• Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet hat am Donnerstag unter anderem die von der Hochwasser-Katastrophe in seinem Bundesland besonders betroffenen Städte Altena und Hagen besucht.
  • Noch vor Ort forderte der Unions-Kanzlerkandidat, dass der Klimaschutz jetzt forciert werden müsse.
  • Am Abend erklärte Laschet dann aber, wegen der Ereignisse die Politik nicht ändern zu wollen.
Eine Analyse

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Braune Brühe wabert im Hintergrund, am Rand steht ein Auto im Wasser und in der Mitte des Bildes Armin Laschet.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der Union steht wortwörtlich im Zentrum der Hochwasser-Katastrophe im Westen Deutschlands. "Flut-Interview", titelt "Bild", zu der Laschet am Donnerstagmittag exklusiv und live auf Altena zugeschaltet wird.

Der CDU-Chef berichtet von den Wassermassen, von der Zerstörung, vom Leid der Menschen, "die quasi über Nacht alles verloren haben", wie er sagt. "Wir tun jetzt alles, um diesen Menschen zu helfen, Krisenstäbe werden koordiniert" und die Landesregierung überlege, wie den betroffenen Regionen dauerhaft geholfen werden könne. Laschet signalisiert: Die Probleme sind erkannt, die Politik löst sie kurzfristig.

Langfristig sind ebenso Lösungen gefragt. Die Unwetter in Laschets Heimatbundesland Nordrhein-Westfalen und im benachbarten Rheinland-Pfalz sind eine Folge des menschengemachten Klimawandels. Zum einen verdunstet bei höheren Temperaturen mehr Wasser, die wärmere Atmosphäre kann mehr Feuchtigkeit speichern, was hohe Niederschlagsmengen begünstigt. Zum anderen verharren Wetterlagen länger über einer Region. Die verheerenden Konsequenzen sind dieser Tage in Deutschland zu sehen.

Laschet fordert mehr Tempo im Klimaschutz

Auch Laschet ist dieser Zusammenhang bewusst: Die zunehmenden Starkregen- und Hitzereignisse seien "verbunden mit dem Klimawandel", sagte er am Donnerstagmittag bei einem Ortsbesuch in der besonders vom Hochwasser betroffenen Stadt Hagen. "Das bedeutet, dass wir bei den Maßnahmen zum Klimaschutz mehr Tempo brauchen - europäisch, bundesweit, weltweit."

Es ist seine erste bemerkenswerte Wende an dem Tag. In den vergangenen Monaten hat es der Kanzlerkandidat wie auch die CDU weitestgehend vermieden, den Klimawandel und dessen direkte Auswirkungen auf Deutschland zu thematisieren. Es ist Bundestagswahlkampf, das Thema gilt als weitestgehend von den Grünen besetzt.

Und nun ausgerechnet Laschet. Der Mann, der sich noch vor zwei Jahren wunderte, warum "aus irgendeinem Grund das Klimathema plötzlich ein weltweites Thema geworden ist", betonte nun: Mit solchen Extremwetter-Ereignissen sei auch in Zukunft immer wieder zu rechnen, es sei nun mehr Dynamik beim Klimaschutz und der nötigen Anpassung an den Wandel erforderlich.

NRW ein Klima-Vorreiter?

NRW sei auf dem Weg mit dem kürzlich im Düsseldorfer Landtag verabschiedeten bundesweit ersten Klimaanpassungsgesetz vorangegangen, bemerkte Laschet. Er sieht sich als Vorreiter. "Kein Land spart so viel CO2 ein wie wir." Was die absoluten Werte angeht, stimmt das. Relativ gesehen, in Bezug zu seiner Größe, ist Deutschlands bevölkerungsreichstes Bundesland allerdings nicht Spitze. Bei den energiebedingten CO2-Emissionen je Einwohner liegt NRW nach wie vor deutlich über dem Bundesschnitt.

Umweltschutzverbände kritisierten zudem das angesprochene Klimaanpassungsgesetz sowie die Novellierung des nordrhein-westfälischen Klimaschutzgesetzes als "zu unambitioniert, zu unverbindlich" (BUND) und als eine "im Grundsatz gute Initiative, aber bei weitem nicht ausreichend" (Deutsche Umwelthilfe). Das Bundesland bleibe demnach insgesamt "hinter den Anforderungen des 1,5-Grad-Limits aus dem Pariser Klimavertrag zurück".

Mehr Tempo, aber keine Veränderungen

Hat sich Laschets Bewusstsein für den Klimawandel durch das jüngste Hochwasser verändert? "Natürlich nicht", wie er am Abend im Interview mit dem WDR deutlich macht.

Bemerkenswert ist hingegen die nachfolgende zweite Wende an diesem Donnerstag, quasi die Rolle rückwärts nur wenige Stunden nach seinem Vorstoß am Mittag. Zuerst wiederholte Laschet im WDR seine Forderung: "Wir merken doch alle, was sich in der Welt verändert. Jetzt im Moment merken wir das in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz in ganz besonderer Weise. Deshalb ist es richtig, jetzt mehr Tempo zu machen beim Klimaschutz."

Was sich dabei konkret ändern sollte, erklärte Laschet auch auf Nachfrage nicht. Und er betonte: "Weil jetzt ein solcher Tag ist, ändert man nicht die Politik." Die CO2-Reduzierung müsse ein langfristiges Ziel sein.

Laschet drängt also auf mehr Tempo - ohne aber Veränderungen einleiten zu wollen. Es bleibt sein Geheimnis, wie das gehen soll.

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