Deutschnational, asylkritisch, anti-islamisch: Mit ihrem Grundsatzprogramm hat sich die AfD weit rechts neben der Union positioniert. Ein Kernsatz: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland". Mit Mühe und Not verhinderte die Parteispitze, dass sich einige noch radikalere Positionen durchsetzen konnten.

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Mit dem Beschluss des erwarteten anti-islamischen Grundsatzprogramms, aber ohne den ganz großen Skandal, ist der Bundesparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) am Sonntag über die Bühne gegangen.

Rund 2.100 Delegierte diskutierten in den Stuttgarter Messehallen unter hohen Sicherheitsvorkehrungen über das breite Spektrum politischer Themen: innere Sicherheit, die Europäische Union, die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik oder das Abtreibungsrecht.

Zu Aufregern und hitzigen Debattenbeiträgen kam es aber vor allem dann, wenn die Redner zur Zuwanderung und zum Islam das Wort ergriffen.

"Der Islam ist uns fremd und deshalb kann er sich nicht im gleichen Umfang auf die Religionsfreiheit berufen wie das Christentum", erklärte etwa der sachsen-anhaltinische Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider – und erntet dafür großen Applaus.

Es stellt sich angesichts solcher Äußerungen die Frage: Wie rechts ist das neue Grundsatzprogramm der AfD?

Islamfeindschaft oder Islamkritik?

Nach den Wortmeldungen von AfD-Vertretern in den vergangenen Wochen überrascht es kaum, dass es der Satz "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" ins Grundsatzprogramm geschafft hat. Minarette, der Muezzinruf und jegliche Vollverschleierung sollen nach dem Willen der vor drei Jahren gegründeten Partei verboten werden.

Franz-Josef Jung, der Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, hatte schon vor zwei Wochen erklärt, die Positionen der AfD zum Islam zeugten "von eindeutig extremistischem Denken, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar" sei. Die AfD diffamiere pauschal einen ganzen Glauben und wolle die Religionsfreiheit einschränken.

Zwar hat die Partei nun auch ein Bekenntnis zur "Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit" verabschiedet. Der Religionsausübung müssten aber klare Schranken gesetzt werden, heißt es. So will sie etwa das Schächten von Tieren nach jüdischen oder muslimischen Regeln verbieten.

"Der Satz 'Der Islam gehört nicht zu Deutschland' ist eigentlich nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren", erklärt der Extremismusforscher Timo Lochockin bei "n-tv". Die Grenzen zwischen legitimer Islamkritik und rechter Islamfeindschaft waren auf dem Parteitag demnach fließend.

AfD: "Ungeregelte Asylzuwanderung" verhindern

Wie erwartet legten die AfD-Mitglieder auch Wert auf den Schutz Deutschlands vor "Masseneinwanderung vor allem aus islamischen Staaten".

Im Grundsatzprogramm heißt es, dass die "ungeregelte Asylzuwanderung" Deutschland schade. Asylanträge müssten in den Herkunftsregionen entschieden werden, nach Deutschland sollten die Schutzsuchenden gar nicht erst kommen.

Allerdings besannen sich die Mitglieder letztlich auch auf die frühe Position der Partei, wonach Zuwanderung von Fachkräften nach dem Vorbild Kanadas zu begrüßen sei.

So setzten sich zur Erleichterung des Bundesvorstands – man wollte offenbar eine Trennlinie nach ganz rechts ziehen – die ganz drastischen Formulierungen an dieser Stelle nicht durch.

Im Parteiprogramm steht nun: "Für den Arbeitsmarkt qualifizierte Einwanderer mit hoher Integrationsbereitschaft sind uns willkommen."

Auch die mit Spannung erwartete außenpolitische Debatte endete nicht mit dem großen Imageschaden: Die Mitgliedschaft in der Nato wurde von der Mehrheit der Delegierten befürwortet. Keine Kompromisse gab es indes bei der Ablehnung des EU-Beitritts der Türkei.

"Buh"-Rufe für Dialog-Vorschläge

Alles in allem ist eine klare Analyse, ob und wie weit die AfD nach dem Parteitag weiter nach rechts gedriftet ist, schwierig.

Warum? Der für AfD-Verhältnisse moderate Kurs der Parteispitze wurde zwar weitgehend gebilligt, denn die Mitglieder folgten bei den Abstimmungen meist den Leitanträgen.

Wegen des hohen Abstimmungstempos schien vielen Delegierten aber teilweise gar nicht klar, worüber sie da eigentlich entschieden.

Ein Beispiel: Schärfere Formulierungen zur Zuwanderungspolitik vom Samstag wurden einen Tag später plötzlich noch einmal zur Abstimmung gestellt – wo sich die moderatere Tonlage der AfD-Spitze dann durchsetzte.

In wichtigen inhaltlichen Fragen scheint die Partei durchaus flexibel zu sein – damit aber eben auch offen für noch radikalere Positionen.

Allerdings kann man der Führung um Frauke Petry durchaus zugute halten, dass sie die Auflösung des saarländischen Landesverbandes, dem Kontakte ins rechtsextreme Milieu nachgesagt wurden, durchboxte – wenn auch mit knapper Mehrheit. Der rechtsnationale Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke bedauerte diese Entscheidung.

Nichtsdestotrotz strichen die Delegierten beim Islam-Thema alle Aussagen aus dem Leitantrag, nach denen es auch reformbereite Muslime gebe, die man unterstützen müsse. Vorschläge, doch auch mal mit Muslimen ins Gespräch zu kommen, wurden mit "Buh"-Rufen quittiert.

Wo die AfD nun politisch steht? SPD-Vize Ralf Stegner nannte sie eine "zerstrittene und wirre Rechtsaußen-Partei". Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der "Rheinischen Post", sie habe sich "ein tief reaktionäres Programm gegeben und betreibt mit Rassismus und Islamfeindlichkeit eine Spaltung unserer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft".

Und die AfD selbst? "Deutschnational", meinte Frauke Petry. Das sei eine "ganz gute Beschreibung für eine deutsche Partei".

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