Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina empfiehlt Schulen, schrittweise wieder zu öffnen. Die Meinungen der Länder dazu gehen auseinander. Die wichtigsten Empfehlungen der Leopoldina im Überblick - und was die Politiker dazu sagen.
Schulen, Einzelhandel, Restaurants: Seit vier Wochen sind Bildungseinrichtungen, viele Läden und Gaststätten dicht. Spielplätze sind geschlossen und Gottesdienste mit Publikum tabu.
Ändert sich das bald wieder? Zumindest schrittweise? In einer Schaltkonferenz am Mittwochnachmittag berät Bundeskanzlerin
Immerhin war die Zahl der registrierten Neuinfektionen zuletzt zurückgegangen. Insgesamt meldeten die Gesundheitsbehörden der 16 Bundesländer am Dienstag 1.859 neu erkannte Infektionen.
Die Leopoldina-Vorschläge zur Coronakrise
Die Experten der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle, auf deren Empfehlungen die Bundeskanzlerin großen Wert legt, sprachen sich unter anderem für eine Schutzmaskenpflicht in Bussen und Bahnen als Voraussetzung für eine Lockerung aus. Die wichtigsten Empfehlungen der Leopoldina im Überblick - und was die Politiker dazu sagen.
Bildung
Die Wissenschaftler raten zu einer schrittweisen und nach Jahrgangsstufen differenzierten Wiedereröffnung von Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen. Alle Maßnahmen müssten hier auf längere Zeit unter Einhaltung der Vorgaben zu Hygiene, Abstand, Mund-Nasen-Schutz, Tests und Quarantäne umgesetzt werden.
Ihre Empfehlung, zuerst Grundschulen und die Sekundarstufe 1 (Haupt-, Real- und Gesamtschulen bis Klasse 10 sowie Gymnasien bis einschließlich der Klasse 9 beziehungsweise 10) zu öffnen, begründen die Leopoldina-Experten damit, dass Jüngere mehr auf persönliche Betreuung, Anleitung und Unterstützung angewiesen seien.
In Grundschulen müsse mit deutlich reduzierten Gruppengrößen von maximal 15 Schülern gestartet werden, um das Abstandsgebot besser einhalten zu können. Auch zeitversetzter Unterricht sei möglich.
Zudem solle es eine Konzentration auf Schwerpunktfächer geben, etwa Deutsch und Mathematik in der Grundschule. Es solle mit den Abschlussklassen begonnen werden, "damit sie auf den Übergang in die weiterführenden Schulen vorbereitet werden können".
Die Experten empfehlen entsprechend dieser Logik auch bei Kitas und Kindergärten einen Betrieb mit reduzierten Gruppengrößen von maximal fünf Kindern je Raum ab einem Alter von fünf Jahren. Weil kleinere Kinder sich nicht an Distanzregeln und Schutzmaßnahmen hielten, sollen die Kitas für sie bis zu den Sommerferien im Notbetrieb bleiben - dies solle auch für die Horte gelten.
In der Sekundarstufe 1 solle der Unterricht mit jenen Stufen beginnen, bei denen zentrale Abschlussprüfungen stattfinden - bei allen weiteren Jahrgängen wird eine Konzentration auf Kernfächer (Deutsch, Mathematik, Fremdsprachen) vorgeschlagen. An den Universitäten und Hochschulen solle das Sommersemester "weitgehend als online/home-learning-Semester zu Ende geführt werden".
In Nordrhein-Westfalen hat Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Dienstag gesagt, ihr "festes Ziel" sei es, die Schulen nach den Osterferien schrittweise wieder zu öffnen, um vor allem Prüfungen zu ermöglichen. Familienminister Joachim Stamp (FDP) sagte, er schlage vor, dass Kinder, die kurz vor der Einschulung stünden, eine Woche später wieder die Kindertagesstätten besuchen dürften.
Bayerns Ministerpräsident
NRW-Ministerpräsident
Öffentliches Leben
Zunächst könnten der Einzelhandel, das Gastgewerbe und Behörden öffnen, schlagen die Leopoldina-Experten vor. Auch private und dienstliche Reisen sowie gesellschaftliche, kulturelle und sportliche Veranstaltungen könnten wieder stattfinden.
Auch hier sollten die Voraussetzungen gelten, dass es wenige Neuinfektionen gebe, bekannte Hygieneregeln eingehalten werden und Krankenhäuser gut gerüstet sind. Die Experten sprechen sich für eine Maskenpflicht etwa in Bussen und Bahnen aus.
Was das öffentliche Leben angeht, zeigte sich Söder Gesprächsbereit. So sprach er sich gegenüber dem ZDF für Spielräume aus, allerdings nur "mit klaren Auflagen" - sprich Abstandsregeln und Desinfektionsmaßnahmen. "Wir brauchen ein Maskengebot", so der CSU-Politiker. "Wenn wir erleichtern, muss es gleichzeitig mehr Schutz geben." Auch Laschet betonte: "Abstand und Schutz müssen der Maßstab und die Regel werden."
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Malu Dreyer (SPD), Landeschefin von Rheinland-Pfalz, sprachen sich derweil für regionale Anpassungen bei Verboten und Einschränkungen aus. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Bundesländer unterschiedlich stark betroffen seien, sagte Dreyer der "Allgemeinen Zeitung".
Pandemie-Bekämpfung
"In der Phase der allmählichen Lockerung darf es nicht wieder zu einem raschen Anstieg der Infektionszahlen kommen", warnen die Experten. Als wirksamste Maßnahmen werden das Tragen von Mund-Nasen-Schutz, flächendeckende Tests, die Verwendung mobiler Daten, die Identifizierung der Infizierten sowie die Entwicklung von Therapien genannt.
So könne das Gesundheitssystem stabilisiert werden, bis ein wirksamer Impfstoff gefunden sei. "Wir dürfen keinen Rückfall riskieren. Wer jetzt zu sorglos in die Exitdebatten einsteigt, der gefährdet, was wir erreicht haben und setzt uns dem Risiko aus, dass es uns so gehen könnte wie den Ländern um uns herum, die alle mit erheblichsten Folgen zu kämpfen haben", sagte etwa Söder.
Explizit abgelehnt wird eine Isolierung von einzelnen Bevölkerungsgruppen wie beispielsweise älteren Menschen zu deren Schutz. Dies sei eine "paternalistische Bevormundung". (msc/dpa)
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