Erst in Baden-Württemberg, jetzt in Schleswig-Holstein: Immer neue Herpes-Fälle werden in Deutschland bekannt. Bislang sollen bei der aktuellen Welle bereits fünf Pferde gestorben sein…

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Gerade kann der Reitverein Waiblingen aufatmen: 27 Pferde erkrankten dort am Equinen Herpesvirus (EHV), ein Pferd starb. Doch mittlerweile sind alle Pferde fieberfrei. Auch die selbstverhängte Quarantäne ist nun verstrichen, das Absonderungszelt wird abgebaut. Bald kann der Reitplatz wieder wie gewohnt genutzt werden – und bis auf ein Pferd können auch alle Schulpferde wieder am Reitunterricht teilnehmen. Das berichtet der "Zeitungsverlag Waiblingen".

Während das Team in Waiblingen aufatmet, sind derweil Ställe in Norddeutschland in Sorge. Denn nun greift dort Herpes um sich. Bisher vier Todesfälle sind allein in Schleswig-Holstein, einer Hochburg der deutschen Pferdezucht, zu beklagen – das berichtet "vetcontact". Betroffen ist auch die Hengststation Dirk Ahlmann in Reher. Von den 60 Pferden sollen 40 erkrankt sein. "Leider hat es uns letzte Woche auch erwischt und wir hatten einige Pferde im Sportstall, die sich mit Herpes infiziert haben", schreibt der Stall auf Facebook.

"Von einem 4-jährigen Pferd mussten wir uns leider verabschieden, vier weitere Pferde haben neurologische Befunde, von denen es zwei Pferden bereits deutlich besser geht." Aktuell werden die Pferde intensiv betreut: "Wir werden medizinisch professionell unterstützt und hoffen, dass wir bald möglich zu unserem Alltag zurück kehren können", so das Team. Es hatte auch ein bisschen Glück im Unglück: "Ein Glück ist unser Hengststall verschont geblieben."

Pferde-Herpes in Niedersachsen und Schleswig-Holstein: Turniere abgesagt

Die Folgen treffen vor allem Turnierreiter. Denn: Immer mehr Turniere werden abgesagt. Darunter auch der "Club der Springreiter" in Elmshorn, der am 18. und 19. März stattgefunden hätte. "Herpes ist wieder präsent", teilen die Veranstalter auf Instagram mit. "Zudem sind beim Holsteiner Verband die Auktionspferde eingestallt und das Risiko zu groß." Auch das Turnier in Friedrichshulde wurde abgesagt.

Auch in Osnabrück-Voxtrup in Niedersachsen hat sich ein Pferd mit Herpes infiziert. In der näheren Umgebung fallen daher in den nächsten Wochen ebenfalls unter Umständen Turniere aus. So auch das Reitturnier des Reit- und Fahrvereins Bad Iburg, das für den 29. und 30. März auf der Reitanlage der Familie Averdiek-Bolwin geplant war. Das berichtet die "noz".

Warum gerade so viele Pferde Herpes bekommen

Und nicht nur Schleswig-Holstein ist betroffen: Weniger Tage zuvor gab es auch in einem Reitstall in Osnabrück-Voxtrup einen Herpes-Fall. Hier ist ein Pferd betroffen. Ein für das vergangene Wochenende geplante Reitturnier wurde vom Verein daher vorsichtshalber abgesagt. Mit weiteren Fällen wird gerechnet.

Warum gerade jetzt so viele Herpes-Fälle wie in Schleswig-Holstein und Waiblingen auftreten? Einer der Gründe: Herpes gilt als "Winter-Krankheit". Zwar kann Herpes das ganze Jahr über auftreten, dennoch ist es vor allem eine saisonale Krankheit. Der Grund: In der nasskalten Jahreszeit sind die Bedingungen für das Virus am günstigsten. Deswegen treten Ausbrüche häufig beim Übergang zum Winter auf, also zwischen Herbst und Winter sowie zwischen Winter und Frühjahr.

Herpes-Impfung wird empfohlen

Und die Infektion geht schnell: Der Erreger gelangt durch Tröpfchen beim Husten oder Schnauben in die Umgebung und kann auf diesem Wege andere Pferde erreichen. Das Fatale: Es gibt keinen 100-prozentigen Schutz vor dem Virus. Experten gehen davon aus, dass rund 80 Prozent aller Pferde mit EHV infiziert sind. Doch in den allermeisten Fällen "schläft" das Equine Herpesvirus ihr Leben lang in ihnen. Der Grund: In vielen Fällen verläuft die Erkrankung völlig ohne Symptome.

Ein gewissen Schutz bietet eine Impfung. Doch auch sie kann den Ausbruch der Krankheit nicht verhindern. Geimpfte Pferde sollen aber nicht so schwer erkranken. Obwohl die Impfung umstritten ist, empfiehlt die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) die EHV-Impfung schon seit vielen Jahren. Und nach dem Ausbruch in Valencia hatte unter anderem die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) eine Herpes-Impfpflicht für Turnierpferde beschlossen. So sollten die Menge zirkulierender Herpesviren durch infizierte Pferde deutlich reduziert werden.

Denn: Geimpfte Tiere scheiden weniger Viren aus. Daher ist es wichtig für den Erfolg der Impfung, dass möglichst alle Tiere eines Bestandes geimpft werden. Nach rund eineinhalb Jahren wurde die Impfpflicht zwar wieder abgeschafft. Dennoch empfiehlt die StIKo Vet weiterhin, Pferde gegen Herpes impfen zu lassen.

Pferde vor einer Herpes-Infektion schützen

Der Pferdesportverband Schleswig-Holstein e.V. erinnert aus aktuellem Anlass an die richtige Stallhygiene. "Herpesviren werden überwiegend durch direkten Kontakt zwischen Pferden (Tröpfcheninfektion) seltener durch indirekten Kontakt (…) übertragen". Zu dem indirekten Kontakt zählen beispielsweise Viren auf Putzzeug, Schubkarren, Eimern oder den Händen von Pferdepflegern.

"Durch konsequente Umsetzung von Quarantäne- und Hygienemaßnahmen im betroffenen Bestand besteht für externe Pferdehaltungen kein Grund zur Besorgnis", so der Verband. Auch müssten Veranstalter "nach derzeitigem Kenntnissstand" nicht unbedingt Turniere oder Auktionen absagen. "Natürlich obliegt diese Entscheidung aber einem jeden Anlagenbetreiber selbst."

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Generell gelte auch an Ställen, die derzeit keinen Herpes-Ausbruch verzeichnen:

  • Nicht jedes Pferd beim Eintreffen im Stall zur Begrüßung an Kopf oder Nüstern streicheln.
  • Ponys und Pferde, die nicht täglich zusammen auf der Weide stehen, nicht aneinander schnuppern lassen.
  • Das Pferd nach dem Training nicht an sich scheuern lassen und danach das Pferd oder Pony einer Freundin halten.
  • Beim Verlassen des Stalls die Hände waschen und zum Beispiel die Jacke wechseln, wenn es danach noch in einen anderen Stall geht.

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