Die Dolmetscher des EU-Parlaments haben zum Streik aufgerufen. Ein bis zwei Stunden am Tag müssen die Abgeordneten jetzt ohne Übersetzung debattieren. Angesichts von 24 Amts- und Arbeitssprachen eine nahezu unlösbare Aufgabe.

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Die Übersetzer des EU-Parlaments kämpfen um bessere Arbeitsbedingungen. Aus einigen Dolmetscherkabinen kommt bis Donnerstag für ein bis zwei Stunden pro Tag keine Simultan-Übersetzung mehr.

Angesichts der 24 offiziellen Amts- und Arbeitssprachen in der EU eine Belastungsprobe für die Arbeitsfähigkeit der Abgeordneten.

Die Parlamentsverwaltung unter Generalsekretär Klaus Welle hatte unlängst längere Arbeitszeiten für die Dolmetscher durchgesetzt. Acht statt bisher sieben Stunden täglich sollen die Übersetzer arbeiten.

Dies empfindet eine Mehrheit der Dolmetscher als einseitige Entscheidung, die ohne Absprache erfolgt sei, wie "Politico" berichtet. Eine Parlamentssprecherin bestritt die Kritik und verwies auf bereits zwölf Gesprächsrunden zu dem Thema.

Dolmetscher-Streik verärgert Jean-Claude Juncker

Ein Mitglied des SFIE (Syndicat des Fonctionnaires internationaux et européens), eine der wichtigsten Gewerkschaften für die Beamten der EU-Institutionen, argumentierte gegenüber "Politico", dass die Arbeit eines Übersetzers besondere Fähigkeiten verlange, die mit viel Stress verbunden seien.

Bei den neuen Arbeitszeiten könne die Qualität der Arbeit nicht garantiert werden. Bei den Vereinten Nationen sei die Arbeitszeit für Dolmetscher beispielsweise auf sechs Stunden täglich festgesetzt.

Mehrere Gewerkschaften erklärten, es seien bereits "erhebliche Zugeständnisse" gemacht worden, etwa indem die Mittagspause auf 45 Minuten reduziert wurde. International seien eineinhalb Stunden die Norm.

Die Parlamentssprecherin führte dagegen an, dass nur an sechs Tagen im Monat die Arbeitszeit erhöht und die Mittagszeit nur bei Sechs-Stunden-Tagen reduziert worden sei.

Außerdem müsse man beachten, dass die Dolmetscher während der "Grünen Wochen" nicht arbeiten müssten. Das sind die Zeiten, in denen Abgeordnete an Delegationsreisen teilnehmen oder Termine vor Ort in ihren Heimatregionen wahrnehmen.

Die Dolmetscher wollen den Streik fortsetzen, solange Parlaments-Generalsekretär Welle nicht bereit ist zu verhandeln.

Erste Auswirkungen des Streiks sind bereits erkennbar. Wie Euronews berichtet, versuchte sich Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei dem Besuch einer bulgarischen Delegation auf Englisch und Französisch verständlich zu machen, ehe er verärgert mit den Worten resignierte: "Das hier ist alles nicht normal."

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