Gerade erst hat das UN-Umweltprogramm eindringlich gewarnt, die Menschheit werde auf eine Katastrophe zusteuern, würden Anstrengungen zur Eindämmung des Klimawandels nicht dramatisch intensiviert. In dem Bericht monierten Wissenschaftler politische Trägheit, Ignoranz und Unwille. Die Grünen scheinen an diesem Vorwurf nun anzusetzen und formulieren radikale Forderungen.
Ab 2030 nur noch abgasfreie Neuwagen, CO2-Bepreisung, dreckige Kraftwerke abschalten - das sind einige der Vorschläge der Grünen. Es geht der Ökopartei um eine "Menschheitsaufgabe".
Damit knüpft die Partei an einem dramatischen Bericht des UN-Umweltprogramms (Unep) an, in dem Wissenschaftler der Weltgemeinschaft ein vernichtendes Zeugnis beim Klimaschutz ausgestellt hatten.
Die Grünen fordern für den Klimaschutz radikale Maßnahmen. Die sich verschärfende Klimakrise erfordere einen "tiefgreifenden Wandel" in Wirtschaft und Gesellschaft, heißt es in einem Antrag der Grünen-Bundestagsfraktion. Dieser ist auch Thema am Donnerstag im Bundestag.
Konkret fordern die Grünen in dem Antrag, welcher der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, bis zum Jahr 2020 die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke unverzüglich vom Netz zu nehmen.
Bis 2030 soll Deutschland aus der Kohleverstromung aussteigen. Über den Kohleausstieg berät derzeit eine von der Regierung eingesetzte Kommission. Der Zeitpunkt des Ausstiegs ist aber heftig umstritten.
Zukunftsinvestitionen statt falsche Subventionen
Die Grünen sprechen sich außerdem dafür aus, ab 2030 ausschließlich abgasfreie Autos neu zuzulassen und dafür insbesondere die Förderung der Elektromobilität zu intensivieren.
Alle Subventionen für klimaschädliche Kraftstoffe im Verkehrssektor, insbesondere die niedrigeren Energiesteuern bei Diesel und die Steuerbefreiung bei Kerosin, sollten schrittweise abgeschafft werden.
Die Fraktion fordert daneben eine Bepreisung des Treibhausgases CO2. Dies lehnt bisher vor allem die Union ab. Eine CO2-Bepreisung würde zum Beispiel das Fahren schwerer Geländewagen (SUV) teurer machen.
Außerdem solle erheblich mehr in die Schiene investiert werden, um den Umstieg von der Straße zu fördern. Dazu sollten etwa neue schnelle Sprinter-Verbindungen entstehen, auch im grenzüberschreitenden europäischen Bahnverkehr.
"Radikale Maßnahmen" in allen Bereichen
Der öffentliche Personennahverkehr soll massiv ausgebaut werden, ebenso wie der Radverkehr. Der Straßenneubau soll auf Projekte beschränkt werden, die keine negative Klima- und Verlagerungswirkung erzeugen, die energetische Gebäudesanierung deutlich beschleunigt werden.
Zur Begründung heißt es, trotz Aktionsplänen und Programmen seien die Treibhausgasemissionen in Deutschland in den vergangenen Jahren wieder angestiegen.
"Deswegen braucht es nun umgehend ein Klimaschutzgesetz, welches alle Sektoren und Bereiche mit verbindlichen Zielen und Verantwortlichkeiten berücksichtigt." Dazu brauche es "radikale Maßnahmen" in allen Sektoren.
Nur klar festgelegte Ziele und Zwischenziele könnten den deutschen Beitrag erwirken, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen.
Das nationale Klimaziel 2020 wird Deutschland voraussichtlich verpassen. Die Konzentration richtet sich nun vor allem darauf, die Ziele bis 2030 zu erreichen. In der nächsten Woche beginnt die Weltklimakonferenz in Kattowitz.
Schluss mit politischem "Durchmogeln"
Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, 2019 rechtlich verbindliche Klimaziele zum Beispiel im Verkehrssektor zu verabschieden.
Derzeit tagt neben der Kohlekommission auch eine Kommission, die sich mit Klimazielen beim Verkehr beschäftigt.
Die Grünen-Klimapolitikerin Lisa Badum sagte der dpa, die Grünen wollten mit konkreten Vorschlägen für ein Klimaschutzgesetz das "Durchmogeln" der großen Koalition beenden: "Alle Ressortbereiche, Verkehr, Wirtschaft, Energie und Landwirtschaft und Bauen sind dann selbst für Klimaschutz in ihrem Bereich zuständig. Wir wollen sie finanziell in die Pflicht nehmen: Wer die Ziele verfehlt, zahlt." (dpa/mwo)
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