Ob von BMW, Mercedes oder Porsche – Sechszylinder aus Deutschland haben weltweit Motoren-Geschichte geschrieben. Doch es gibt auch andere Legenden. Wir haben "Die besten 9" zusammengestellt.

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Sechszylinder-Motoren bekommen längst nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Bei der Faszination laufen ihnen bollernde V8-Maschinen den Rang ab, bei der Verbreitung die klassischen Vierzylinder. Dabei haben Sechszylinder durch den Ausgleich sämtlicher Massenkräfte prinzipbedingt das Potenzial für den perfekten Motor. Bei Laufruhe und Leistungsentfaltung sind sie jedenfalls kaum zu schlagen.

Unterschiedlichste Anordnung von 6 Zylindern

Kein Wunder also, dass Sechszylinder vorwiegend in der Oberklasse und bei Sportwagen zum Einsatz kommen. Doch noch eines macht ihre Welt so spannend: die Vielzahl an Motorkonzepten. Während Achtzylinder-Motoren eigentlich nur V8-Motoren sind, und sich vier Zylinder meist nur in Reihe anordnen, gibt es bei den Sechsern ganz unterschiedliche Varianten.

Dabei ist die Automobil-Historie voll von Beispielen für legendäre Sechszylinder-Motoren. Allein aus der langen BMW-Geschichte ließe sich eine komplette Top 10 befüllen. Wir haben uns für neun Ikonen von unterschiedlichen Herstellern und eine alphabetische Reihenfolge entschieden. Bei den meisten handelt es sich um relativ moderne Aggregate, weil viele Hersteller ihre Motoren immer weiterentwickelten. Bei einigen handelt es sich aber auch um echte Urgesteine. Sehen Sie selbst:

Alfa Romeo 2.9 V6 (690T) aus Giulia und Stelvio Quadrifoglio (bis 540 PS)

Wie schon bei der Auflistung der besten Vierzylinder-Motoren darf Alfa Romeo in dieser Auflistung nicht fehlen. Nicht aus Tradition, sondern weil dieser 2,9 Liter große Kraftprotz eine italienische Kampfansage ist. Im Jahr 2014 – zu einer Zeit, als sich der Rest der Automobilwelt dem Downsizing widmete – entschied sich die Marke aus Turin für eine Wiederbelebung des sportlichen Markenkerns. Die Eckpunkte: Eine neue Plattform für Hinterradantrieb und ein potenter V6-Motor. Den entwickelte dann ein Team rund um den Ex-Ferrari-Mann Gianluca Pivetti.

Jetzt läuft der Bolide seit 2015 vom Band in Termoli an der südlichen Ostküste von Italien. Und tatsächlich versprüht der 90-Grad-V6 mit seinen zwei Turboladern das waschechte italienische Charisma, wie es sonst nur ein Ferrari kann. Die maximale Leistung von bis zu 540 PS erreicht der Kurzhuber (Bohrung x Hub: 86,5 x 82,0 mm) bei 6.500 Umdrehungen. Doch schon früh schiebt er mit mächtigem Drehmoment von 600 Newtonmetern an. Ob sich der Entwicklungsaufwand von – mutmaßlich – einer halben Milliarde für dieses Aggregat gelohnt hat? Für uns auf jeden Fall. Leider kommt der wohl letzte echte Alfa-V6 nur in den zwei Quadrifoglio-Modellen von Stelvio und Giulia zum Einsatz.

Audi 3.0 TDI V6 (VW EA897) mit bis zu 350 PS

Auch wenn die Motorenbaureihe EA897 (steht für Entwicklungsauftrag) eine VW-Kennung hat, so wurde das Dreiliter-Dieselaggregat doch maßgeblich von Audi für den Konzern entwickelt. Der in vielen Pukten verbesserte Nachfolger des EA896 befeuert seit 2010 etliche Modelle der Konzernmarken VW, Audi und Porsche – darunter Audi A6 (C7), A7 und Q7, VW Touareg und Amarok sowie Porsche Macan und Cayenne. Und ja – er stand zusammen mit den Vierzylinder-Varianten EA189 und EA288 im Mittelpunkt des Diesel-Skandals. Doch die illegale Abschalteinrichtung hat nichts mit dem soliden Grundcharakter des 90-Grad-V6 und seinem Gusseisenblock zu tun.

Dennoch mussten seit 2016 rund 200.000 Fahrzeuge zurück in die Werkstatt – hauptsächlich Oberklasse-Modelle und SUV. Ob mit oder ohne Software-Update – der bullige Langhuber (Bohrung x Hub: 83,0 x 91,4 mm) schiebt die schweren Wagen spielerisch mit mindestens 500 Newtonmetern an. Die großen Ausbaustufen mit bis zu 350 PS in Audi S6 und Co. bringen es dank zweier Turbolader auf 700 Newtonmeter. Trotz der mächtigen Dieselpower können sieben Liter auf 100 Kilometer an der Tagesordnung stehen. Die schwächeren Modelle sind sogar deutlich sparsamer.

BMW Reihensechser aus dem M3 (S58) mit bis zu 550 PS

Ohne Frage gehören die Münchener spätestens seit den 1970er-Jahren an die Spitze der Sechszylinder-Hersteller. Sich für einen Motor aus der langen BMW-Ahnenreihe von Reihen-Sechszylindern zu entscheiden, ist unmöglich. Der legendäre, butterzart hochdrehende Saugbenziner M30 mit 2,5 bis 3,5 Litern, der seit den 1960er- bis in die 1990er-Jahre gebaut wurde, hätte zu viele Varianten gehabt. Der spätere Vanos-M52, der durch seine Unerschütterlichkeit den 3er (E36 und E46), den 5er (E39) und den Siebener (E38) berühmt machte, kam in die engere Wahl – ebenso der letzte und ausgereifte Saug-Sechser N53, der es aus drei Litern Hubraum auf bis zu 272 PS brachte. Doch am Ende bündelten die BMW-Ingenieure noch einmal all ihre Erfahrung (auch aus dem Rennsport), nutzten modernste Konstruktions- und Fertigungsmethoden, um 2019 das Verbrenner-Zeitalter mit einer wahren Sensation zu krönen: dem S58.

Drei Liter Hubraum, zwei relativ kleine Turbolader und eine extrem solide, fast überdimensionierte Grundauslegung sorgen schon in der schwächsten Ausbaustufe für 460 PS und 550 Newtonmeter Drehmoment. Das Leistungspotenzial ist nach oben offen. Eingesetzt wird er etwa im M2, M3, M4 und X3 M. Im serienmäßigen M3 CS leistet der Langhuber (Bohrung x Hub: 84 x 90 mm) 550 PS, in der GT3-Version sogar 590 PS. Der S58 wird auch bei Alpina-Modellen wie dem B3 oder dem B4 eingesetzt – mit knapp 500 PS aber 730 Newtonmetern Drehmoment. Dass dieser Motor absolut kugelsicher ist, beweisen etliche Tuner. Mit ein paar elektronischen Kniffen sorgen sie spielerisch für mehr als 700 PS – ohne mechanische Eingriffe aber inklusive Garantie. Doch schon im Serienzustand lässt der Power-Reihensechser kaum Wünsche nach mehr Kraft, Leistung oder Drehfreude aufkommen. Ein Motor für die Geschichtsbücher.

Mazda K-Serie aus dem Xedos 9 (KJ-ZEM) mit bis zu 210 PS

Vom Charakter her könnte dieser zarte Japan-V6 nicht unterschiedlicher sein. Wobei zart ausdrücklich auf seine Umgangsformen und die kompakte Bauweise, nicht aber auf seine konstruktive Beschaffenheit bezogen ist. Denn die K-Motorenreihe von Mazda gehörte in den 1990er zu den laufruhigsten, effizientesten und haltbarsten Antrieben. Auch wenn diese Sechszylinder mittlerweile über 30 Jahre auf dem Buckel haben, klingen die Zutaten immer noch hochmodern. Die Japaner verbauten einen Alublock, geschmiedete Kurbelwellen, leichte Pleuel aus pulvergeschmiedetem Karbonstahl und vier über Hydrostößel gesteuerte Ventile pro Zylinder.

Eine neuartige Innovation der K-Serie war zudem die Einführung des "Variable Resonance Induction System" (VRIS). Basierend auf dem Helmholtz-Resonanzprinzip besteht der Ansaugkrümmer aus drei Kammern, die jeweils auf eine bestimmte Resonanzfrequenz abgestimmt sind. Ein Computer wechselt dynamisch zwischen den einzelnen Resonanzkammern, um die passende Resonanzfrequenz für die Motordrehzahl zu erreichen. Dabei blieb Mazda beim Hubraum zurückhaltend – die V6-Varianten reichen von 1,8 bis 2,5 Liter Hubraum. Die Spitze des Eisbergs bildete der KJ-ZEM mit 2,3 Litern Hubraum. Der arbeitet nach dem Miller-Prinzip, bei dem das Einlassventil sehr früh, noch während des Ansaugtaktes schließt. Die Füllung wird dadurch verkleinert, der Verdichtungsdruck und das Expansionsverhältnis bleiben jedoch gleich. Das steigert die Effizienz, sorgt aber für Kompressionsverluste. Um dem entgegenzuwirken setzte Mazda einen Kompressor (Doppelschraube) mit elektronischer Ladedruckregelung ein – wohlgemerkt im Jahr 1995. Dieser Motor arbeitet zusammen mit einer Vierstufen-Automatik auch im Japan-Flaggschiff Xedos 9.

Mercedes-Benz Reihen-Sechszylinder M256 aus S500

Mit Mercedes ergeht es uns ähnlich wie mit BMW. Auch die Stuttgarter haben im Laufe der langen Geschichte unzählige Sechszylinder für die Geschichtsbücher entwickelt. Man denke nur an den Dreiliter-Leichtmetall-Reihensechser des 300 SL mit Trockensumpf-Schmierung, Direkteinspritzung und 215 PS aus dem Jahr 1954! Es folgten viele S-, und SL-Klassen die sich an seidigen Reihen-Sechszylindern – wie dem M104 aus dem gewaltigen W140 – erfreuten. Mitte der 1990er-Jahre wechselte Mercedes-Benz aus verschiedenen Gründen von R6- auf V6-Motoren.

Doch Mitte der 2010er-Jahre entschieden die Verantwortlichen in Stuttgart, eine komplett neue, modulare Motorengeneration für 4- und 6-Zylinder (in Reihe) und sowohl als Diesel wie auch als Benziner zu entwickeln. Allen gemein ist ein Zylinder-Hubraum von einem halben Liter. Die Dreiliter-R6-Diesel-Motoren hören auf den Namen OM656, die ebenso großen Benziner heißen M256. Vorgestellt wurde das komplett neue Hightech-Paket 2017 in der S-Klasse (W222). Auch die Nachfolge-Limousine (W223) verwendet den extremen Langhuber (Bohrung x Hub: 83 x 92,4 mm). Zusammen mit kräftigen Hybrid-Komponenten bringt es das Paket auf eine Systemleistung von 510 PS. Auch in E-Klasse, GLE oder AMG GT kommt der Dreiliter zum Einsatz.

Nissan 3,8 V6 (VR38) aus dem GT-R (R335) mit bis zu 720 PS

Wenn ein Motor fast 20 Jahre lang gebaut wird, dann muss er etwas Besonderes sein. Allerdings wusste das die eingeschworene Fangemeinde natürlich schon 2007, als Japan den heiß erwarteten Nachfolger der Nissan Skyline GT-R-Baureihe vorstellte. Die neue Generation R35 gehörte von nun an nicht mehr zur Skyline-Familie – in die Geschichte ging der Kraftsportler trotzdem ein. Dass er sich dabei schnell den Namen "Godzilla" einfing, lag auch an seinem potenten Antrieb. Allradantrieb – klar. Doch die vier Räder wurden von einem stattlichen Alu-V6 mit zwei in die Krümmer integrierten Turboladern angetrieben. Variable Ventilsteuerung auf der Einlassseite, plasmabeschichtete Zylinderlaufbahnen, elektrische Drosselklappe – so weit waren die Zutaten keine Raumfahrttechnik.

Doch wie dieser Motor den 1,8 Tonnen schweren Allradbrocken anschieben kann, ist tatsächlich geschichtswürdig. Rekordzeiten auf der Nürburgring-Nordschleife machten ihn prompt zu einem der schnellsten Serienfahrzeuge überhaupt. Einen etwas älteren Supertest von sport auto haben wir hier verlinkt. Obwohl die ersten Jahre gerade höchsten 478 PS zur Verfügung standen. Über die Jahre pflegte und entwickelte Nissan den Antrieb weiter – in den jüngsten Ausbaustufen knackt der V6 längst die 700-PS-Marke. Gefertigt wird jeder VR38 übrigens von Hand – von jeweils einem Mechaniker-Meister im Nissan-Werk in Yokohama. Dessen Name steht auf einer Plakette am bildschönen Motor.

Porsche Boxermotor 4.0 (MA275) aus dem 911 GT3 mit bis zu 525 PS

Noch so eine Marke, die ohne das Sechszylinder-Prinzip wohl kaum eine der begehrtesten der Welt geworden wäre. Porsche pflegt das Boxer-Prinzip – bei dem sich zwei Zylinderbänke mit jeweils drei Zylindern gegenüberstehen – seit der Einführung des ersten 911 im Jahr 1963. Damals betrug der Hubraum zwei Liter. Mittlerweile geht es hinauf bis vier Liter, und statt der Luftkühlung (bis 1998) kommt bekanntermaßen längst Wasserkühlung zum Einsatz. Aus der gesamten Historie hätten viele Porsche-B6-Motoren ein Platz auf dem Podium verdient – etwa der luftgekühlte 3.6er aus dem 964, der 408 PS starke Turbo aus dem 993 oder der aufgeblasene 3.8er aus dem 991er GT2 RS mit 700 PS.

Doch huldigen darf man die Zuffenhausener deswegen, weil sie neben den exorbitant starken Turbomodellen auch das ursprüngliche Saugerprinzip weiterpflegen. Pflegen ist gar kein Ausdruck. Sie treiben es mit der jüngsten Ausbaustufe des MA275 in den GT3-Modellen auf die Spitze. Dieser Vierliter-Boxer erreicht bei heiser schreienden 8.500 Touren seine maximale Leistung von 525 PS, dreht bis 9.000 und gilt als so standfest, dass er dem Profi- und Hobby-Rennsport extrem treue Dienste erweist. Wer ein Drehmoment-Pfund wie beim Nissan erwartet, wird im GT3 enttäuscht. Dafür lässt sich die Leistung über das lange Drehzahlband wunderbar dosieren – begleitet von einem infernalischen Klangbild. Er ist einer der letzten seiner Art und verdient unter den besten Sechszylindern der Welt.

Toyota 4,2 Liter Diesel (1HZ) aus dem Land Cruiser J7 mit 131 PS

Und nun zu etwas komplett anderem. Denn außer der Anzahl der Zylinder hat der bleischwere 1HZ von Toyota rein gar nichts mit dem Porsche-Drehzahl-Skalpell zu tun. Klar hatte Toyota im Laufe der Geschichte auch begehrenswert sportliche Sechszylinder am Start – etwa den 2JZ aus der vierten Supra-Generation. Doch wenn es um unerschütterliche Zuverlässigkeit geht, besitzt der 4,2 Liter große Saugdiesel absoluten Legendenstatus. Gebaut wird er bereits seit 1990 – in Europa darf er neu wegen der Abgasvorschriften längst nicht mehr fahren. Doch in den entlegensten Ecken der Welt, treibt der Gusseisen-Trumm tapfer den Heavy-Duty-Land-Cruiser J7 an.

Natürlich hält sich das Temperament des hochverdichteten Langhubers in Grenzen. Aber immerhin dreht der Zweiventiler bis 4.000 Touren. Und dieser solide, sonore Klang schaukelt Traditionalisten sofort in einen seichten Lagerfeuer-Traum. Dumpf und mechanisch wie eine Dampflokomotive, zuverlässig wie ein antikes Uhrwerk – auf diesen Reihensechser kann man sich 100-prozentig verlassen, wenn um einen herum nichts weiter ist als Wüste, Dschungel oder Wasser. Denn vom 1HZ gibt es auch maritime Ableger. Und ja – natürlich hat Toyota bei den HD-Varianten auch Turbolader installiert. Doch für uns passt die softe Zwangsbeatmung nicht zum knisternden Lagerfeuer des 1HZ.

VW 3.2 VR6 (EA390) aus dem Golf 4 R32 mit 241 PS

Wenn wir gerade schon sentimental sind, dann passt der letzte Sechszylinder-Motor unserer Top 9 – allein deswegen, weil sich seine Zylinder mit höchstens 15 Grad Spreizung auf zwei 3er-Reihen in nur einem Zylinderkopf verteilen. Er ist gewissermaßen ein technischer Mischling aus V6 und Reihen-Sechszylinder. Das VR6-Prinzip führte Volkswagen Anfang der 1990er ein, um einen potenten Sechszylinder quer in den schmalen Motorraum des Golf 3 zu quetschen. Anfangs leistete das schwere Aggregat 174 PS aus 2,8 Liter Hubraum. Es sollte eigentlich als Komfortmotor für das schnelle Topmodell des Golf gelten, während für die sportlichen Fahrer der GTI 16V bestimmt war. Doch schnell erwies sich der VR6 als prädestiniert für üppige Leistungssteigerungen.

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Volkswagen selbst ist der VR6-Ruhm in der Tuningszene nicht entgangen. Dem Golf 4 spendierten die Wolfsburger das sportliche Allrad-Topmodell 3.2 R32. Der 3,2 Liter große EA390 mit 241 PS und 320 Newtonmeter Drehmoment schoss den Golf damit in bisher unbekannte Fahrleistungs-Dimensionen – gepaart mit einem unverwechselbar dumpf bollernden Klangbild. Selbst im Golf 5 durfte der VR6 noch weiterwerkeln und wurde auch sonst in unterschiedlichsten Konzernmodellen eingebaut. Im Golf 6 von 2008 ersetzen ihn Zweiliter-Turbo-Vierzylinder. Gebaut wurde der letzte VW VR6 allerdings erst 2024 – eine echte Legende.  © auto motor und sport