in den Auenwäldern entlang der Flüsse macht sich das Problem bemerkbar. "Die Esche als Baumart ist massiv bedroht." Der 53 Jährige deutet auf eine große Freifläche mitten im Waldgebiet. "Hier war mal alles voller Eschen - jetzt steht keine einzige mehr." Am Rand der Lichtung kämpfen noch ein paar vereinzelte Exemplare mit dem Eindringling aus Asien.
Hinzu komme, dass die geschwächten Eschen auch anfällig für andere Schädlinge und Krankheiten werden, sagte Förster Dedow. "Das ist wie beim Menschen: Hast du schon eine Erkältung, kriegst du eher noch eine Lungenentzündung", verdeutlicht Dedow.
Unklar, wie der Pilz nach Europa kommt
Wie der Pilz den Weg von Japan und China nach Europa geschafft hat, ist noch unklar. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) vermutet, dass importierte Pflanzen der Ursprung sind. "Es ist halt eine globale Welt geworden", bemerkt Paul. Weil sich der Pilz unter anderem über die Luft überträgt, ist er kaum zu bekämpfen. "Es gibt kein Gegenmittel", erklärt Sylke Mattersberger vom Landeszentrum Wald, das sich um den Privatwald im Land kümmert. "Da sind wir richtig hilflos."
Auch neue Eschen zu pflanzen, macht deshalb aus Sicht der Experten keinen Sinn. Die Förster setzen hierbei derzeit vor allem auf die widerstandsfähigere Eiche. Die habe auch das große Elbhochwasser vor dreieinhalb Jahren überraschend gut überstanden, sagt Paul. "Unser Ziel sind Mischbestände." Wenn dann zwischendrin mal eine Esche abstirbt und gefällt werden muss, entstehe nicht gleich eine Freifläche mitten im Wald.
Ein Verschwinden der Esche wäre - da sind sich alle Experten einig - ein großer Verlust. "Das ist eine uralte Baumart, die nach der Eiszeit als eine der ersten wieder heimisch wurde bei uns", weiß Paul. Zudem sei die Esche für die Forstbetriebe auch wirtschaftlich wichtig, auf dem Holzmarkt ließen sich gute Preise erzielen. "Das Holz der geschädigten Bäume lässt sich natürlich schlechter verkaufen." Die Esche gehöre wegen ihrer hohen Holzqualität eigentlich zu den Edellaubhölzern.
Einen Lichtblick sieht der Experte darin, dass es immer wieder auch widerstandsfähige Eschen gibt, denen der Pilz scheinbar nichts anhaben kann. Einzelne Bäume haben offenbar genetisch bessere Anlagen. "Das gibt uns die Hoffnung, dass die Baumart doch nicht ausstirbt", so Paul. So richtig optimistisch klingt er aber nicht. © dpa
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