Sechs Jahre und zehn Monate hat Ecuador Julian Assange in seiner Botschaft in London Schutz gewährt und ihn so vor Strafverfolgung bewahrt. Bis zum gestrigen Donnerstag. Was Fäkalien damit zu tun haben und ob Assange nun wirklich die Todesstrafe droht - die wichtigsten Fragen und Antworten.
Am gestrigen Donnerstag ist Realität geworden, wovor sich
Warum gewährt Ecuador Julian Assange nicht länger Schutz?
Offiziell hat die Regierung von Ecuador das diplomatische Asyl von Assange mit der Begründung aufgehoben, er habe gegen die Auflagen verstoßen. Präsident Lenín Moreno warf Assange unhöfliches und aggressives Verhalten sowie die Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten vor.
Der Hintergrund sind Dokumente, die Moreno und seine Familie mit Korruption und Geldwäsche in Verbindung bringen. Moreno glaubt, die Informationen seien von Wikileaks durchgestochen worden.
Beobachter überrascht der Schritt nicht. Denn dass Ecuadors Diplomaten in London mit ihrem Gast ganz schön zu kämpfen hatten, ist schon länger bekannt. Aus Unterlagen des ecuadorianischen Geheimdienstes, die die "Süddeutsche Zeitung" einsehen konnte, geht dem Blatt zufolge hervor, dass Assange immer wieder Streit mit dem Personal hatte - Handgreiflichkeiten inklusive.
Auch habe sich Assange Abhörgeräte an den Körper geklebt, um Gäste und Personal auszuspionieren. 2013 soll er in seinem Zimmer randaliert und ein Bücherregal umgestoßen haben.
Von Ausfällen Assanges berichtet auch Ecuadors Innenministerin María Paula Romo. Ihr Land habe sogar toleriert, "dass Herr Assange Fäkalien an die Wände der Botschaft schmierte", zitiert sie die "Bild"-Zeitung. "Das ist weit vom minimalen Respekt entfernt, den ein Gast gegenüber einem Land haben müsste, das ihn in so großzügig aufgenommen hat."
Wie geht es jetzt mit Assange weiter?
Vorerst bleibt Assange in Großbritannien in Gewahrsam. Ein Richter am Westminster Magistrates' Court hat ihn für schuldig befunden, gegen seine Kautionsauflagen verstoßen zu haben. Dafür droht ihm eine Haftstrafe von bis zu zwölf Monaten. Ein Strafgerichtshof muss nun das Strafmaß festlegen. Wann das geschieht, ist offen.
Unabhängig davon wird es am 2. Mai vor dem Westminster Magistrates' Court eine Anhörung zum Auslieferungsgesuch der USA geben. Die britische Regierung betonte, Assange werde nicht ausgeliefert, wenn ihm die Todesstrafe drohe.
Droht Assange in den USA die Todesstrafe?
Assange hatte wiederholt die Angst geäußert, in den USA wegen Spionage angeklagt zu werden - ein Tatbestand, der potenziell mit der Todesstrafe geahndet werden kann. Bislang aber gibt es keine Anklage wegen Spionage.
Stattdessen werfen die USA Assange in einer gestern veröffentlichten Anklage vor, der zwischenzeitlich verurteilten früheren US-Soldatin Chelsea Manning dabei geholfen zu haben, ein Passwort eines Computernetzwerks der Regierung zu knacken. Im Falle einer Verurteilung nach diesen Vorwürfen droht Assange eine maximale Haftstrafe von fünf Jahren.
Dass das US-Justizministerium auf eine Spionage-Anklage verzichtet hat, hängt wohl auch mit der diffizilen Rechtslage zusammen. Dabei geht es um die Streitfrage, ob es sich bei Wikileaks - wie von der Organisation selbst angeführt - um ein journalistisches Medium handelt und die von der Plattform veröffentlichten Geheiminformationen damit wie bei herkömmlichen Medien durch die Pressefreiheit geschützt sind.
Die Regierung von Ex-Präsident Barack Obama hatte wegen der möglichen Implikationen für die Pressefreiheit auf eine Anklageerhebung gegen Assange verzichtet. Die jetzige Anklage wirkt wie ein Behelfskonstrukt, um Assange unter Umgehung der kniffligen Fragen der Pressefreiheit belangen zu können.
Was hat Donald Trump mit all dem zu tun?
Assange war auch dafür in die Schlagzeilen geraten, dass Wikileaks im Präsidentschaftswahlkampf 2016 gestohlene E-Mails der Demokratischen Partei veröffentlichte. US-Geheimdienste gehen nach eigenen Angaben davon aus, dass die E-Mails von russischen Hackern heruntergeladen und Wikileaks zugespielt wurden, um der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zu schaden und
Es gibt Hinweise, dass Trumps Wahlkampfhelfer Roger Stone und Paul Manafort oder gar er selbst von den Plänen der Enthüllungsplattform gewusst haben. Diese Hinweise waren der Auslöser für die sogenannten Russland-Ermittlungen.
Trump selbst hatte Wikileaks im Präsidentschaftswahlkampf gelobt und erklärt, er liebe die Organisation. Vor diesem Hintergrund verblüffte eine Aussage des US-Präsidenten vom Donnerstag. "Ich weiß nichts über Wikileaks. Das ist nicht meine Angelegenheit", sagte er vor Journalisten. Auf Nachfragen erklärte Trump, er habe zu Assanges Festnahme keine Meinung. (mcf/dpa/AFP)
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