Der preisgekrönte Journalist Hubert Seipel hat zwei Bücher über Putin geschrieben. Nach Medienberichten hat er dafür finanzielle Unterstützung in sechsstelligem Bereich aus Russland bekommen. Seipel dementiert.

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Der deutsche TV-Journalist und Putin-Biograf Hubert Seipel soll laut Medienberichten hunderttausende Euro aus Russland erhalten haben, ohne dies dem Sender NDR als seinem Arbeitgeber mitzuteilen. Wie der "Spiegel" und das ZDF-Magazin "Frontal" am Dienstag unter Berufung auf vertrauliche Dokumente aus Zypern berichteten, geht es namentlich um 600.000 Euro, die im Rahmen eines sogenannten Sponsorenvertrages gezahlt worden seien.

Seipels Vertragspartner war demnach offiziell eine Briefkastenfirma namens De Vere Worldwide Corporation mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln. Diese gehöre augenscheinlich zum Firmengeflecht des russischen Oligarchen und langjährigen TUI-Großaktionärs Alexej Mordaschow, den die Europäische Union nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mit Sanktionen belegte. Es gebe Hinweise darauf, dass es zuvor eine zweite, ähnliche Vereinbarung gegeben habe, hieß es.

Hubert Seipel: Bücher über Putin in den Jahren 2015 und 2021 veröffentlicht

Seipel hatte Russlands Präsident Wladimir Putin mehrfach interviewt. 2015 erschien seine Biografie "Putin. Innenansichten der Macht". 2021 folgte das Buch "Putins Macht. Warum Europa Russland braucht". Beide Bücher wurden vom Hamburger Verlag Hoffmann und Campe veröffentlicht. Der Verlag und auch der NDR erklärten, nichts von den Zahlungen gewusst zu haben.

Angebliche Gelder aus Russland an Journalisten
Der deutsche Journalist Hubert Seipel (l) gibt Wladimir Putin, Präsident von Russland, bei der Präsentation seines Buches "Putin - The Logic of Power" die Hand (Aufnahmedatum: 7. Juni 2016). Seipel wird vorgeworfen, finanzielle Unterstützung aus Russland für Buchprojekte erhalten zu haben. Er dementiert. © dpa / picture alliance / dpa

Laut "Spiegel" und ZDF wurden die Zahlungen im Rahmen von "Cyprus Confidential" aufgedeckt, eine internationale investigative Recherche, bei der es um fragwürdige Geschäfte des EU-Landes Zypern geht.

Verlag stoppt Buchverkauf

Als Reaktion auf Medienberichte über angebliche Zahlungen aus Russland an den preisgekrönten Journalisten Hubert Seipel hat der Verlag Hoffmann und Campe den Verkauf seiner Bücher über Wladimir Putin gestoppt. Der Hamburger Verlag teilte am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit: "Der Hoffmann und Campe Verlag hat sich aufgrund des vom 'Spiegel' und des ZDF veröffentlichten Berichts zu Hubert Seipel entschlossen, dessen Bücher nicht mehr zum Verkauf anzubieten."

Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) teilte am Dienstagabend zugleich mit, dass er rechtliche Schritte prüfe. Für den ARD-Sender hatte der mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Journalist den Angaben zufolge 2012 eine Dokumentation über Putin produziert und 2014 Interviews mit dem russischen Präsidenten sowie dem aus den USA geflüchteten Whistleblower Edward Snowden geführt.

Hubert Seipel bestreitet Vorwürfe - und gibt Sponsoring zu

"Spiegel" und ZDF berichteten, dass sich der Journalist ihnen gegenüber geäußert habe. Laut einem Youtube-Beitrag von ZDF "frontal" soll er mitgeteilt haben, dass er zu keinem Zeitpunkt Geld für Filme oder Fernseh-Interviews von Dritten bekommen habe. Zugleich soll er laut "Spiegel" Unterstützung mit Blick auf Buchprojekte eingeräumt haben. Der betreffende Vertrag lege demnach fest, dass der Autor keine Verpflichtungen gegenüber dem Sponsor in Bezug auf das Projekt habe - "...(weder in Bezug auf den Inhalt oder die Zusammensetzung des Buches noch in anderer Hinsicht) oder dessen Fertigstellung", zitiert der "Spiegel".

In der NDR-Mitteilung hieß es, der Sender habe mit dem Autor sowie Verantwortlichen der Produktionsfirma Kontakt aufgenommen. "Seipel hat dabei dem NDR gegenüber eingeräumt, er habe über zwei "Sponsoring-Verträge" 2013 und 2018 Geld von Alexey Mordashov erhalten und erklärt, es sei für zwei Buchprojekte gewesen." Die EU hatte Mordaschow Ende Februar 2022 auf ihre Sanktionsliste genommen.

NDR: Keine Kenntnis von Zahlungen

Der NDR teilte weiter mit: "Den Abschluss der Verträge hatte Seipel dem NDR gegenüber damals nicht offengelegt. Der Sender sieht hierin einen erheblichen Interessenskonflikt, der Seipels journalistische Unabhängigkeit in Zweifel zieht." Den Abschluss hätte der Journalist demnach der Produktionsfirma und dem Sender gegenüber offenlegen müssen. Seipel sei zuletzt 2019 für den öffentlich-rechtlichen NDR tätig gewesen.

NDR-Intendant Joachim Knuth wurde in der Mitteilung so zitiert: "Es besteht der Verdacht, dass wir und damit auch unser Publikum vorsätzlich getäuscht worden sind. Dem gehen wir jetzt nach und prüfen rechtliche Schritte." Die Vorgänge um die Beauftragung und Umsetzung der Filme, die Seipel für den NDR realisiert habe, werde man gründlich überprüfen. Dafür sei der ehemalige "Spiegel"-Chefredakteur Steffen Klusmann gewonnen worden. Der NDR verlange in Produktionsverträgen und Compliance-Regeln, dass mögliche Interessenskonflikte offengelegt werden und die journalistische Arbeit frei vom Einfluss Dritter durchgeführt wird, hieß es weiter. Keiner der Filme Seipels befinde sich aktuell in der ARD-Mediathek. (AFD/dpa/cgo)

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