• Wir tun an diesem Wochenende wieder das, was nur noch jeder Fünfte in Deutschland für eine gute Idee hält: die Uhren umstellen.
  • Währenddessen hat mit Mexiko ein weiteres Land beschlossen, die Zeitumstellung abzuschaffen - und folgt damit dem dringenden Rat der Wissenschaft.

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Energiesparen ist nicht nur ein hochaktuelles drängendes Thema, sondern war 1980 auch der Grund, warum hierzulande die Zeitumstellung eingeführt wurde. Nur hat sich gezeigt: Dieser erhoffte Effekt ist kaum spürbar. Alle sechs Monate sorgt daher das Umstellen für Debatten. Auch dieses Jahr wieder, wenn am 30. Oktober die Sommerzeit endet und die sogenannte Winterzeit - die Normalzeit - beginnt.

Ein weiteres Land bereitet dem nun ein Ende: Mexiko schafft die Zeitumstellung ab, wie am Mittwoch bekannt wurde. Damit folgt die dortige Politik dem Beispiel von Ländern wie Japan, Island, China, der Türkei, Brasilien und weiteren Nationen, die diesen Schritt bereits gemacht haben, teilweise schon vor Jahrzehnten. Oder die gerade auf dem Weg dazu sind: In den USA stimmte der Senat dieses Jahr für eine dauerhafte Sommerzeit.

Mexiko nennt als Grund die gesundheitlichen Nachteile durch die Zeitumstellung, die auch Mediziner und Schlafforscher immer wieder betonen. Auch Menschen in Deutschland spüren es Jahr für Jahr am eigenen Leib. Aktuell gibt fast jeder Dritte an, nach einer Zeitumstellung schon einmal körperliche oder psychische Probleme gehabt zu haben. Der ermittelte Wert ist laut einer aktuellen repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit der "höchste der vergangenen zehn Jahre" und in diesem Zeitraum um acht Prozentpunkte gestiegen. Frauen leiden mit 40 Prozent fast doppelt so häufig unter Gesundheitsproblemen im Zuge der Zeitumstellung wie Männer (23 Prozent).

Mehrheit wünscht sich Abschaffung der Zeitumstellung - Pläne liegen auf Eis

Die Forsa-Umfrage verrät auch: Nur noch 20 Prozent der Befragten halten die regelmäßige Zeitumstellung noch für eine gute Idee. Besonders niedrig ist die Zustimmung im Osten Deutschlands. Neben gesundheitlichen Problemen und erhöhter Gefahr im Straßenverkehr hat die Umstellung noch ganz andere Auswirkungen: Fast jeder Fünfte kam etwa schon einmal zu spät in die Arbeit, nachdem an der Uhr gedreht worden war.

Die breite Ablehnung der Menschen ist nichts Neues. Bei einer Befragung der EU-Kommission 2018 sprachen sich 84 Prozent für ein Ende des Wechsels zwischen Sommer- und Winterzeit aus. Zwar stimmten nur rund 4,6 Millionen Bürgerinnen und Bürger ab, allerdings war es war die mit Abstand erfolgreichste Befragung, die die Behörde bis dato durchgeführt hatte - und die Beteiligung in Deutschland überdurchschnittlich hoch.

Was allerdings aus dem bekundeten Willen der EU-Bürgerinnen und -Bürger folgte: im Grunde nichts. Die Kommission schlug im September 2018 vor, die halbjährliche Zeitumstellung zu beenden. Die Entscheidung über diesen Kommissionsvorschlag liegt beim Europäischen Parlament und dem Rat. Ein Land, das die EU-Ratspräsidentschaft innehat - aktuell die Tschechische Republik, zuletzt Frankreich - müsste das Thema auf die Agenda setzen, was aber angesichts von Corona, Krieg und Energiekrise im Moment nicht anzustehen scheint.

Dauerhaft Sommer- oder Normalzeit? Klare Ansage der Wissenschaft

Gefürchtet in der EU ist ein Flickenteppich aus Sommerzeit und Normalzeit, sprich: ein ständiges Uhrumstellen bei jeder Grenzüberfahrt. Worauf also sollte man sich einigen: dauerhafte Sommer- oder dauerhafte Normalzeit (die im Volksmund irreführend oft "Winterzeit" genannt wird)? Aus der Wissenschaft sind Warnungen vor allem vor einer dauerhaften Sommerzeit zu hören.

"Sommerzeit" klinge für viele verlockend, weil wir dabei an laue Grillabende denken. Den medizinisch-chronobiologischen Aspekt bei der Frage komplett auszuklammern, so wie es bisher getan werde, dürfe man aber nicht, betont etwa die durch die Corona-Pandemie bekannt gewordene Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim.

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Sonnenaufgang in Hamburg erst um 9:34 Uhr?

Die Chronobiologie befasst sich mit der "inneren Uhr" des Menschen. Für diese ist es erschwerend, wenn es morgens lange dunkel ist - was bei dauerhafter Sommerzeit der Fall wäre. Die Abende sind zwar länger, doch im Hamburg würde es im Winter beispielsweise erst um 9:34 Uhr hell werden. Noch heftiger wäre dieser Effekt weiter westlich: An der spanischen Atlantikküste oder in der Bretagne würde die Sonne am 21. Dezember erst kurz nach 10:00 Uhr aufgehen.

Der Schlafmediziner Alfred Wiater, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), sagte gegenüber dem "Ärzteblatt", dass wir das blaue Licht der Sonnenstrahlung morgens brauchen, "um wach und munter" zu werden. Fehlt das Licht morgens, "sind Konzentration und Aufmerksamkeit eingeschränkt, es besteht das Risiko für Leistungseinschränkungen in der Schule und im Beruf, und es steigt die Unfallgefahr".

Mexiko entschied sich übrigens für die Normalzeit. Oder wie der Präsident Andrés Manuel López Obrador in Anspielung auf eine umgangssprachliche Bezeichnung sagte: Künftig werde nur noch "die Zeit Gottes" gelten.

Verwendete Quellen:

  • dpa
  • ZDF: MAITHINK X vom 31. Oktober 2021 mit Dr. Mai Thi Nguyen-Kim; Thema: Zeitumstellung
  • Ärzteblatt Pro und Contra vom 2.10.18: Sollte die Winterzeit abgeschafft werden?
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