• Am Donnerstagabend fallen im Hamburger Stadtteil Alsterdorf mehrere Schüsse.
  • Bei dem Angriff in einem Gebäude der Zeugen Jehovas sterben nach Abgaben der Polizei acht Menschen, viele werden verletzt.

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Bei den Schüssen in einem Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg hat es acht Tote und acht Verletzte gegeben. Das teilte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) am Freitag in Hamburg auf einer Pressekonferenz mit. Zu den Toten zählt die Polizei auch den Täter sowie ein ungeborenes Kind.

"Unter den Toten befindet sich im Übrigen auch ein ungeborenes Kind im Alter von sieben Monaten, das im Mutterleib getroffen wurde", sagte Grote. Er bezeichnete den Vorfall als Amoklauf. "Eine Amoktat dieser Dimension – das kannten wir bislang nicht. Das ist die schlimmste Straftat, das schlimmste Verbrechen in der jüngeren Geschichte unserer Stadt." Während einer Veranstaltung im Gebäude der Gemeinde waren am Donnerstagabend die Schüsse gefallen.

Details zu Todesopfern und Verletzten

Bei den Todesopfern handelt es sich um vier Männer, zwei Frauen und einen weiblichen Fötus im Alter von 28 Wochen. Die Männer und Frauen seien zwischen 33 und 60 Jahre alt, sagte der Leiter des Staatsschutzes der Polizei, Thomas Radszuzweit, am Freitag. "Alle Todesopfer sind deutscher Staatsangehörigkeit und starben jeweils durch Schusseinwirkung."

Darüber hinaus seien sechs Frauen und zwei Männer im Alter zwischen 23 und 46 Jahren verletzt worden, mindestens vier von ihnen lebensbedrohlich, "teils mit multiplen Schusswunden", sagte Radszuzweit. Sechs der Verletzten seien deutsche Staatsangehörige, je eine Frau ist ugandischer beziehungsweise ukrainischer Staatsangehörigkeit, teilte Radszuzweit mit.

Der mutmaßliche Todesschütze von Hamburg ist ein 35 Jahre alter Deutscher. Philipp F. sei ein ehemaliges Mitglied der Hamburger Gemeinde der Zeugen Jehovas gewesen und habe diese vor eineinhalb Jahren freiwillig, aber offensichtlich nicht im Guten verlassen. Das teilten Polizei, Staatsanwaltschaft und Innenbehörde am Freitag mit.

Die Hamburger Einsatzkräfte haben nach den Worten von Innensenator Andy Grote sehr wahrscheinlich Menschenleben gerettet. "Wir haben es mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit dem sehr, sehr schnellen und entschlossenen Eingreifen der Einsatzkräfte der Polizei zu verdanken, dass hier nicht noch mehr Opfer zu beklagen sind", sagte der SPD-Politiker.

Polizei stuft Tat als Amoklauf ein

Nach Informationen aus Sicherheitskreisen stufte die Polizei die Tat als Amoklauf ein. Als Extremist war der mutmaßliche Schütze demnach nicht bekannt. Dass sein Name dennoch in den Datenbanken der Sicherheitsbehörden auftauchte, hat dem Vernehmen nach auch keinen kriminellen Hintergrund, sondern damit zu tun, dass er eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragt haben soll. Dafür ist immer auch eine Abfrage der Zuverlässigkeit nötig, bei der Bezüge zu Straftaten und Extremismus geprüft werden.

Die Polizei hat laut Staatsanwaltschaft in der Wohnung des mutmaßlichen Täters eine größere Menge Munition gefunden. Der Leiter der Staatsanwaltschaft, Ralf Peter Anders, sprach am Freitag von 15 geladenen Magazinen mit jeweils 15 Patronen und vier Schachteln Munition mit weiteren 200 Patronen. Außerdem wurden Laptops und Smartphones sichergestellt, die noch ausgewertet werden. Die Wohnung wurde am Freitagmorgen um 0:30 Uhr durchsucht, wenige Stunden nach der Tat.

Der "Spiegel" berichtete, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um ein ehemaliges Mitglied der Zeugen Jehovas im Alter von 30 bis 40 Jahren handeln soll. Weiter berichtete das Magazin von einer Pistole als Tatwaffe und dass der Täter eine große Tasche zurückgelassen haben soll. Auf dem Video eines Anwohners ist zu sehen, dass eine schwarz gekleidete Person durch eine kaputte Scheibe mehrfach von außen in das Gebäude schießt und schließlich in das Haus einsteigt und darin weiterschießt.

Die Polizei konnte am Freitagmorgen dazu keine Angaben machen – weder zu dem mutmaßlichen Täter noch zum genauen Tathergang. Medien berichteten zudem von acht Menschen, die teils schwer verletzt wurden, sowie von 17 leicht Verletzten, die nach dem Angriff unter Schock stehen. Die Polizei nannte dazu zunächst noch keine konkreten Zahlen.

Macron, Steinmeier und Scholz: Großes Entsetzen nach Tat in Hamburg

Zahlreiche nationale und internationale Politiker haben schockiert und betroffen auf den tödlichen Vorfall in Hamburg reagiert. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach in einem Post auf Twitter von "schrecklichen Nachrichten aus Hamburg". Er richtete das Beileid Frankreichs an die Angehörigen der Opfer und an alle unsere deutschen Freunde aus. "Unsere Gedanken sind bei ihnen."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reagierte "mit großem Entsetzen". "Meine Gedanken sind bei den Toten und ihren Familien. Ihnen gilt meine tiefe Anteilnahme an diesem Tag des Schmerzes", teilte das Staatsoberhaupt am Freitag über seine Sprecherin auf Twitter mit. Steinmeier bedankte sich bei den Einsatzkräften vor Ort und wies auf die Anteilnahme der Bevölkerung hin: "Ich bin sicher, viele Menschen in Deutschland empfinden in diesen Stunden aufrichtiges Mitgefühl. Den Verletzten wünsche ich baldige Genesung."

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die tödlichen Schüsse als brutale Gewalttat. "Schlimme Nachrichten aus #Hamburg. Mehrere Mitglieder einer Jehova-Gemeinde sind gestern Abend einer brutalen Gewalttat zum Opfer gefallen", postete er über den Regierungsaccount auf Twitter. "Meine Gedanken sind bei ihnen und ihren Angehörigen. Und bei den Sicherheitskräften, die einen schweren Einsatz hinter sich haben." Die Polizei äußerte sich bislang noch nicht detailliert zu den Opfern.

Polizei sichert Spuren

Die Zeugen Jehovas zeigten sich "tief betroffen". "Unser tiefes Mitgefühl gilt den Familien der Opfer sowie den traumatisierten Augenzeugen. Die Seelsorger der örtlichen Gemeinde tun ihr Bestes, ihnen in dieser schweren Stunde Beistand zu leisten", hieß es in einem Statement auf der Website der Gemeinschaft.

Am frühen Morgen sicherte die Polizei vor, hinter und in dem dreigeschossigen Gebäude noch weiter Spuren. An der Außenseite des Gebäudes haben die Ermittler noch in der Nacht zahlreiche kleine Nummerntafeln aufgestellt, um Spuren der Gewalttat zu markieren. Am Morgen war auch ein 3D-Scanner im Einsatz, um den Tatablauf zu dokumentieren. Der Eingang zu dem Gebäude der Zeugen Jehovas war am Morgen mit einem Sichtschutz abgedeckt.

Ein erster Leichenwagen war gegen 8:00 Uhr am Tatort vorgefahren. Gegen 6:00 Uhr wurde der Verkehr auf der viel befahrenen Straße Deelböge wieder freigegeben. (dpa/fte/tas)

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