Klimawandel? Kann man nichts machen. Rentenkonzept? Kommt erst noch. Digitalisierung? Keine Strategie. Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland präsentiert sich im "ZDF-Sommerinterview" mit Thomas Walde bei den zentralen Zukunftsfragen so gut wie ohne Antworten.

Eine Kritik

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In Potsdam trifft sich Thomas Walde zum Sommerinterview mit "Deutschlands umstrittensten Politiker", Alexander Gauland.

Darüber wurde beim Sommerinterview gesprochen

Ohne großes Vorgeplänkel geht es mitten hinein. Gleich zu Beginn mit der wichtigsten Frage der Menschheit.

Klimapolitik

Wie die Lösung der AfD für den Klimawandel aussieht, will Thomas Walde gleich mit der ersten Frage wissen und erfährt, dass die AfD hier keinen Lösungsvorschlag hat.

Aus einem einfachen Grund, wie Gauland erklärt: "Wir glauben nicht, dass das sehr viel mit dem CO2-Ausstoß durch die Industrieproduktion und durch menschliches Tun zu tun hat."

Thomas Walde hakt nach: "Ihre Partei sagte ja einmal, sie müsse die Interessen der kleinen Leute vertreten. Nun sind es ja gerade die, um Ihre Wortwahl von damals zu verwenden, die leiden unter dem Klimawandel. Es sind alte Menschen, Kleinkinder, kranke Menschen. Wie wollen Sie die schützen, wenn Sie nicht akzeptieren, was die Mehrheit der Klimaforscher sagt, dass das menschengemacht ist?"

Als Gauland behauptet, dass man die Menschen nicht schützen könne, fragt Walde nach, ob man es dann bleiben lassen solle.

Gaulands Antwort: "Natürlich soll man nicht Umweltschutz bleiben lassen, aber ich glaube nicht, dass man irgendetwas sinnvoll bewirken kann mit einer Klimapolitik."

Rente

Hier kündigte Gauland an, auf einem Renten-Parteitag im nächsten Jahr ein AfD-Konzept vorzulegen. Seine Entschuldigung, dass das bisher noch nicht geschehen ist: "Ich glaube, das Ganze ist halt sehr viel schwieriger."

Auf ein Zitat von Jörg Meuthen angesprochen, der einen Systemwechsel von einer Umlagefinanzierung zu einer "selbst gewählten, freien Form der Altersvorsorge" fordert, erklärt Gauland, dass er damit nicht übereinstimme: "Ich bin der Meinung, dass das Umlagesystem schwächelt, das ist völlig richtig.

Aber ich sehe keine tragfähige Alternative, die das Umlagesystem total ablösen könnte und deswegen bin ich dagegen."

"Also haben sie da, um ihr Wort aufzunehmen, keine Alternative für Deutschland?", fragt Walde daraufhin nach. "Doch, bei dem nächsten Parteitag. Nicht jetzt, da haben sie völlig Recht", gibt Gauland zu.

Digitalisierung

Hier zitiert Walde einen AfD-Bundestagsabgeordneten, der in einer Rede sagt: "Digitalisierung bedeutet radikales Umdenken und Umsteuern. Wir sollten alle schleunigst lernen, auch digital zu denken." "Können Sie uns das erklären? Wie geht das genau?", will Walde deshalb von Gauland wissen.

Nein, das könne er nicht, antwortet Gauland, weil er selbst keine enge Beziehung zum Internet habe. Trotzdem wagt Gauland die Prognose: "Ich sehe nur das Problem, und das sehen wir alle, dass Arbeitsplätze wegfallen werden durch die Digitalisierung, ohne, dass wir schon über Alternativen genügend nachgedacht haben. Aber von einer Strategie zur Digitalisierung kann nicht die Rede sein und ich wüsste im Moment auch keine."

Zu dieser fehlenden Digitalisierungsstrategie will Walde dann wissen: "Wenn jemand morgen früh wieder an seine Arbeit geht, kann er ja auch nicht sagen: Tut mir leid, Chefin, ich hab von digitalen Dingen jetzt nicht wirklich Ahnung, ich lass das bleiben. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen sich jeden Tag damit beschäftigen und ihre Partei hat da keine Alternative für Deutschland."

Gaulands Antwort: "Ich habe persönlich keine Digitalisierungsstrategie."

Wohnungsmarkt

"Sie sprachen an, man müsse die Menschen schützen. Airbnb zum Beispiel macht Druck auf den Mietwohnungsmarkt. Wie wollen Sie Menschen davor schützen?", fragt Thomas Walde Gauland und dessen Antwort fällt sehr allgemein aus: "Eine Regulierungsmöglichkeit haben wir auch nicht gefunden. Es muss sehr viel mehr gebaut werden. Es muss sehr viel mehr Geld in Wohnungen und Hausbau gesteckt werden."

So hat sich Alexander Gauland geschlagen

Auf viele Fragen konnte Alexander Gauland keine Antworten geben. Wenn er Antworten hatte, dann gab er diese souverän, was aber nicht heißt, dass die Antworten von Souveränität zeugen, im Gegenteil.

Gauland erklärt die Menschheit für nicht zuständig und darüber hinaus ohnmächtig gegenüber dem Klimawandel. Damit nimmt er seine Partei wie die Politik an sich völlig aus der Verantwortung – ohne ein einziges Mal zu erklären, wie er zu diesem Glauben kommt.

So hat sich Thomas Walde geschlagen

Bisher provozierte Thomas Walde bei den Sommerinterviews mit Klischees, bei Alexander Gauland nun ging Walde stattdessen bei Sachfragen ins Detail.

Mit dieser Strategie fuhr Walde sichtlich besser, denn sein Interviewpartner musste hier klar Stellung beziehen und wenn er das nicht tat, hakte Walde resolut nach.

So verwies Gauland beim Thema Rente beispielsweise darauf, dass die AfD noch eine junge Partei sei, woraufhin Walde einen Einspieler zeigte, bei dem selbst Andreas Kalbitz aus dem AfD-Bundesvorstand dieses Argument nicht mehr hören konnte.

Als Gauland daraufhin darauf vertröstet, dass man ein Rentenkonzept erst im bei einem Renten-Parteitag beschließen werde, hakte Walde erneut nach: "Das heißt aber, dass bei den Landtagswahlen die Menschen keine Klarheit haben, wofür Sie in der Frage genau stehen."

Was war noch passiert

Nach ungefähr zwölf Minuten hört man kurz vor einer Antwort Gaulands Zwischenrufe.

Im Bild sind kurz drei Leute mit Schildern zu sehen, die rufen: "Gauland, die Schande im Herzen von Potsdam!"

Das Fazit: Alexander Gauland ohne wirkliche Alternativen

Es war ein gut gemachtes Interview, bei dem Alexander Gauland zu den wichtigsten Zukunftsfragen Stellung nehmen und die Lösungen der AfD hätte darlegen können – wenn er welche gehabt hätte.

Thomas Walde greift dies auf und fragt deshalb am Ende: "Klima, Rente, Digitalisierung – kann es sein, dass Sie, Herr Gauland, mit diesen Zukunftsthemen überfordert sind? Und dass Sie, auch persönlich, deshalb auch immer wieder Ihr Heil suchen in der deutschen Vergangenheit?"

Gauland erklärt, dass die AfD keine Kurzschlusslösungen mitmachen werde und erzählt daraufhin von Wurzeln, ohne die man ein Land nicht verändern könne

Diese Wurzeln sieht Gauland nicht in den zwölf Jahren Nazizeit, sondern zum Beispiel in der Kaiserzeit, bei Friedrich dem Großen oder den Freiheitskriegen.

Wie mit diesen Wurzeln die Wohnungsknappheit in den Metropolen oder drohende Altersarmut bekämpft werden sollen, verriet Gauland nicht.

Thomas Walde führt das zu dem Fazit: "Ich stelle fest, dass sie bei all den wichtigen Themen nichts drauf haben."

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