Nach dem Wechsel an der tschechischen Staatsspitze wollen Deutschland und Tschechien ihre Beziehungen noch weiter vertiefen. Der neue Präsident Petr Pavel schlug am Dienstag bei seinem Antrittsbesuch in Berlin regelmäßige deutsch-tschechische Treffen auf Regierungsebene im Rahmen eines "strategischen Dialogs" vor. Zudem ermutigte er Deutschland, in der europäischen Verteidigungspolitik eine deutlichere Führungsrolle einzunehmen. Die Beziehungen beider Länder seien "auf einer sehr hohen Ebene, und wir würden dieses Niveau gerne noch weiter anheben", sagte Pavel.
Der neue tschechische Präsident äußerte sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundespräsident
Pavel ermunterte Deutschland, in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa voranzugehen. "Ich glaube, dass Deutschland seine Führungsrolle vielfach zeigen kann", sagte der Gast aus Prag. So könne sich Deutschland bei den Bemühungen, eine unabhängigere Verteidigung Europas zu organisieren, "an die Spitze" stellen. "Wo Deutschland außerdem führend sein kann, ist der Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg."
Der frühere Nato-General Pavel hatte im Präsidentschaftswahlkampf mit einem dezidiert pro-europäischen Kurs geworben. Von 2015 bis 2018 hatte er den Militärausschuss der Nato geleitet, zuvor war er Generalstabschef der tschechischen Armee.
Pavel hatte Ende Januar mit rund 58 Prozent klar die Wahl gegen den populistischen Ex-Regierungschef Andrej Babis gewonnen. Er trat die Nachfolge des bisherigen Staatsoberhaupts Milos Zeman an, der als europaskeptisch galt und für engere Beziehungen Tschechiens zu Ländern wie Russland und China stand.
Bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz in Schloss Bellevue sprachen sich Steinmeier und Pavel übereinstimmend für eine weiterhin geschlossene Haltung von EU und Nato gegenüber Russland und für eine weitere Unterstützung der Ukraine aus. Beide Präsidenten betonten, wie wichtig es sei, auch mit Soldaten an der Ostflanke des Bündnisgebiets vertreten zu sein. "Präsenz schützt auch davor, in Kriege verwickelt zu werden, in denen wir keine Kriegspartei sind", sagte Steinmeier.
Strittige Themen wurden bei Pavels Antrittsbesuch weitgehend ausgespart. Steinmeier verwies auf Nachfrage darauf, dass es etwa in der Klima- und Energiepolitik unterschiedliche Vorstellungen der beiden Regierungen gebe. "Wir haben heute keines der Themen, die wir als strittig bezeichnen würden, aufgeworfen", sagte Pavel.
Am späten Nachmittag stand noch ein Treffen des tschechischen Präsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Programm. Gesprächsthemen sollten nach Angaben der Bundesregierung auch hier die aktuelle sicherheitspolitische Lage in Europa infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, aber auch weitere internationale europapolitische und bilaterale Themen sein. Eine Pressekonferenz war nicht geplant. © AFP
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