- Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten beraten über Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche.
- Experten diskutieren noch darüber, ob schon jetzt zu Impfungen für Kinder geraten werden kann.
- Die Bundesländer haben bei dem Thema viele unterschiedliche Strategien entwickelt.
Vor dem Impfgipfel von
Darum geht es beim Impfgipfel
Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten wollen am Donnerstag unter anderem über Corona-Impfungen für Kinder beraten. Angestrebt wird, bis Ende August allen Kindern ab zwölf Jahren ein Impfangebot zu machen. Zuvor muss jedoch die EU-Arzneimittelbehörde EMA voraussichtlich an diesem Freitag über eine entsprechende Zulassung für den bisher ab 16 Jahren zugelassenen Impfstoff von Biontech und Pfizer entscheiden.
Zu klären ist dann etwa auch die konkrete Organisation von Impfungen für Jugendliche beispielsweise über Schulen oder Arztpraxen sowie zusätzlicher Impfstoff dafür. Weitere Themen der Beratungen sollen unter anderem mögliche Auffrischungsimpfungen und der digitale Impfpass sein.
Das sagen die Kritiker
Auch für den Fall einer EMA-Zulassung behält sich die Stiko eigene Klärungen für eine mögliche Impfempfehlung vor. Ihr Mitglied Rüdiger von Kries erwartet derzeit nicht, dass es eine allgemeine Impfempfehlung für alle Kinder geben wird. Er hatte am Dienstagabend gesagt, momentan wisse man kaum etwas über die Nebenwirkungen von Corona-Impfungen bei Kindern. "Bei unklarem Risiko kann ich zurzeit noch nicht vorhersehen, dass es eine Impfempfehlung für eine generelle Impfung geben wird."
Stiko-Mitglied Martin Terhardt sagte dem RBB-Sender radioeins, man erwarte noch Daten aus den USA. "Aber das wird sicherlich noch nicht bis nächste Woche vorliegen."
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, begrüßte die Signale der Stiko. Auf die Frage, ob er eine solche Entscheidung für richtig halte, sagte er dem "Handelsblatt": "Ja. Es wäre durchaus nachvollziehbar, wenn die Stiko keine Impfempfehlung aussprechen würde. Die Studienlage zum Infektionsrisiko von Kindern ist bislang sehr dünn."
Auch Ärztepräsident Klaus Reinhardt sieht noch Klärungsbedarf. "Die Datenlage zu Risiken und Nutzen einer möglichen Corona-Impfung bei Kindern und Jugendlichen ist derzeit noch so unzureichend, dass man keine Empfehlung abgeben kann", sagte der Chef der Bundesärztekammer. Natürlich wäre es hilfreich, möglichst vielen noch vor Beginn des nächsten Schuljahres ein Impfangebot machen zu können. "Aber wir haben uns immer für eine Impfstrategie ausgesprochen, die wissenschaftliche Sorgfalt vor Geschwindigkeit setzt."
Das sagen die Befürworter
Der SPD-Gesundheitsexperte
Auch SPD-Chefin
Niedersachsens Ministerpräsident
So planen die Länder
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums im Saarland erklärte, es gebe zwar bereits interne Vorbereitungen. Einen Fahrplan und nähere Angaben könnten aber erst gemacht werden, wenn klar sei, wann die Impfung von Kindern ab zwölf Jahren zugelassen werde. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Er teilte mit, dass an der Konkretisierung des Impf-Vorgehens derzeit gearbeitet wird. Auch Hamburg zeigt sich zurückhaltend. "Wir warten erst einmal das ab, was die EU sagt", sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer.
Mecklenburg-Vorpommern will mindestens 65 Prozent seiner Schüler ab einem Alter von zwölf Jahren zeitnah impfen und hat dazu die Lieferung von 64.450 Dosen des Präparats von Biontech/Pfizer beim Bund beantragt. Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) sagte, das Bildungsministerium in Schwerin werde die Eltern anschreiben und ermitteln, wie hoch die Impfbereitschaft sei.
Hessen strebt an, die Erstimpfungen der Schüler ab 28. Juni bis zum Beginn der Sommerferien am 19. Juli durchzuführen. Voraussetzung sei allerdings neben der Zulassung für den Impfstoff auch die Empfehlung der Stiko. Zudem müsse das Land sicher mit dem vom Bund zugesagten zusätzlichen Impfstoff rechnen können, wie das Innenministerium in Wiesbaden mitteilte. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich dann in einem Impfzentrum registrieren können oder vom Kinder-, Jugend- oder Hausarzt geimpft werden.
Auch Rheinland-Pfalz will seine Entscheidung, ob und wann Kinder und Jugendliche geimpft werden können, von der Empfehlung der Stiko abhängig machen. "Deren Empfehlung wird abzuwarten sein", sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) sagte gleichwohl der Deutschen Presse-Agentur: "Wir sind vorbereitet. Wir könnten direkt loslegen: in den Impfzentren und bei den Kinderärzten."
Ähnlich äußert sich auch Schleswig-Holstein. Bisher liege weder die EMA-Zulassung noch eine Empfehlung der Stiko vor - beides sei aber wichtig für einen möglichen Impfstart bei Kindern und Jugendlichen. "Gleichwohl bereitet sich Schleswig-Holstein intensiv und in enger Abstimmung mit allen Beteiligten weiter darauf vor, ein Impfangebot für Jugendliche machen zu können."
In Sachsen laufen die Vorbereitungen für die Corona-Schutzimpfungen von Kindern und Jugendlichen bereits. Reihenimpfungen oder Impfungen in Schulen seien aber nicht vorgesehen, hieß es auf Anfrage im Gesundheitsministerium. Den Angaben zufolge sollen die Impfungen bei niedergelassenen Ärzten oder in den Impfzentren erfolgen.
Für Bayern erklärte ein Ministeriumssprecher: "Wir erarbeiten aktuell ein Konzept, um diese Impfungen so schnell wie möglich nach Zulassung zu starten." Es seien verschiedene Modelle denkbar, bei denen sowohl die Ärzte als auch die Impfzentren eingebunden werden. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) betonte aber auch im Bayerischen Fernsehen, man höre aus der Stiko, dass es wohl keine einhellige Empfehlung geben wird, Kinder und Jugendliche zu impfen. "Und das nehme ich schon ernst und das muss man auch abwägen."
Sachsen-Anhalt erarbeitet laut Sozialministerium derzeit das Konzept für die Impfangebote für Kinder und Jugendliche. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, die Impfzentren würden dabei gebraucht. "Das werden wir nicht über die Hausarztpraxen und Kinderarztpraxen hinbekommen." Nach der Zulassung des Impfstoffes für diese Altersgruppe könnten die Impfungen für Schüler bis Ende August möglich sein.
Schon vor einer Zulassung von Impfstoffen bereitet sich Bremen auf die Impfung von Jugendlichen gegen das Coronavirus vor. Die Jugendlichen sollen vor allem in den Impfzentren geimpft werden. Kinder- und Jugendärzte sowie mobile Teams in Schulen und Freizeiteinrichtungen sollten die Impfkampagne ergänzen.
Niedersachsen hat nach eigenen Angaben als erstes Bundesland dem Bundesgesundheitsministerium ein Konzept zum flächendeckenden Impfen aller Schüler ab zwölf Jahren gegen das Coronavirus vorgelegt. Mit Aktionen in den Schulen und in den Impfzentren sollen alle Schüler ein Angebot zur Immunisierung erhalten, sagte Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD). Die Impfaktion soll noch vor den Sommerferien im Juli beginnen.
Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) rechnet für Mitte Juni mit dem Impfbeginn bei Kindern und Jugendlichen in der Hauptstadt. "Wir können starten, sobald der Impfstoff da ist." Dieser solle reichen, um zunächst rund 65 Prozent der Zwölf- bis 18-Jährigen in Berlin ein Impfangebot machen zu können. "Wir wollen diese Impfungen über unser bewährtes System abwickeln", sagte Kalayci. Dazu gehörten die Impfzentren und die Arztpraxen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) ging im ARD-"Morgenmagazin" davon aus, dass die Stiko möglicherweise "eine differenzierte Empfehlung abgibt für welche Schülergruppen, für welche Altersgruppen, ob mit oder ohne Vorerkrankung".
In Brandenburg haben das Gesundheits- und das Bildungsministerium ein Konzept für Impfungen für Schüler im Alter von zwölf bis 18 Jahren erarbeitet. Entscheidend für die Umsetzung seien die Zulassung von Impfstoffen für Kinder sowie die Stiko-Empfehlung, zum anderen die erforderlichen Impfstoffmengen, die zusätzlich dafür benötigt werden.
Thüringens Landesregierung hofft auf den Beginn der Corona-Impfungen bereits im Verlauf des Juni. Voraussetzung sei die baldige Zulassung eines Impfstoffs und eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission. Ziel sei es, den Zwölf- bis 18-Jährigen bis zum Beginn des Schuljahres 2021/22 ein Angebot für eine Erst- und auch schon für die Zweitimpfung zu machen, sagte Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke).
Die Landesregierung von Baden-Württemberg will noch vor den Sommerferien mit Impfungen gegen das Coronavirus für Schülerinnen und Schüler beginnen - sobald ein Impfstoff für Jugendliche zugelassen ist. "Im engen Austausch mit Kultusministerin Theresa Schopper und dem Bund sind wir hier auf der Zielgeraden", sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums am Mittwoch. Details etwa zur Impfkampagne, zur Logistik und zur Verteilung des Impfstoffs würden in Kürze breit kommuniziert.
Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, mahnte, zunächst Risikogruppen zu impfen. "Ich glaube, es ist wichtig, dass man den priorisierten Gruppen erst noch das Angebot macht", sagte Buyx in der Sendung "Frühstart" bei RTL/ntv. "Aber dann würde ich mich freuen, wenn man den Blick auf die junge Generation legt", fügte sie hinzu. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen betonte im ARD-"Morgenmagazin" ebenfalls: "Wichtig ist, Eltern zu impfen, Angehörige, Verwandte zu impfen, Lehrerinnen, pädagogisches Personal zu impfen, bevor wir dann in einem letzten Schritt - im Falle einer Empfehlung durch die Ständige Impfkommission (Stiko) - auch dazu kommen, Teile von Kindern und Jugendlichen impfen zu können." (dpa/mko)
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