- Das Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen trifft auch die Bestatter hart.
- Weggeschwemmte Bestatterfahrzeuge und ausgefallene Kühlanlagen haben die Arbeitsbedingungen teils deutlich erschwert.
- Doch das größte Problem sind die zerstörten Friedhöfe. Was das im Hinblick auf die Bestattungsfristen bedeutet, ist noch unklar.
Zerstörte Straßen und Häuser, vollgelaufene Keller, weggeschwemmte Autos – das Hochwasser in Deutschland hat auch Bestatter nicht verschont. Das hat dramatische Auswirkungen: Zeitweise fehlte es an Leichenfahrzeugen, weil auch Transportfahrzeuge der Bestatter durch die Wassermassen in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Von den mehr als 1.000 Bestattern in Nordrhein-Westfalen und mehr als 200 in Rheinland-Pfalz, die beim Bestatterverband gemeldet sind, hat es nach Angaben des Verbandes besonders Betriebe in Hagen, Wuppertal, Euskirchen und Erftstadt getroffen. Auch im Kreis Trier-Saarburg und in Bitburg stehen die Bestatter vor großen Herausforderungen.
Zahlreiche Betriebsunterbrechungen
"Stromausfälle und Wasserschäden in den Häusern haben zu Betriebsunterbrechungen geführt. Wer beispielsweise Schlamm, Wasser und Geröll im Keller oder Erdgeschoss hatte, wem das Auto weggespült wurde, oder bei wem die Kühlung ausgefallen ist, der konnte nicht normal weiterarbeiten", sagt Christian Jäger, Geschäftsführer des Bestatterverbandes in NRW. Der Gesamtschaden ließe sich noch nicht beziffern.
Die gute Nachricht: Durch Kollegenhilfe und Unterstützung durch den Bundesverband ließen sich schnell Lösungen finden, sodass die Bestatter ihrer Tätigkeit relativ zügig wieder nachgehen konnten. "Inzwischen sind alle Betriebe wieder tätig. Wir sind zwar ein kleines Handwerk, aber sehr gut vernetzt", so Jäger.
Mangel an Leichenwagen
Zwischenzeitlich seien Verstorbene zur Aufbahrung an Kollegen überführt worden, man habe sich auch gegenseitig mit Fahrzeugen ausgeholfen. Bei Leichentransportfahrzeugen handelt es sich um Spezialanfertigungen, die sich auf die Schnelle nicht ersetzen lassen. "Es sind in keinem Fall Verstorbene beschädigt oder beschmutzt worden", betont der Sprecher.
Das Handwerk sei es gewohnt, mit Extremsituationen umzugehen. "Wir haben allen Krisenstäben der Kommunen sofort unsere Hilfe angeboten", sagt Jäger. Schon zu Beginn der Pandemie hätten die Bestatter schnell Kapazitätslisten erstellt, über vorhandene Transportwagen in den Regionen, verfügbare Särge, Personal und Kühlkapazitäten.
Belastende Szenen
"Das 'death care team', ein gemeinnütziger und humanitärer Zusammenschluss aus Bestattern und Thanatologen (Anm. d. Red.: Thanatologie ist die Wissenschaft vom Tod, vom Sterben und der Bestattung), ist in der Vergangenheit bei Bergungseinsätzen schon weltweit zum Einsatz gekommen und hat Kräfte der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerk unterstützt", sagt Jäger. Die Arbeit sei für die Kräfte, die normalerweise bei Rettungseinsätzen nach Überlebenden suchen, sehr belastend.
Viele zerstörte Friedhöfe
Inzwischen gibt es ein weiteres großes Problem: "In einigen Städten, wie beispielsweise Ahrweiler und Dernau, sind die Friedhöfe durch das Hochwasser nahezu komplett zerstört worden", berichtet Jäger. Sie seien derzeit nicht begehbar, weil sie unterspült worden und mit Schlamm bedeckt seien. "Es liegen Fahrzeuge und Bäume auf den Geländen. An eine geordnete Bestattung ist dort nicht zu denken", sagt Jäger.
Bestattung am Lebensmittelpunkt
Das bringt die Bestatter in Bedrängnis: "Die Flutkatastrophe hat viele Tote mit sich gebracht, die zusätzlich beigesetzt werden müssen", sagt Jäger. Nach aktuellen Angaben sind in Deutschland mindestens 181 Menschen bei der Flutkatastrophe ums Leben gekommen. "Es gibt für Angehörige nichts Schlimmeres, als wenn die Beisetzung am Lebensmittelpunkt nicht möglich ist", erklärt der Sprecher.
"Die wohnortnahe Beisetzung ist ein wichtiger Aspekt der Trauerarbeit, sie muss schnell sichergestellt werden", betont Jäger. Das gelte für Urnen- und Sargbestattungen gleichermaßen.
Bestattungsfristen werden eng
"Es ist davon auszugehen, dass man in den betroffenen Gebieten länger auf eine Bestattung warten muss", sagt Jäger. Dabei seien die Bestattungsfristen in beiden Bundesländern vergleichsweise kurz: "Nach Feststellung des Todes muss ein Verstorbener binnen 36 Stunden in eine Leichenhalle überführt werden und in zehn Tagen erdbestattet oder zur Kremation auf den Weg gebracht sein". Bei Feuerbestattungen gebe es weitere Fristen.
Ob diese Fristen in den betroffenen Gegenden eingehalten werden können, kann der Bestatterverband jetzt noch nicht absehen. "Es hat einige Unterspülungen gegeben, was aber nicht den Gesamtzustand widerspiegelt. Bevor Bestattungen durchgeführt werden können, muss geprüft werden, ob die Wege betretbar sind oder noch Gefahren beseitigt werden müssen", erklärt Jäger.
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Grabstätten voll mit Schlamm
In Swisttal habe es oberflächliche Beschädigungen und Verschmutzungen gegeben, in Dernau und Bad Neuenahr seien die Grabstätten und Friedhofsanlagen komplett zerstört worden.
"Derzeit wird die Infrastruktur in Kommunen hergestellt. Dabei liegt der Fokus verständlicherweise auf der Unterstützung der lebenden Bevölkerung", sagt der Sprecher. Noch gebe es deshalb keine Prognosen, wann Bestattungen wieder durchgeführt werden können. Es fehle schlicht an Erfahrungswerten.
Zeitnahe Beisetzung wichtig
"Bestattungsfristen können, wenn die hygienische Aufbahrung sichergestellt ist, verlängert werden. Wir gehen deshalb davon aus, dass Verlängerungsanträgen sehr großzügig entsprochen wird", so Jäger.
Dennoch sollte eine Beisetzung im Sinne der Trauerarbeit zeitnah durchgeführt werden. "Es reicht für Angehörige deshalb nicht, zu wissen, dass Bestattungen in ihrer Stadt in mehreren Monaten wieder möglich sind", sagt Jäger.
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