Angesichts neuer Brexit-Gebühren für manche Lebensmittelimporte aus der EU warnen Experten und britische Händler vor steigenden Kosten für Verbraucher und sinkender Vielfalt. Vom 30. April an müssen Lebensmittelimporteure auf Produkte wie Wurst, Käse und Joghurt, aber auch Schnittblumen bis zu 145 Pfund (169 Euro) pro Ladung bezahlen. Mit der "common user charge" (CUC) würden die schlimmsten Sorgen kleiner und mittlerer Unternehmen wahr, sagte Marco Forgione vom Institute of Export and International Trade in London laut einem Bericht des Branchenblatts "The Grocer" vom Donnerstag.
"Während größere Unternehmen in der Lage sind, diese Kosten zu tragen, werden es kleine Unternehmen sein, die die volle Wucht dieser Gebühren zu spüren bekommen", sagte Forgione. "Bis zu 145 Pfund zusätzlich pro Sendung könnten den gesamten Gewinn zunichtemachen." Auch einige EU-Unternehmen würden nun vermutlich ihre Exporte reduzieren oder sogar einstellen.
Abhängigkeit von EU-Produkten
Großbritannien importiert rund die Hälfte seiner Lebensmittel, die wichtigsten Herkunftsländer sind die EU-Mitglieder Niederlande, Irland, Deutschland und Frankreich. Im zweiten Halbjahr 2021 war es in britischen Supermärkten zu Engpässen bei Obst und Gemüse gekommen. Das lag damals daran, dass auch wegen strengerer Einwanderungsregeln nach dem Brexit Zehntausende Lastwagenfahrer fehlten.
Der Handelsverband Fresh Produce Consortium warnte, die neuen Gebühren würden die Unternehmen in der Frischwaren- und Blumenindustrie zerstören, die den Großteil ihrer Waren aus der EU importieren. Allein die Kosten entlang der Lieferkette würden um 200 Millionen Pfund steigen. Verbandschef Nigel Jenney kritisierte die CUC als "kaum verhüllte Steuer für die Branche". Der Kühlwarenverband Cold Chain Federation erwartet höhere Preise und weniger Auswahl.
Für einzelne Produkte tierischen Ursprungs und pflanzlicher Herkunft mit sogenanntem mittlerem Risiko fallen Gebühren von bis zu 29 Pfund pro Warenart an. Bei gemischten Sendungen beträgt die Obergrenze 145 Pfund, wie die britische Regierung am Mittwoch angekündigt hatte. Sie will mit den Gebühren, die bei Importen über den Eurotunnel oder den Hafen von Dover fällig werden, nötige Investitionen in Zoll und Grenzschutz finanzieren. © dpa
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