Vermummte verhindern Vorlesungen, Politiker werden bedroht und ihre Wahlkreisbüros angegriffen. Das politische Klima scheint vergiftet. Aber wer ist daran schuld? Und was kann dagegen getan werden?

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Die Blockade von Veranstaltungen mit AfD-Mitbegründer Bernd Lucke und dem früheren Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat im Bundestag fraktionsübergreifend für Kritik gesorgt. "Keine Ideologie, keine Überzeugung kann für sich in Anspruch nehmen, über dem Gesetz zu stehen", betonte Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde. Innenminister Horst Seehofer (CSU) bezeichnete derartige Vorfälle während der Regierungsbefragung als "nicht hinnehmbar", die Grünen-Abgeordnete Manuela Rottmann verurteilte Blockadeaktionen als "anmaßend und dumm".

Streit entzündete sich in der Debatte allerdings an der Frage, wer für die Verrohung der politischen Auseinandersetzung verantwortlich ist. Friedrich Straetmanns von der Linken sagte, die vergiftete Diskussionskultur komme von "rechtsaußen". Der AfD-Parlamentarier Martin Reichardt beklagte hingegen eine Einschränkung der Meinungsfreiheit durch "Gesinnungstotalitaristen" in den Reihen von Linken, Grünen und SPD.

Demonstranten stürmten Lucke-Vorlesung

Der Wirtschaftsprofessor Lucke war in der vergangenen Woche nach seiner Rückkehr an die Universität Hamburg wegen seiner AfD-Vergangenheit beschimpft, bedrängt und am Reden gehindert worden. Auch an diesem Mittwoch wurde seine Vorlesung von rund 30 Demonstranten gestört. Am Montagabend hatten linke Aktivisten beim Göttinger Literaturherbst eine Lesung de Maizières verhindert. Seehofer betonte, solche Dinge wolle er nicht einfach hinnehmen. "Dazu kann ein Rechtsstaat nicht schweigen."

De Maizière ergriff in der Aktuellen Stunde selber das Wort und machte sich für die Meinungsfreiheit stark: "Zur Meinungsfreiheit gehört, (...) dass ein umstrittener Professor, dessen Meinung mir nicht gefällt, in Hamburg eine Vorlesung halten kann." Die frühere Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) betonte allerdings auch, Widerspruch gegen die AfD sei die Pflicht jedes Demokraten: "Es gibt nicht die Freiheit, unwidersprochen nationalistische Hetze zu verbreiten."

In der Aktuellen Stunde spielten auch Morddrohungen gegen Politiker eine Rolle sowie Angriffe auf deren Büros und Wohnhäuser. Allein in Berlin wurden in dieser Woche bereits die Scheiben von drei CDU-Wahlkreisbüros eingeworfen. Vor diesem Hintergrund wollen Innen- und Justizministerium das Strafrecht verschärfen, um insbesondere auch Kommunalpolitiker besser gegen Beleidigungen und Bedrohungen zu schützen. Seehofer erklärte, es werde inzwischen immer schwieriger, Kommunalpolitiker zu finden. (dpa/fra)

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