Fassungslosigkeit, Trauer, Entsetzen - seit sieben Tagen hält das Drama um den Flugzeugabsturz einer Germanwings-Maschine in Frankreich die Öffentlichkeit in Atem. Eine Zusammenfassung der Ereignisse.
Tag 7: Montag, 30.03.2015
- Das Auffinden des zweiten Flugschreibers nach dem Airbus-Absturz in Frankreich ist außerordentlich schwierig. "Es könnte sein, dass die Belastung hier zu groß war und er keine Signale sendet", sagte Lufthansa-Manager Kay Kratky am Sonntagabend in der ARD-Talkshow "Günther Jauch". Die Maschine sei mit Tempo 800 und damit mit unvorstellbarer Wucht an dem Bergmassiv nordöstlich von Marseille zerschellt, sie sei pulverisiert worden. Der zweite Flugschreiber werde aber gebraucht, um sich ein genaues Bild vom Hergang zu machen.
- Co-Pilot Andreas Lubitz hat seinem Arbeitgeber, der Lufthansa-Tochter Germanwings, nach Erkenntnissen der Ermittler eine Erkrankung verheimlicht. Für Berichte, wonach er an starken psychischen Problemen und auch Sehstörungen gelitten haben soll, war bis Sonntag keine Bestätigung der Behörden zu erhalten. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft will frühestens am Montag weitere Ermittlungsergebnisse zum Absturz der Germanwings-Maschine bekanntgeben. Vorher werde die Behörde zu dem gesamten Thema keine Angaben machen, sagte ein Sprecher. Dementsprechend gibt es auch keine offizielle Stellungnahme zu aktuellen Medienberichten über mögliche gesundheitliche Probleme oder ärztliche Behandlungen des Co-Piloten.
- In den französischen Alpen geht die Suche nach Opfern weiter. Die Arbeiten waren über Nacht unterbrochen worden. Die Retter konzentrieren sich neben der Bergung der Leichen vor allem auf die Suche nach dem zweiten Flugschreiber des Airbus der Lufthansa-Tochter Germanwings. Er soll weitere Erkenntnisse zum Geschehen vor dem Absturz liefern. Rechtsmediziner arbeiten bereits an der Identifizierung der sterblichen Überreste, die bisher gefunden wurden. Zu der schwer zugänglichen Unfallstelle soll ein Weg für Geländewagen geschaffen werden, um schweres Bergungsgerät in das Gebiet bringen zu können.
- Der CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer fordert als Konsequenz aus der Germanwings-Katastrophe eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht für sensible Berufe. "Piloten müssen zu Ärzten gehen, die vom Arbeitgeber vorgegeben werden. Diese Ärzte müssen gegenüber dem Arbeitgeber und dem Luftfahrtbundesamt von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden sein", sagte Fischer der "Rheinischen Post".
Tag 6: Sonntag, 29.03.2015
- Die Staatsanwaltschaft Marseille widerspricht Spekulationen, wonach sterbliche Überreste des Co-Piloten der Unglücksmaschine bereits identifiziert wurden. "Es sind vertiefte DNA-Recherchen nötig, im Institut für Kriminalitätsforschung der National-Gendamerie", so Brice Robin. "Wir haben noch keine Opfer identifiziert, sondern DNA-Spuren", so Robin. Bisher seien diese Informationen noch nicht mit denen der Familien verglichen worden.
- Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft will frühestens am Montag weitere Ermittlungsergebnisse zum Absturz der Germanwings-Maschine bekanntgeben. Vorher werde die Behörde zu dem gesamten Thema keine Angaben machen, sagte ein Sprecher. Dementsprechend gibt es auch keine offizielle Stellungnahme zu aktuellen Medienberichten über mögliche gesundheitliche Probleme oder ärztliche Behandlungen des Co-Piloten.
- Andreas Lubitz soll der "New York Times" zufolge eine Netzhautablösung befürchtet haben. Die "Bams" berichtet ebenfalls darüber. Es sei unklar, wie schwerwiegend die Augenprobleme waren und wie sie sich seine Psyche ausgewirkt hätten. Auch die französische Zeitung "Le Figaro" berichtet, dass Andreas Lubitz offenbar Probleme mit dem Sehvermögen hatte. Das Blatt bezieht sich dabei auf Ermittler. Das Sehvermögen sei um 30 Prozent eingeschränkt gewesen.
- Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt (CSU) will mit Fluggesellschaften und Aufsichtsbehörden über mögliche Konsequenzen aus dem Germanwings-Absturz in Frankreich beraten. "In der Luftfahrt gelten hohe Sicherheitsstandards, die aber auch immer wieder einer Weiterentwicklung bedürfen", sagt Dobrindt in der "Bild am Sonntag" (Bams). - Der Lufthansa soll im Fall von Andreas Lubitz kein sogenannter SIC-Vermerk beim Luftfahrtbundesamt (LBA) in Braunschweig bekannt gewesen sein. Das berichtet die "Welt am Sonntag" und beruft sich dabei auf Informationen aus dem Unternehmensumfeld.
Tag 5: Samstag, 28.03.2015
- Am Absturzort des Germanwings-Flugzeugs in den französischen Alpen haben Bergungskräfte ihre Arbeit fortgesetzt. Sie suchen nach den sterblichen Überresten der Absturzopfer und nach dem zweiten Flugschreiber.
- Lufthansa sichert Soforthilfen zu: Eine Sprecherin bestätigte einen "Tagesspiegel"-Bericht, wonach der Konzern den Angehörigen der Opfer eine Soforthilfe zahlen will. "Lufthansa zahlt bis zu 50.000 Euro pro Passagier zur Deckung unmittelbarer Ausgaben", zitiert die Zeitung einen Germanwings-Sprecher.
- Mit ganzseitigen Anzeigen in großen deutschen Tageszeitungen haben die Lufthansa und ihre Tochter Germanwings den Hinterbliebenen der Absturzopfer ihre Anteilnahme bekundet. "Der unfassbare Verlust von 150 Menschenleben erfüllt uns mit tiefster Trauer. Unser aufrichtiges Beileid, unsere Gedanken und Gebete gelten allen Angehörigen und Freunden unserer Gäste und Kollegen", heißt es in der Anzeige. Zugleich danken Lufthansa und Germanwings den "vielen tausenden von Helfern" aus zahlreichen Ländern. Unterzeichnet ist die Anzeige von Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Germanwings-Chef Thomas Winkelmann.
- In der Nähe der Absturzstelle in Frankreich eröffnet Germanwings ein Betreuungszentrum für Angehörige.
- Die deutschen und mehrere europäische Fluggesellschaften haben schnell Konsequenzen aus dem Absturz gezogen und mit sofortiger Wirkung ihre Regeln für die Besetzung im Cockpit verschärft. Kein Pilot darf sich bis auf weiteres mehr allein dort aufhalten. Weltweit reagierten weitere Airlines.
Tag 4: Freitag, 27.03.2015
- Ermittler durchsuchen auch in den Morgenstunden das Elternhaus und die Wohnung von Co-Pilot Andreas L.. Sie erhoffen sich Aufschluss über ein mögliches Motiv des 27-Jährigen, der den Airbus A320 der Lufthansa-Tochter Germanwings auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf absichtlich zum Absturz gebracht haben soll. Verschiedene Beweismittel werden beschlagnahmt.
- In der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf heißt es, es "wurden Dokumente medizinischen Inhalts sichergestellt, die auf eine bestehende Erkrankung und entsprechende ärztliche Behandlungen hinweisen. Der Umstand, dass dabei u.a. zerrissene, aktuelle und auch den Tattag umfassende Krankschreibungen gefunden wurden, stützt nach vorläufiger Bewertung die Annahme, dass der Verstorbene seine Erkrankung gegenüber dem Arbeitgeber und dem beruflichen Umfeld verheimlicht hat".
- Nach und nach verdichten sich die Hinweise darauf, dass Co-Pilot Andreas Lubitz psychisch krank gewesen sein könnte. Das berichten mehrere Medien wie die "Süddeutsche Zeitung", der "Tagesspiegel", Spiegel Online" und die "Bild"-Zeitung unabhängig voneinander. Eine offizielle Bestätigung dieser Berichte liegt noch nicht vor.
- Mehrere Fluggesellschaften diskutieren über die Einführung einer Zwei-Personen-Regelung. Diese soll verhindern, dass sich eine einzelne Person in das Cockpit einschließen kann.
- Die am Morgen fortgeführten Bergungsarbeiten konzentrieren sich weiter auf die Suche nach dem zweiten Flugschreiber.
- Der Fluggesellschaft Germanwings lag nach eigenen Angaben keine Krankschreibung des Co-Piloten vor. Das Luftfahrt-Bundesamt bat das Aeromedical-Center der Lufthansa um Akteneinsicht. Das Universitätsklinikum Düsseldorf bestätigt, dass Andreas Lubitz dort Patient war. "Meldungen, wonach Andreas L. wegen Depressionen in unserem Haus in Behandlung gewesen sei, sind jedoch unzutreffend", erklärte eine Sprecherin.
Tag 3: Donnerstag, 26.03.2015
- Am Vormittag bestätigt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf einen Bericht der "New York Times", wonach zum Zeitpunkt des Absturzes nur ein Pilot im Cockpit des Airbus war.
- Um 12:30 Uhr bestätigt auch der leitende Staatsanwalt in Marseille, Brice Robin, den Bericht der "New York Times". Auf der Audiodatei des geborgenen Flugschreibers sei zu hören, wie der Kapitän seinem Co-Piloten das Kommando übergibt und die Kabine verlässt. Als der Pilot wieder ins Cockpit will, ist die Tür verschlossen. Robin berichtet, man höre das laute Klopfen des Kapitäns. Im Cockpit hingegen sei es ruhig. Man höre jedoch den Co-Piloten, den Robin als Andreas L. identifiziert, atmen.
- Die Staatsanwaltschaft in Marseille zieht nach Auswertung der Blackbox den Schluss, das Co-Pilot Andreas L. bis zum Absturz bei vollem Bewusstsein war und demnach die Maschine absichtlich zum Absturz gebracht hat.
- Um 14:30 Uhr geben die Chefs von Lufthansa und Germanwings, Carsten Spohr und Thomas Winkelmann, eine gemeinsame Pressekonferenz. Beide sind sichtlich erschüttert angesichts der neuen Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft. Spohr spricht vom "furchtbarsten Ereignis" der Unternehmensgeschichte. "Nicht in unseren schlimmsten Albträumen hätten wir uns das vorstellen können."
- Über ein mögliches Motiv für Co-Pilot Andreas L. ist nichts bekannt. Der 27-Jährige war seit 2013 bei Germanwings angestellt und hatte 630 Flugstunden absolviert. Allerdings hatte L. seine Ausbildung zum Piloten vor sechs Jahren für mehrere Monate unterbrochen. Gründe für die Unterbrechung will Lufthansa-Chef Spohr nicht nennen. Er beruft sich auf die ärztliche Schweigepflicht. L. habe alle Tests und Checks in der Folgezeit bestanden, war hundertprozentig flugtauglich, versichert Spohr. "Seine fliegerische Leistung war einwandfrei".
Tag 2: Mittwoch, 25.03.2015
- In Deutschland wehen die Flaggen auf Halbmast. Inzwischen geht man von 72 deutschen Opfern aus. Diese Zahl wird am Donnerstag nach oben korrigiert: 75 Bürger der Bundesrepublik waren an Bord der Unglücksmaschine. Auch Passagiere aus Spanien, Australien, Argentinien, Iran, Venezuela, den USA, Großbritannien, den Niederlanden, Kolumbien, Mexiko, Japan, Dänemark, Belgien und Israel sind ums Leben gekommen.
- Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande, NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy reisen nach Frankreich und überfliegen mit einem Helikopter die Absturzstelle. In der anschließenden Pressekonferenz gedenkt Merkel den Opfern der Tragödie: "Wir denken an die Opfer deutscher Herkunft, aber genauso an die Opfer anderer Länder. Das ist eine wahrhafte Katastrophe, das hat uns unser Besuch vor Augen geführt.
- Die französische Flugunfallbehörde BEA teilt auf einer Pressekonferenz mit, es habe keine Explosion in der Luft gegeben. Der Airbus war bis zum Absturz voll flugfähig. Darüber hinaus teilt BEA-Chef Rémi Jouty mit, die Audiodatei der gefundenen Blackbox könne ausgelesen werden. Noch könne man jedoch keine Rückschlüsse aus den Daten ziehen.
- Bergungskräfte suchen weiterhin nach der zweiten Blackbox. Die Bergung der Leichen kann sich noch "Tage und Wochen" hinziehen, glauben Einsatzkräfte vor Ort.
Tag 1: Dienstag, 24.03.2015
- Der Airbus A320 der Lufthansa-Tochter Germanwings stürzt auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in Frankreich ab.
- 150 Menschen waren an Bord der Maschine, darunter einer Schulklasse aus Haltern, die sich zum Sprachaustausch in Barcelona aufgehalten hatte.
- Daten der Website "Flightradar24" zeigen, dass sich die Maschine acht Minuten im Sinkflug befand, bevor es um Absturz in den französischen Alpen kam.
- Erste Bilder von der Absturzstelle tauchen auf. Die Wrackteile liegen in über 1.500 Metern Höhe verstreut. Das Gelände ist unwegsam und im ersten Moment nur per Helikopter zu erreichen, die Bergung dementsprechend schwierig.
- Noch ist nicht bekannt, was sich im Cockpit der Germanwings-Maschine abgespielt hat. Hoffnung auf Aufschluss gibt der Stimmrekorder, der bereits am Dienstagabend - zwar schwer beschädigt, aber auswertbar - in den Trümmern gefunden wird.
- Es wird über einen möglichen Defekt der Maschine spekuliert. Der verunglückte Airbus war 24 Jahre alt, wurde jedoch regelmäßig gewartet - zuletzt am Montag vor dem Abflug - und wies keinerlei Auffälligkeiten auf.
- Germanwings streicht am Dienstagabend zahlreiche Flüge. Etliche Crews erklären sich "unfit to fly". Das heizt die Spekulationen über den Zustand des verunglückten Airbus an.
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