• In wenigen Tagen scheidet US-Präsident Donald Trump ohnehin aus dem Amt.
  • Trotzdem bringen die Demokraten jetzt noch ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn auf den Weg.
  • Sollte das Impeachment gelingen, könnte das schwere Folgen für Trump nach sich ziehen.

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Nach der Erstürmung des US-Kapitols muss sich der abgewählte US-Präsident Donald Trump bereits seinem zweiten Amtsenthebungsverfahren stellen: Am Mittwoch (Ortszeit) stimmten neben allen 222 Demokraten auch zehn von Trumps Republikanern im Repräsentantenhaus für die Eröffnung eines Verfahrens.

Das gab es noch nie in der US-Geschichte. Trump hatte sich bereits vor rund einem Jahr einem Amtsenthebungsverfahren stellen müssen, als erst dritter US-Präsident nach Andrew Johnson und Bill Clinton. Er ist nun der erste Präsident, gegen den zwei Verfahren eröffnet wurden.

Obwohl Trump in wenigen Tagen ohnehin aus dem Amt scheidet, steckt hinter dem Vorhaben der Demokraten weit mehr als bloße Symbolpolitik. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Warum soll Donald Trump seines Amtes enthoben werden?

Aufgebrachte Trump-Unterstützer waren am 6. Januar nach einer aufstachelnden Rede des Präsidenten in das Kapitol eingedrungen. Dort war zu dem Zeitpunkt der Kongress zusammengekommen, um den Wahlsieg Joe Bidens formell zu bestätigen. Fünf Menschen kamen bei den Krawallen ums Leben, darunter ein Polizist.

In der Resolution zur Eröffnung des Impeachment-Verfahrens wird Trump für den Angriff persönlich mitverantwortlich gemacht. Die Demokraten argumentieren, Trump sei im Präsidentenamt eine Gefahr und müsse sofort abgesetzt werden.

Könnte das noch vor der Amtsübergabe gelingen?

Trumps Amtszeit endet regulär am 20. Januar 2021 um 12:00 Uhr mittags (Ortszeit), dann wird sein Nachfolger Biden vereidigt. Es gilt angesichts der Kürze der Zeit als nahezu ausgeschlossen, dass Trump bis dahin aufgrund eines Impeachments abgesetzt wird. Zumal der Senat sich bis zum 19. Januar in einer Sitzungspause befindet.

Die "Washington Post" verbreitete zuletzt zudem ein Memorandum des republikanischen Mehrheitsführers Mitch McConnell. Aus diesem geht hervor, dass nach den geltenden Regeln das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump frühestens um 13:00 Uhr am 20. Januar starten könnte.

Zu diesem Zeitpunkt wäre Biden bereits eine Stunde vereidigt. McConnell teilte weiter mit, dem Land sei daher am meisten gedient, sich auf eine geordnete Amtsübergabe zu konzentrieren.

Ist ein Impeachment nach dem Ende von Trumps Amtszeit noch möglich?

Verfassungsrechtler streiten darüber, ob Trump auch nach der Vereidigung Bidens nachträglich seines Amtes als Präsident enthoben werden kann. Es gibt aber einen Präzedenzfall: 1876 führte der Senat ein Amtsenthebungsverfahren gegen Kriegsminister William W. Belknap, obwohl dieser kurz vor Anklageerhebung zurückgetreten war.

Was würde eine nachträgliche Amtsenthebung bedeuten?

Sollten die Demokraten mit der Amtsenthebung Erfolg haben, wäre das nicht nur eine symbolische Strafe. Zum einen, weil ehemaligen US-Präsidenten nach ihrer Amtszeit verschiedene Boni zustehen. Diese werden im "Former Presidents Act" von 1958 geregelt und beinhalten folgende Punkte:

  • Eine lebenslange Pension. Diese beläuft sich aktuell auf 219.200 US-Dollar pro Jahr.
  • Eine lebenslange Krankenversicherung und das Recht, in Militärkrankenhäusern behandelt zu werden.
  • Die Übernahme von Reisekosten von bis zu einer Million Dollar pro Jahr.
  • Kostenloser Personenschutz durch den Secret Service.
  • Ein Büro und Personal für etwa 96.000 US-Dollar pro Jahr.

Auf alle diese Leistungen müsste Trump dann gegebenenfalls verzichten. Für die Demokraten viel wichtiger ist aber, dass ein erfolgreiches Impeachment-Verfahren theoretisch dazu führen könnte, dass Trump 2024 nicht erneut bei den Präsidentschaftswahlen antreten dürfte.

Die US-Verfassung sieht als Strafe neben der Amtsenthebung nämlich auch eine "Aberkennung der Befähigung" vor, ein öffentliches Amt auszuüben. Allerdings müsste Trump dafür im Anschluss an das Impeachment-Verfahren in einer separaten Abstimmung des Senats mit einer einfachen Mehrheit verurteilt werden.

Allerdings birgt das Vorhaben der Demokraten auch für sie selbst eine Gefahr. Denn für Biden könnte ein Impeachment gegen Trump zum Problem werden. Nicht nur will der künftige Präsident das Kapitel Trump rasch schließen und das gespaltene Land versöhnen.

Der Demokrat ist darüber hinaus auf den Senat angewiesen, um seine Minister im Amt zu bestätigen und wichtige Gesetze zu verabschieden, etwa neue Corona-Hilfen. Ein Impeachment-Prozess würde die Kongresskammer aber auf unbestimmte Zeit binden und könnte Biden damit in seiner politischen Handlungsfreiheit massiv einschränken.

Wie Erfolg versprechend ist ein Impeachment gegen Trump?

Die Demokraten haben bereits eine Resolution für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingereicht. Damit es aber überhaupt zu einer Anklageerhebung kommt, ist eine einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus notwendig. Diese gilt als sicher: Denn die Demokraten stellen im Repräsentantenhaus die Mehrheit.

Der eigentliche Prozess fände dann aber im Senat statt. Bereits im Februar 2020 hatte dieser Trump im Amtsenthebungsverfahren wegen der Ukraine-Affäre freigesprochen. Damals hatte nur der republikanische Senator Mitt Romney mit den Demokraten gestimmt.

Für eine Amtsenthebung wäre im Senat eine Zweidrittelmehrheit von 67 Senatoren notwendig, eine sehr hohe Hürde. Mindestens 17 republikanische Senatoren müssten sich den Demokraten anschließen, was derzeit sehr unwahrscheinlich ist. Unmöglich ist es aber nicht.

Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, sagte, es könne womöglich ein politisches "Erdbeben" im Senat geben, das zur Mehrheit für ein Impeachment führen könnte. Schiff bezog sich auf einen Bericht der "New York Times", wonach McConnell intern erkennen ließ, dass er ein Impeachment-Verfahren gegen Trump für gerechtfertigt halte.

Unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen aus McConnells Umfeld schrieb die Zeitung, dieser sei froh, dass das Verfahren angestoßen sei. Das könne es seiner Partei erleichtern, sich von Trump zu lösen. (thp/msc)

Verwendete Quellen:

  • Material der AFP
  • Tagesspiegel: Worauf Trump im Fall einer Amtsenthebung alles verzichten müsste
  • Washington Post: McConnell memo outlines how Senate would conduct second trial for Trump if House impeaches
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