Einer der Attentäter von Paris hat möglicherweise eine der Flüchtlingsrouten über den Balkan genommen und dabei absichtlich Spuren hinterlassen. Sollte das stimmen, liegt die Vermutung nahe, dass der IS damit gezielt Zwietracht in den europäischen Ländern säen will.

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In der Nähe eines der Männer, die sich am Freitag am Stade de France in die Luft gesprengt haben, wurde ein syrischer Pass gefunden. Ob er dem Attentäter zuzuordnen ist, ist noch nicht sicher; ebenso wenig, ob er echt ist.


Klar ist mittlerweile jedoch, welchen Weg der Pass genommen hat. Denn sein Träger ließ sich auf seinem Weg mehrmals registrieren, unter anderem, als er mit einem Boot auf einer griechischen Insel ankam und als er die mazedonisch-serbische Grenze überquerte.

In der hitzigen Debatte über den Umgang mit den Flüchtlingen sorgen Nachrichten wie diese nicht gerade für Beruhigung.

Schon kurz nach den Anschlägen von Paris wurde von manchem Politiker die Flüchtlingsfrage mit der Bekämpfung des Terrorismus verknüpft, etwa vom bayerischen Finanz- und Heimatminister Markus Söder (CSU).

Er sagte in einem Zeitungsinterview, die Zeit unkontrollierter Zuwanderung und illegaler Einwanderung könne nicht so weitergehen. Paris ändere alles, es beginne eine neue Ära.


Falsche Fährte des IS?

Einige vermuten nun, dass genau das das Kalkül der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ist, die sich zu dem Anschlag bekannt hat.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) etwa sagte am Sonntag in der Talkrunde von Günther Jauch, es sei "sehr ungewöhnlich, dass sich ein Flüchtling bewusst in drei Ländern registrieren lässt". Es könne durchaus sein, "dass da eine falsche Fährte gelegt wurde - bewusst".


Auch Justizminister Heiko Maas (SPD) ist überzeugt, dass der IS solche Spuren durchaus absichtlich legen könnte, "um die Flüchtlingsfrage in Europa weiter zu politisieren und zu radikalisieren".

Denn laut Experten ist ein Ziel der Terroristen, Gesellschaften zu spalten, in denen Muslime und Nicht-Muslime zusammenleben. Der IS wolle, "dass es in unseren Staaten einen Konflikt gibt zwischen den gemäßigten demokratischen Muslimen und der Bevölkerung", sagte etwa der Publizist Jürgen Todenhöfer in einem ARD-Interview.

Todenhöfer, der zehn Tage mit IS-Kämpfern in Mossul verbracht und darüber ein Buch geschrieben hat, sagte auch, der IS freue sich nach eigenem Bekunden deshalb auch über Organisationen wie Pegida.

Konflikte zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen in europäischen Staaten wären für den IS aus zwei Gründen wünschenswert: Er könnte sich dann wirkungsvoller als Verteidiger des Islam inszenieren und zudem auf noch mehr Zulauf hoffen.

Denn sollten Vorbehalte gegenüber Zuwanderern oder sogar Übergriffe zunehmen, könne das dazu führen, dass die auf diese Weise Diskriminierten eher geneigt seien, sich zu radikalisieren und sich salafistischen oder sogar terroristischen Bewegungen anzuschließen, sagt der Nahost-Experte Günter Meyer von der Universität Mainz.


Panik schaffen, Zwietracht säen

Ähnlich sieht das der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek. Terroristen wollten Panik schaffen, sie wollten Zwietracht zwischen den Religionsgruppen und dass die Europäer entgegen ihrer Tradition und Aufgeklärtheit handelten, sagte er dem Deutschlandfunk. Eine Willkommenskultur sei der größte Feind der Terroristen.

Über allem steht nach Meinung der Experten das große Ziel des IS, die von ihm angegriffenen Länder zu provozieren und starke Reaktionen hervorzurufen, die dann vielleicht jenen Krieg entfachen würden, den der IS ohnehin schon zu führen glaubt: den Krieg zwischen dem Westen und dem Islam.

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