Wer gehen muss, soll auch wirklich gehen. Ein Asylbewerber dagegen, der bleiben darf, soll möglichst früh Deutsch lernen und einen Job finden. Damit beides funktioniert, schnürt die Regierung jetzt ein neues Migrationspaket.

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Nach wochenlangem Streit um Abschiebungen und Asylbewerberleistungen hat die Bundesregierung jetzt ein neues Paket mit Gesetzesvorhaben zu Migrationsfragen geschnürt. Wie am Dienstag aus Regierungskreisen verlautete, sollen am Mittwoch insgesamt drei Entwürfe aus dem Arbeitsministerium und dem Innenministerium verabschiedet werden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) steuert nach Angaben der Bundesregierung sein "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" bei, das zwischen Union und SPD bis zuletzt hoch umstritten war. Es soll für eine verbesserte Durchsetzung der Ausreisepflicht von abgelehnten Asylbewerbern sorgen - unter anderem durch eine Unterbringung von Ausländern, deren Abschiebung kurz bevorsteht, in Gefängnissen. Neu ist zudem die sogenannte Mitwirkungshaft. Sie soll angeordnet werden können, wenn ein abgelehnter Asylbewerber zu einer ersten Anhörung bei der Botschaft seines Heimatlandes einmal nicht erschienen ist. Vor dem zweiten Termin kann er dann für kurze Zeit in Gewahrsam genommen werden.

Asyl und Abschiebung: Mehr Zeit für die Prüfung der Schutzgründe

Außerdem soll das Seehofer unterstehende Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mehr Zeit für die Überprüfung der Schutzgründe von Flüchtlingen erhalten. Konkret geht es dabei um knapp 700 000 Flüchtlinge, die zwischen 2015 und 2017 anerkannt worden waren.

Die sogenannte Widerruf- und Rücknahmeprüfung muss normalerweise nach drei Jahren erfolgen. Aufgrund der vielen Asylentscheidungen in diesen drei Jahren stehen jetzt besonders viele Überprüfungen an. Die Frist soll deshalb vorübergehend von drei auf bis zu fünf Jahre verlängert werden.

Aus dem Haus von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kommt ein Entwurf für eine Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes. Sie sieht vor, dass die Geldleistungen für Asylbewerber leicht angehoben werden, weil die Lebenshaltungskosten seit der letzten Anpassung gestiegen sind. Alleinstehende oder Alleinerziehende sollen künftig statt 135 Euro pro Monat 150 Euro erhalten.

Sprachkurse ermöglichen, Arbeitssuche erleichtern

Die Anhebung soll aber "kostenneutral" umgesetzt werden, und zwar indem Geflüchtete, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, künftig so behandelt werden, als lebten sie in einer Partnerschaft. Das heißt, für sie gilt ein niedrigerer Regelsatz von künftig 136 Euro pro Monat (aktuell 122 Euro). Außerdem soll die Berufsausbildungsförderung für Zuwanderer neu geregelt werden. Zudem will Heil "Geduldeten" und Menschen, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, früher den Zugang zu Sprachkursen sichern, wenn sie sich arbeitssuchend melden.

Vor allem diese Regelung lehnt die konservative Werte-Union ab. Ihr Vorsitzender Alexander Mitsch forderte, die Unionsfraktion dürfe "bei diesem wesentlichen Thema den sozialdemokratischen Träumereien nicht nachgeben".

Immigration mit dem Blick auf Fachkräftemangel

CDU und CSU hatten einen Kabinettsbeschluss zum "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" zur Bedingung für die noch ausstehende Beratung für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz im Bundestag gemacht. Dieses soll Ausländern aus Nicht-EU-Staaten, die eine Berufsausbildung haben, den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ebnen. Ähnliche Erleichterungen gibt es bisher nur für Akademiker und für Fachkräfte aus bestimmten Branchen, in denen akuter Personalmangel herrscht, wie etwa in der Pflege.

Die Sprecherin des konservativen Berliner Kreises in der Union, Sylvia Pantel (CDU), sagte, die vorgesehenen Regelungen - etwa zur Abschiebungshaft - seien zu schwach und damit für viele Unionsabgeordnete "nicht zustimmungsfähig". Die migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Filiz Polat, sprach dagegen von einem Katalog der "Inhumanität und Entrechtung".

Pro Asyl kritisierte vor allem einen Passus des "Geordnete-Rückkehr-Gesetzes", der klarstellt, dass Informationen zu bevorstehenden Abschiebungen Dienstgeheimnisse sind, die Beamte nicht weitergeben dürfen. Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte: "Es droht eine starke Verunsicherung von zivilgesellschaftlich engagierten Menschen." Sie müssten nun fürchten, wegen "Beihilfe" belangt zu werden. Auch stelle sich die Frage, wie bei "überfallartigen Abschiebungen" die Rechtsstaatlichkeit garantiert werden solle. (dpa/best)

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