US-Präsident Donald Trump versprach im Wahlkampf den Bau einer Mauer an der gesamten Grenze zu Mexiko. Er wiederholte erst am Dienstag den Plan vor Anhängern in Arizona. Nach einem halben Jahr im Amt deutet aber vieles darauf hin, dass es keine geschlossene Grenzbefestigung vom Pazifik bis zum Golf von Mexiko geben wird. Trotzdem geht die illegale Einwanderung deutlich zurück.

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3.200 Kilometer Grenze, unwegsame Berg- und Wüstenabschnitte, Kosten von bis zu 40 Milliarden Dollar (rund 37 Milliarden Euro) - und politischer Widerstand.

Der Bau einer "großen, mächtigen und wunderschönen Mauer" an der Grenze zu Mexiko war einer der Wahlkampfschlager von Donald Trump.

In seinen Reden brachte er seine Zuhörer gerne mit einer oft wiederholten Frage in Stimmung. "Wer wird für die Mauer bezahlen?", fragte der Kandidat vom Podium in die Menge.

Dabei hielt er sich die geöffnete Handfläche ans Ohr. Tausende Kehlen kannten - und riefen - die Antwort: "Mexiko!" So viel zur Inszenierung.

Was ist jetzt mit dem Mauerbau?

Die Realität im Sommer 2017 sieht anders aus. Weder will Mexiko die Kosten für den Mauerbau übernehmen, noch soll nach US-Angaben eine vollständige Befestigung errichtet werden.

Das Prestigeobjekt des US-Präsidenten wird es - zumindest in der von ihm lange versprochenen Form - nicht geben.

Selbst John Kelly, der vor wenigen Wochen ernannte Stabschef im Weißen Haus, musste das im April, damals noch als Heimatschutzminister, einräumen. "Es ist unwahrscheinlich, dass wir eine Mauer von Meer zu Meer bauen werden", sagte er bei einer Anhörung im US-Senat.

"Das am wenigsten wichtige Ding überhaupt"

Wie nun bekannt wurde, hat sich auch Donald Trump schon kurz nach seiner Amtseinführung vom Bau der Barriere distanziert.

In einem Telefongespräch mit dem mexikanischen Präsidenten Enrique Pena Nieto am 27. Januar sagte Trump laut "Guardian", die Mauer sei "von einem ökonomischen Standpunkt das am wenigsten wichtige Ding überhaupt".

Zudem forderte er seinen Amtskollegen auf, nicht mehr zu sagen, dass Mexiko den Grenzzaun nicht bezahlen werde. Auf dem G20-Gipfel in Hamburg im Juli blieb Trump aber dabei, er wolle "absolut", dass Mexiko die Kosten übernehme, weil er dies im Wahlkampf so angekündigt habe.

Donald Trump relativiert Mauer-Idee

Im "Guardian" wurde Trump jedoch folgendermaßen zitiert: "Es gibt viele natürliche Barrieren. Es gibt Berge, es gibt Flüsse, die gefährlich und bösartig sind. Es gibt Gegenden, die so entlegen sind, dass Leute sie nicht wirklich durchqueren können." Deswegen brauche man keine Mauer auf der gesamten Länge.

Im Juli erklärte Trump dann Reportern, die ihn auf der Air Force One in Richtung Paris begleiteten, der Plan sei, die Grenze auf einer Länge von 700 bis 900 Meilen (rund 1.100 bis bis 1.450 Kilometer) zu sichern. 1.046 Kilometer der amerikanisch-mexikanischen Grenze sind aber bereits mit hauptsächlich durchsichtigen Befestigungen versehen.

Damit hat der US-Präsident eines seiner zentralen Wahlkampfversprechen relativiert. Bliebe es bei seiner Minimalforderung von 1.100 Kilometern, kämen gerade einmal rund 50 Kilometer an Barrieren dazu.

Neue Mauerabschnitte in Kalifornien und Texas

Die derzeitigen Pläne sehen laut Ex-Heimatschutzminister Kelly Zäune und Betonbarrieren vor, an Stellen, "die Sinn ergeben".

Wie die "New York Times" berichtete, soll der erste neue Teil der Mauer auf einem kleinen Abschnitt in der US-Millionenstadt San Diego in Kalifornien entstehen.

Auch im Rio Grande Valley im Süden des US-Bundesstaates Texas ist der Bau geplant. Zu den Gesamtkosten machte Kelly keine Angaben.

Erstmal muss der US-Steuerzahler ran

Laut Paul Ryan, dem republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, werde der Kongress in diesem Jahr jedoch keine Gelder für die Mauer bewilligen - wegen des Widerstandes der Demokraten und einiger Republikaner.

Trump hatte eigentlich um 1,6 Milliarden US-Dollar (rund 1,35 Millionen Euro) für die Startfinanzierung sowie neue Personalstellen für Grenzschutz- und Abschiebungsbeamte gebeten.

Diese Summe wird nun stattdessen durch Umschichtungen im Budget des Heimatschutzministeriums bereitgestellt.

Zunächst werden also die amerikanischen Steuerzahler für den Bau der Mauer zur Kasse gebeten - und nicht Mexiko.

Illegale Einwanderung geht zurück

Auch ohne Mauer kann die USA beim Thema illegale Einwanderung einen Erfolg verbuchen.

Dafür verantwortlich ist aber vor allem die härtere Gangart der US-Behörden, also verschärfte und großflächige Kontrollen und Razzien gegen illegale Einwanderer.

Das US-Heimatschutzministerium teilte gerade mit, dass im ersten Halbjahr 2017 126.472 Menschen angehalten worden sind und damit 46 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2016. Gleichzeitig wurden mehr irreguläre Migranten festgenommen. Auch die Rückführungen stiegen um 32 Prozent.

Laut "Washington Post" habe die gesamte illegale Einwanderung über Mexiko von Januar bis April um mehr als 60 Prozent abgenommen, dem US-Sender "Fox News" zufolge sei die Zahl in der ersten Jahreshälfte 2017 sogar um rund 70 Prozent gesunken.

Vielleicht muss Trump sein Prestigeobjekt überhaupt nicht vollständig bauen lassen, um eines seiner wichtigsten Wahlversprechen zu erfüllen: die Reduzierung der illegalen Einwanderung.

Es wäre für ihn ein seltener Erfolg in einer sonst vor allem von Personalquerelen und Abstimmungsniederlagen geprägten Präsidentschaft.

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