Der Haushaltsstreit zwischen Brüssel und Rom eskaliert. Die EU-Kommission weist die italienischen Pläne für mehr Neuverschuldung zurück. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

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Die EU-Kommission hat in einem historisch einmaligen Vorgang die Haushaltspläne Italiens für das kommende Jahr zurückgewiesen.

Die Regierung in Rom muss demnach innerhalb von drei Wochen einen neuen Entwurf einreichen, wie EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis am Dienstag mitteilte. Die Budgetpläne Italiens seien nicht mit europäischen Stabilitätsregeln vereinbar.

Neuverschuldung soll massiv steigen

Die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega hatte am 15. Oktober einen Haushaltsentwurf nach Brüssel geschickt, der eine Ausweitung der Neuverschuldung auf 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung vorsieht - dreimal so viel wie von der Vorgängerregierung zugesagt.

Lega und Fünf Sterne wollen mit dem Geld Wahlversprechen finanzieren, etwa höhere Pensionen. Trotz heftiger Kritik aus Brüssel und Nervosität an den Finanzmärkten hält die Regierung an den Plänen fest. Vize-Premier Matteo Salvini kündigte an, trotz Gegenwind von EU-Seite an dem Entwurf festzuhalten.

"Es ändert sich nichts, die Herren der Spekulation mögen abtreten, es gibt keinen Weg zurück", sagte er bei einem Besuch in Bukarest laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Die EU-Kommission würde nicht eine Regierung, "sondern ein Volk attackieren". Man werde den Italienern "keinen einzigen Cent" aus den Taschen nehmen.

In Europa ist eine maximale Neuverschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Jahr erlaubt. Damit soll die Stabilität der Gemeinschaftswährung gewährleistet werden.

Italien weist aber einen enormen Schuldenberg von 2,3 Billionen Euro und mit mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung nach Griechenland die höchste Schuldenquote in Europa auf. Das ist das Verhältnis der Gesamtverschuldung zum BIP. Das Land ist daher verpflichtet, mittelfristig seine Schulden zu reduzieren.

Warnung an Italien

"Die italienische Regierung stellt sich offen und bewusst gegen die Zusagen, die sie sich selbst und den anderen EU-Staaten gegeben hat", sagte EU-Vizekommissionspräsident Dombrovskis. "Wenn das Vertrauen erodiert, nehmen alle EU-Staaten Schaden, unsere Union nimmt Schaden."

Nach Eintreffen der korrigierten Haushaltspläne aus Rom habe die EU-Kommission noch einmal drei Wochen Zeit, um ihre endgültige Meinung zu bilden.

"Es ist verlockend, zu versuchen, Schulden mit noch mehr Schulden zu heilen", meinte Dombrovskis weiter. Aber ab einem gewissen Punkt wögen die Schulden zu schwer.

Italiens Schulden seien schon jetzt teuer, die Kosten trügen die Steuerzahler. "Im vergangenen Jahr hat Italien für den Schuldendienst ähnlich viel wie für Bildung aufgegeben."

Kaum Sanktionsmöglichkeiten

Direkte Sanktionsmöglichkeiten hat die EU zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Die EU-Kommission könnte in einem weiteren Schritt ein offizielles Defizitverfahren gegen Italien einleiten.

An dessen Ende könnten die EU-Finanzminister theoretisch bei anhaltenden Verstößen gegen die Stabilitätsregeln finanzielle Sanktionen beschließen. Dies scheint jedoch unwahrscheinlich.

2016 ließen die EU-Staaten etwa - allerdings unter etwas anderen Umständen - trotz erheblicher Verstöße Nachsicht mit Spanien und Portugal walten. (cai/dpa)

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