Vor dem am Mittwoch geplanten Kabinettsbeschluss zum Bundeshaushalt gibt es zwischen FDP und Grünen Streit um die darin vorgesehenen Kürzungen beim Elterngeld. Die FDP lehnte das Vorhaben von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) ab, wonach wohlhabendere Eltern den Anspruch auf das Elterngeld verlieren sollen. Die Grünen machten ihrerseits dafür Sparvorgaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verantwortlich.

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Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium, Ekin Deligöz (Grüne) veröffentlichte auf Twitter ein Schreiben von Lindners Haushalts-Staatssekretär Werner Gatzer, in dem das Familienressort ausdrücklich aufgefordert wurde, beim Elterngeld einen Einsparbetrag von 500 Millionen Euro umzusetzen. Dies sei "durch eine ausgabenreduzierende Reform des Elterngeldes zu erzielen", schrieb darin Gatzer. Das Familienministerium versuche lediglich, dies "sozialverträglich" umzusetzen, betonte Deligöz.

Paus will dies erreichen, indem Elterngeld künftig nicht mehr für Haushalte mit höherem Einkommen gezahlt werden soll. "Ja, die Grenze der Einkommen für diejenigen, die Elterngeld beziehen können, wird abgesenkt auf 150.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen", sagte die Ministerin den Sendern RTL und ntv. Daher würden künftig etwa 60.000 Familien den Anspruch auf Elterngeld verlieren. Bislang liegt die Einkommensgrenze bei 300.000 Euro.

"Für die Gleichstellung, in der Tat, ist das kein Glanzstück“, räumte die Grünen-Politikerin ein. Es sei ihr aber um ein "einigermaßen sozialpolitisch ausgewogenes" Vorgehen gegangen. "Mir war wichtig, dass für diejenigen, die es auch brauchen, tatsächlich das Elterngeld nicht gekürzt wird", betonte Paus. Die Alternative wäre nach Angaben aus ihrem Ministerium eine generelle Kürzung der Elterngeld-Sätze gewesen, was auch einkommensschwächere Familien getroffen hätte.

Dem Familienministerium seien durch Vorgaben Lindners "strukturelle Einschnitte beim Elterngeld vorgegeben" worden, schrieb auch Fraktionschefin Britta Haßelmann auf Twitter. "Wenn die niemand will, kann man die ganz schnell zurücknehmen, lieber Christian Lindner", stellte sie weiter klar. Ko-Fraktionschefin Katharina Dröge kündigte über die Sparvorgaben weitere Diskussionen in den Parlamentsberatungen über den Haushalt an.

Gegen die von Paus geplante Umsetzung von Lindners Sparvorgaben wandte sich FDP-Fraktionschef Christian Dürr. "Das lehnen die Freien Demokraten in dieser Form ab", sagte er in Berlin. "Ich halte es für falsch, gerade vor dem Hintergrund des Ziels der Gleichstellung von Mann und Frau in der Familie", fügte Dürr hinzu. Der FDP-Fraktionschef wandte sich dabei auch generell gegen Kürzungen beim Elterngeld, ohne auf die diesbezüglichen Vorgaben des Finanzressorts einzugehen.

Er sei "sehr überrascht, dass die Familienministerin ausgerechnet solche Vorschläge vorgebracht hat, um ihren Beitrag für den Bundeshaushalt zu leisten", sagte Dürr. Das Elterngeld sei "sehr erfolgreich" darin, beiden Eltern den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu ermöglichen, gab er zu bedenken. Stattdessen solle das Familienministerium besser "bei den Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit" sparen oder bei Programmen zur Demokratieförderung, wo Dinge finanziert würden, "die nicht effizient sind".

Scharfer Protest gegen die Kürzungspläne kam auch aus der Union. "Das ist ein familienpolitischer Offenbarungseid", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in Berlin. Er forderte die Ampel-Koalition auf, dies zu korrigieren. Von einem "schweren Schlag für künftige Eltern und Familien" sprach NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) im "Spiegel".

"Jetzt das Elterngeld zusammenzustreichen, ist nichts anderes als gleichstellungspolitischer Irrsinn", sagte auch die DGB-Vizevorsitzende Elke Hannack der Nachrichtenagentur AFP. "Junge Frauen, die - viel zu oft unter großen Mühen - eine teure Ausbildung absolviert haben, werden sich gegen Kinder und für ihren Beruf entscheiden", warnte Hannack. Das Elterngeld dürfe nicht "von einer Lohnersatz- zu einer Sozialleistung" werden. Vielmehr solle das Elterngeld angehoben werden.


  © AFP

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