Obdachlosigkeit ist nicht nur im Winter gefährlich, sondern auch bei Hitze. In Berlin sind daher Kältebusse zu Hitzebussen umfunktioniert worden. Barbara Breuer von der Stadtmission erklärt, wieso diese Initiative so wichtig ist für wohnungslose Menschen und wie man sich verhalten kann, um Menschen zu helfen.

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Wenn es heiß wird, dann ist für die meisten Menschen klar, was zu tun ist: Viel Wasser trinken, Sonnencreme auftragen oder am besten gar nicht erst rausgehen. Aber was ist mit denjenigen, die kein Zuhause haben?

Obdachlose Menschen sind der Hitze meistens schutzlos ausgeliefert. Gerade in zubetonierten Städten gibt es nur wenige schattige Ausweichmöglichkeiten und keinen Zugang zu frischem Trinkwasser. Und die erfrischende Dusche, die viele von uns nach heißen Sommertagen lockt, ist für Menschen auf der Straße eher ein ferner Traum.

Es wird heiß - und damit gefährlich

In der Kleiderkammer der Berliner Stadtmission erhalten obdachlose Menschen Kleidung, um sich vor Hitze zu schützen, Sonnencreme wird verteilt, die Menschen können in Hygienezentren duschen und in der Bahnhofsmission bekommen sie Erfrischungen.

Außerdem werden die bekannten Kältebusse, die dieses Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum feiern, zu Hitzebussen umfunktioniert. Diese verteilen ebenfalls Kleidung und Sommer-Schlafsäcke und bringen die Menschen bei Bedarf in die Ambulanz der Stadtmission oder ins Krankenhaus. Auch in Hamburg, Stuttgart und Freiburg gibt es entsprechende Angebote.

Notunterkünfte im Sommer? Fehlanzeige

Angebote für obdachlose Menschen, wie etwa Notunterkünfte, werden nur über den Winter finanziert und sind im Sommer geschlossen. Für Barbara Breuer, Pressesprecherin der Berliner Stadtmission, ein Missstand: "Für uns ist ganz klar: Hilfe für obdachlose Menschen muss ganzjährig kommen, nicht nur im Winter, sondern eben auch im Sommer, Frühling und Herbst."

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Ein weiteres Problem der geschlossenen Notunterkünfte ist auch, dass der Kontakt zu den Menschen abbricht. "Normalerweise sieht man die Menschen im Winter alle paar Tage in der Notunterkunft und bekommt ein Gefühl dafür, wie es ihnen geht und was sie brauchen. Wenn dieser Kontakt wegfällt, wie im Sommer, dann wird es auch für uns schwierig."

Auch darum ist der Hitzebus wichtig: "Es geht einfach darum, nach dem Rechten zu sehen und Ansprechpartner für die Menschen zu sein."

Städte besonders heiß

Hitze in Städten kann besonders brutal sein. Das liegt an den versiegelten Straßen und an den verwendenden Materialien wie Beton, Asphalt, Glas und Metall, die sich tagsüber aufheizen und diese Wärme dann abends wieder abgeben. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fällte gerade erst ein vernichtendes Urteil: Die meisten Städte schützen ihre Bewohner nicht ausreichend vor extrem hohen Temperaturen.

Hitze wird oft unterschätzt, kann aber schnell gefährlich werden. Vor allem Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen oder jene, die sich selbst nicht gut schützen können, wie Drogenabhängige, Menschen mit psychischen Erkrankungen und eben Obdachlose, sind durch Hitze gefährdet.

Typische Auswirkungen sind zum Beispiel Hitzeschläge, Sonnenstiche oder ein Hitzekollaps. Hitze ist für den menschlichen Körper Schwerstarbeit. Obdachlose, die ihr gesamtes Hab und Gut bei sich haben und ihre Winterklamotten nicht in einem Schrank einmotten können, überhitzen deshalb deutlich schneller.

Auch deswegen sind Kleiderspenden immer gern gesehen. Besonders gebraucht werden derzeit Schuhe und Unterwäsche für Männer. "Viele Menschen sind grade im Urlaub, da haben wir immer ein bisschen Not", sagt Breuer. "Außerdem erhalten wir vor allem Spenden für Frauen. Dabei sind 80 Prozent der Menschen, die auf der Straße leben, männlich. Bei den Personen, die spenden, ist das Verhältnis aber genau andersrum - Frauen spenden mehr als Männer."

"Man sollte die Leute ernst nehmen, auch wenn sie nicht so schick gekleidet sind und nicht so gut riechen."

Barbara Breuer von der Stadtmission Berlin über den richtigen Umgang mit obdachlosen Menschen

Aber was kann man für obdachlose Menschen an heißen Tagen tun? Breuer empfiehlt: "Die Person freundlich ansprechen, Sachen anbieten, wie zum Beispiel eine Flasche Wasser. Wenn die Person in der prallen Sonne sitzt, kann man auch anbieten, sich in den Schatten zu setzen. Es sind kleine Dinge, die schon helfen können. Wenn jemand nicht mehr ansprechbar ist, dann sofort den Rettungswagen rufen. Da zögern sehr viele Menschen noch."

Erst neulich, erzählt sie, kam es zu einer kritischen Situation. Ein obdachloser Mann habe mehrere Passanten auf der Straße gebeten, ihm einen Notarzt zu rufen, da er sich nicht gut fühle. Er wurde ignoriert. Am Ende fanden ihn Freiwillige mit dem Hitzebus und riefen einen Krankenwagen. Es stellte sich heraus, dass der Mann eine Sepsis hatte: "Das war wirklich kurz vor knapp." Breuer appelliert hier an die Menschen: "Man sollte die Leute ernst nehmen, auch wenn sie nicht so schick gekleidet sind und nicht so gut riechen."

Über die Gesprächspartnerin

Infos zum Hitzebus Berlin

  • Einsatzzeiten: Mittwoch bis Sonntag, 13 bis 18 Uhr
  • Telefonnummer 030-690333 690
  • Formular zur Meldung, wo sich obdachlose Menschen im Sommer aufhalten, damit die Hitzehilfe sie finden kann.

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