Seit 14 Tagen ist Donald Trump im Amt, noch nie hat ein US-Präsident in so kurzer Zeit für so viel Aufregung gesorgt. Zeit für eine kurze Bilanz und einen vagen Blick in die Zukunft: Was hat Trump bereits auf den Weg gebracht? Und wie stehen die Chancen, dass er weitere Ankündigungen in die Tat umsetzt?
Wer erwartet hatte, dass der neue US-Präsident
Was Trump gesagt und dann gemacht hat
Zukunft der NATO: Ist das Verteidigungsbündnis "obsolete" (deutsch: veraltet), wie er es in einem Interview gesagt hat? Oder wollte er nur den Druck auf die NATO-Partner erhöhen? In jedem Fall hat Donald Trump mit seinen Aussagen in Europa für Verunsicherung gesorgt.
"Ich bezweifle, dass die Amerikaner sich tatsächlich aus der NATO zurückziehen werden", sagt aber Tobias Endler, Wissenschaftler am "Heidelberg Center for American Studies". "Es ist ein traditioneller amerikanischer Anspruch, in der westlichen Welt eine hegemoniale Position einzunehmen."
Inhaltlich seien Trumps Forderungen in den USA auch gar nicht neu: "Es ist eine alte Forderung der Amerikaner, dass sich die anderen NATO-Staaten so einbringen, wie es vertraglich geregelt ist – speziell finanziell, längerfristig wohl auch militärisch."
Mauerbau: Bereits unterzeichnet ist ein Dekret für den Bau einer mehr als 3000 Kilometer langen Mauer zwischen den USA und Mexiko. Auch wenn die Idee für Aufregung sorgt: Neu ist sie nicht. "Die Grenze hat in großen Teilen schon jetzt Zaun- oder sogar Mauercharakter. Da kann man nicht einfach rübermarschieren", erklärt Tobias Endler.
Offen sind noch die Kosten – und wer sie übernimmt. Trump will Mexiko bezahlen lassen, was das Nachbarland natürlich strikt ablehnt. Trotzdem könnten die Pläne die Mexikaner empfindlich treffen: Trump könne sich das Geld über Zölle holen – oder indem er den Nachbarn die Entwicklungshilfe streicht, erklärt Amerikanist und Politikwissenschaftler Endler.
Freihandel: Aus dem pazifischen Freihandelsabkommen TPP hat Trump sein Land bereits per Dekret zurückgezogen. Auch den NAFTA-Vertrag mit Mexiko und Kanada will er neu verhandeln. US-Experte Endler hält es für wahrscheinlich, dass der Präsident das wirklich versucht: "Bei dem Thema muss er liefern. Er hat versprochen, die Job-Situation in den alten Industriestaaten um die Großen Seen zu verbessern."
Die Krise der heimischen Industrie schreiben viele Menschen dort der Konkurrenz aus dem Ausland zu. Trump sei als weltweit agierender Businessmann nicht generell gegen Freihandel, erklärt Tobias Endler. "Aber er will keine langfristigen, großen Abkommen wie TTIP, sondern bilaterale Abkommen. In dieser Konstellation sind die USA immer der stärkere Part."
Gesundheitsreform: Trumps erste Amtshandlung vor zwei Wochen: Der neue Präsident unterzeichnete ein Dekret, dass es staatlichen Stellen erlaubt, die Gesundheitsreform seines Vorgängers nicht anzuwenden, wenn das finanzielle Belastungen mit sich bringen würde.
Der erste Schritt zur vollständigen Rücknahme von Obamacare? Die Versicherungspflicht ist den Republikanern jedenfalls ein Dorn im Auge. Allerdings werden sie das Reformpaket wohl nicht im Ganzen zurücknehmen, sondern nur in Teilen, so die Einschätzung von Tobias Endler.
Rund 23 Millionen Amerikanern hat die Reform eine Krankenversicherung verschafft. Darunter dürften auch viele republikanische Wähler sein.
Einreisestopp: Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Staaten dürfen für einen Zeitraum von 90 Tagen nicht in die USA einreisen, Flüchtlinge für 120 Tage nicht. Und solchen aus Syrien bleibt auf unbestimmte Zeit die Einreise verwehrt. Dieses Dekret hat in den USA einen Sturm der Entrüstung entfacht, bei Millionen Bürgern, vielen Prominenten, auch bei einzelnen Parteifreunden von Trump.
Gerichte prüfen die Rechtmäßigkeit des Dekrets. Und Experten befürchten, dass der Einreisestopp den Hass vieler Muslime auf Amerika nur verstärken wird – und die Sicherheit der USA eher in Gefahr bringen könnte. Trump aber bleibt hart.
Wer Einfluss auf Trump hat
Minister: Seit Mittwoch ist mit Rex Tillerson auch der Außenminister im Amt. Komplett ist die Riege damit noch nicht. Bei den Ministern Jeff Sessions (Justiz), Steven Mnuchin (Finanzen) und Tom Price (Gesundheit) steht die endgültige Zustimmung des Senats noch aus, dürfte aber keine Hürde sein.
Unsicher ist sie bei der umstrittenen designierten Bildungsministerin Betsy DeVos. Wie auch immer: Eine bremsende Wirkung auf Trump dürften seine Minister kaum haben, glaubt Tobias Endler: "Die meisten sind auf seiner Linie: Politik als Geschäft, abgeschlossen zum Vorteil der USA."
Berater: Wenn die zwei ersten Trump-Wochen etwas gezeigt haben, dann das: Der Einfluss seiner engsten Berater im Weißen Haus ist offenbar umso größer. Vor allem der von Rechtsaußen Stephen Bannon. Sein Rezept: viel Ideologie, wenig Bedenken.
"Bannon ist der Ideologe im Weißen Haus. Er kann Trump mit einem klaren Weltbild versorgen", erklärt der Kölner Politologie-Professor und USA-Experte Thomas Jäger im Gespräch mit unserer Redaktion. Bei Trump komme es gut an, wenn jemand zu ihm sagt: "Wir machen das einfach."
Großen Einfluss auf ihre Präsidenten hatten auch die Chefberater von George W. Bush und Barack Obama, erklärt Jäger. Neu sei aber durchaus Bannons Sitz im Nationalen Sicherheitsrat. Das sei sein enormer Zugewinn an Einfluss.
Was Trumps Strategie sein könnte
So umstritten seine Entscheidungen und Ansichten auch sind: Trump beruft sich gerne auf den Willen des Volkes. "Es gibt eine ganze Menge von Amerikanern, die hinter seinen Aussagen stehen. Sie werden ihn daran messen, ob er seine Wahlversprechen umsetzt", sagt Tobias Endler.
Der USA-Experte glaubt bei den chaotischen Anfangswochen durchaus an eine Methode: "Trump schafft Aufreger, die das ganze Land beherrschen – und gleichzeitig werden Dekrete erlassen." Dazu gehörte etwa der Finanzierungsstopp für Abtreibungsberatungen – mitten in der Diskussion um den Einreisestopp.
Trump könnte seine Agenda also weiter abarbeiten, während sich die Öffentlichkeit an wenigen Entscheidungen festbeißt. Das habe System, sagt Tobias Endler. "Es ist kalkulierte – und bisher leider hocheffektive – Ablenkung."
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